Versorgungsausgleich oder: Was wird aus meiner Rente? – Teil II

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II. Der materiell-rechtliche Versorgungsausgleich

a) Die interne Teilung

Die reale Teilung nennt das Gesetz interne Teilung. Die interne Teilung ist der Regelfall, § 9 Abs. 2 VersAusglG. Die interne Teilung kommt aber nur für unverfallbare und nicht abschmelzende Anrechte in Betracht (vgl. § 19 VersAusglG). Für Pensionen von Bundesbeamten und Soldaten ist die Realteilung im Bundesversorgungsausgleichsgesetz vorgesehen. Für andere Beschäftigte im öffentlichen Dienst, beispielsweise in Bayern fehlt bisher eine vergleichbare Regelung, so dass die interne Teilung ausscheidet und externe Teilung (in der gesetzlichen Rentenversicherung) stattfindet. Insoweit ist das jeweilige Landesrecht entscheidend.

Soweit der ausgleichsberechtigte Ehepartner Ansprüche erworben hat, überträgt das Familiengericht zulasten des anderen Ehepartners das Anrecht bei demselben Versorgungsträger, bei dem das Anrecht besteht. Hat der ausgleichsberechtigte Ehegatte bei diesem Versorgungsträger keine eigene Anwartschaft, wird dieses Anrecht dort neu begründet.

Dies führt dazu, dass der ausgleichsberechtigte Ehegatte beispielsweise eine Anwartschaft im berufsständischen, betrieblichen oder privaten Altersvorsorgesystem des Ausgleichspflichtigen erhält. War also der ausgleichspflichtige Ehegatte Rechtsanwalt, erhält der ausgleichsberechtigte Beteiligte eine Anwartschaft im Versorgungswerk der Rechtsanwälte oder war der Ausgleichspflichtige Apotheker, erhält der Berechtigte eine Anwartschaft in der Apothekerversorgung und so weiter. Der Berechtigte muss dabei nicht Berufsträger sein.

Gilt für das Anrecht das Betriebsrentengesetz, erlangt die ausgleichsberechtigte Person die Stellung eines ausgeschiedenen Arbeitnehmers im Sinne dieses Betriebsrentengesetzes. Dies hat den Effekt, dass der ausgleichsberechtigte Beteiligte eine statische und nicht eine dynamische Versorgung hat, wie sie der ausgleichsverpflichtete Beteiligte behält.

Bestehen Anwartschaften in der landwirtschaftlichen Alterskasse, werden diese grundsätzlich auch im Rahmen der internen Teilung gemäß § 43 ALG übertragen.

Nur soweit für beide Ehegatten Anrechte gleicher Art bei demselben Versorgungsträger auszugleichen sind, vollzieht sich der Ausgleich dadurch, dass nur in Höhe des Wertunterschieds nach Verrechnung ausgeglichen wird, § 10 Abs. 2 S. 1 VersAusglG.

Die Kosten der internen Teilung tragen beide Ehegatten je zur Hälfte und sie werden im Wege der Verrechnung durch den Versorgungsträger eingezogen.

Das Gericht muss bei der internen Teilung

  • das auszugleichende Anrecht benennen,
  • den Inhaber des auszugleichenden Anrechts benennen,
  • das zu übertragende Anrecht (den Ausgleichswert) bestimmen,
  • den Versorgungsträger, bei dem das auszugleichende Anrecht besteht, benennen,
  • den Ausgleichsberechtigten benennen,
  • die genaue Höhe des zu übertragenden Anrechts (den Ausgleichswert nach § 1 Abs. 2 S. 2 VersAusglG) bestimmen.

In der gesetzlichen Rentenversicherung müssen Entgeltpunkte bzw. Entgeltpunkte/Ost getrennt aufgeführt werden. Eine Umrechnung von Entgeltpunkten ist dagegen nicht anzuordnen, weil es der Versorgungsträger durch die Angabe eine Bezugsgröße in der Hand hat, zukünftige Veränderungen automatisch zu erfassen, § 5 Abs. 1 VersAusglG.

b) Die externe Teilung

Die externe Teilung ist dann durchzuführen,

  • wenn entweder die ausgleichsberechtigte Person und der Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person dies vereinbaren oder
  • der Versorgungsträger dies verlangt (in der Regel in der Satzung vorgesehen). Der Ausgleichsberechtigte muss sich dies aber nur dann aufdrängen lassen, wenn der Ausgleichswert eine festgelegte (dynamische) Bagatellgrenze nicht überschreitet. Diese beträgt bezogen auf das Kalenderjahr 2019 bei einem Rentenbetrag 62,30 € bei einem Kapitalbetrag 7.476,00 €.

Die externe Teilung wird so durchgeführt, dass für den ausgleichsberechtigten Ehegatten ein Anrecht bei einem Dritten Versorgungsträger begründet oder gegebenenfalls erweitert und zugleich die Versorgung des ausgleichspflichtigen Ehegatten bei seinem Versorgungsträger entsprechend gekürzt wird.

Im Falle der externen Teilung kann die ausgleichsberechtigte Person wählen, ob ein bestehendes Anrecht ausgebaut oder ein neues Anrecht begründet werden soll. Das Gericht prüft in diesem Zusammenhang nur, ob die gewählte Zielversorgung eine angemessene Versorgung gewährleistet. Der ausgleichsberechtigten Person wird seitens des Gerichts eine angemessene Frist zur Wahl gesetzt. Übt diese Person das Wahlrecht nicht rechtzeitig aus, erfolgt die externe Teilung durch Begründung eines Anrechts in der gesetzlichen Rentenversicherung. 

Ist ein Anrecht im Sinne des Betriebsrentengesetzes auszugleichen, ist ein Anrecht bei der Versorgungsausgleichskasse zu begründen.

Eine externe Teilung ist gemäß § 16 VersAusglG auch dann erforderlich, wenn Anrechte aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst-Amtsverhältnis keine interne Teilung vorsehen. Ein solches Dienstverhältnis kann zum Bund, einem Bundesland, einer Gemeinde, einem Gemeindeverband oder zu einer sonstigen Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts bestehen. 

Keine interne Teilung erfolgt beispielsweise für die im öffentlich-rechtlichen Verhältnis stehenden Beamten und Angestellten in Bayern. In diesen Fällen kommt es zur Begründung eines Anrechts in der gesetzlichen Rentenversicherung. Damit ist gemeint, dass die ermittelten Werte der Anwartschaft, die zu übertragen sind, in einem Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeglichen werden. Erforderlichenfalls wird ein Recht in der gesetzlichen Rentenversicherung hierzu begründet.

c) Die Ausnahmen

Der Versorgungsausgleich wird weder intern noch extern durchgeführt, wenn der auszugleichende Wert eine bestimmte Bagatellgrenze nicht überschreitet. Liegen gleichartige Anrechte vor, kommt es auf die (geringe) Differenz beider Anrechte gleicher Art an, § 18 Abs. 1 VersAusglG. Darüber hinaus findet ein Ausgleich dann nicht statt, wenn ein einzelnes Anrecht für sich betrachtet, einen geringen Ausgleichswert hat, § 18 Abs. 2 VersAusglG.

Der Ausgleichswert der die Bagatellgrenze definiert, ist in § 18 Abs. 3 VersAusglG festgelegt. Bezogen auf 2019 beträgt er als Rentenbetrag 31,15 €, als Kapitalwert 3.738 €.

d) Die fehlende Ausgleichsreife

Ist ein Anrecht nicht ausgleichsreif, unterbleibt der Wertausgleich bei der Scheidung. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Anwartschaft noch nicht unverfallbar ist. Das gleiche gilt, wenn es sich um ein Anrecht eines ausländischen Versorgungsträgers handelt. Auch sind Fälle von Anrechten mit abschmelzender Leistung denkbar (geregelt in § 120 h SGB VI). Zu nennen sind hier der Auffüllbetrag, der Rentenzuschlag, der Übergangszuschlag und besondere Renten aus der Zeit der DDR. Abschmelzende Bestandteile können auch Beamtenversorgungen enthalten, z. B. Ausgleichsbeträge für Doppelversorgungsbeamte oder Abflachungsbeträge.

Für diese nicht ausgleichsreifen Anrechte ist allein der Wertausgleich bei der Scheidung ausgeschlossen. Dennoch muss das Gericht nach § 224 Abs. 4 FamFG die nicht ausgleichsreifen Anrechte möglichst unter Mitteilung ihres Ehezeitanteils ausdrücklich benennen. Dies gilt nur dann nicht, wenn ein Ausschluss nach § 19 Abs. 3 infrage kommt (Unbilligkeit für den anderen Ehegatten).

Für diese Anrechte der fehlenden Ausgleichsreife erfolgt der Ausgleich über das Schuldrecht nach §§ 20-26 VersAusglG (schuldrechtlicher Versorgungsausgleich).

e) Der schuldrechtliche Ausgleich

Der schuldrechtliche Versorgungsausgleich betrifft diejenigen Anrechte, die im Scheidungsverfahren nicht ausgeglichen werden konnten. Das ist insbesondere bei den noch verfallbaren Anwartschaften der Fall, wie beispielsweise eine verfallbare Betriebsrente oder bei abschmelzenden Leistungen und für Anwartschaften in ausländischen Versorgungssystemen.

Voraussetzung des Anspruchs ist, dass die ausgleichspflichtige Person eine laufende Versorgung aus diesem noch nicht ausgeglichenen Anrecht erhält.

Der Berechtigte kann den Anspruch gerichtlich geltend machen, sobald er selber eine eigene laufende Versorgung bezieht, die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht hat oder die gesundheitlichen Voraussetzungen zur laufenden Versorgung einer Invaliditätsrente erfüllt sind.

Der Ausgleichsberechtigte kann von der ausgleichspflichtigen Person verlangen, dass eine monatliche Zahlung erfolgt oder der Anspruch in Höhe des Wertes der Ausgleichsrente abzutreten ist. Die Abtretung betrifft die künftigen Rentenansprüche, nicht rückständige Ausgleichsansprüche. Erhält die ausgleichspflichtige Person Kapitalzahlungen, kann die ausgleichsberechtigte Person Zahlung des Ausgleichswertes verlangen.

Alternativ zu Vorstehendem kann die ausgleichsberechtigte Person nach § 23 VersAusglG für ein noch nicht ausgeglichenes Anrecht auch eine zweckgebundene Abfindung verlangen, die an den Versorgungsträger zu zahlen ist, bei dem ein bestehendes Anrecht ausgebaut oder ein neues Anrecht begründet werden soll. Dies hat aber zur Voraussetzung, dass die Zahlung für die ausgleichspflichtige Person zumutbar ist. Wird die ausgleichspflichtige Person unbillig belastet, kann sie Ratenzahlung verlangen.

Zwei Beispiele sollen die grundsätzliche Systematik verdeutlichen.

  • Der Ehemann hat während der Ehezeit sozialversicherungspflichtig gearbeitet und eine Anwartschaft i. H. v. 18 Entgeltpunkten erworben. I. H. v. 9 Entgeltpunkten wird diese Anwartschaft auf das Versicherungskonto der Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung übertragen oder, sofern für diese dort noch kein Konto besteht, ein entsprechendes Anrecht begründet. Aus dieser Rentenanwartschaft kann die Ehefrau auch dann eine Altersrente erhalten, wenn der geschiedene Ehemann vor Erreichen des Rentenalters versterben sollte. Dieser Mechanismus gilt grundsätzlich für jedes in der Ehezeit erworbene Anrecht der Ehegatten. Er gilt auch, wenn beide Ehegatten bei demselben Versorgungsträger Anwartschaften erworben haben. Allerdings kann dann der Versorgungsträger unter Umständen die Ausgleichswerte der Anrechte verrechnen. Ausnahmsweise kann es allerdings vorkommen, dass bei der Scheidung ein Anrecht noch nicht ausgeglichen werden kann. Diese Anrechte sind dann ähnlich dem Unterhalt durch monatliche Ausgleichszahlungen auszugleichen, sobald beide Ehegatten aus einem solchen Anrecht Leistungen beziehen, d. h., also in der Regel das Rentenalter erreicht haben.
  • Der Ehemann arbeitet während der Ehezeit in einer niederländischen Fabrik. Er erwirbt eine Anwartschaft auf eine Pension in der niederländischen Pensionskasse. Sobald er aus diesem Anrecht eine Versorgung bezieht und die Ehefrau das Rentenalter erreicht hat, kann die Ehefrau ihren geschiedenen Ehegatten auf Zahlung der Rente in Höhe der Hälfte des auf die Ehezeit entfallenden Anteils der Pension abzüglich des an die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung abzuführenden Beitrags in Anspruch nehmen.

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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