Vorfälligkeitsentschädigung bei Immobiliardarlehensverträgen vermeiden oder verringern

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Worum geht es?

Muss ein grundpfandrechtlich besichertes Darlehen, ein sog. Immobilar-Verbraucherdarlehensvertrag vorzeitig aufgrund eines berechtigten Interesses des Darlehensnehmers vorzeitig zurückbezehlt (§ 500 Abs. 2 BGB), fällt die Vorfälligkeitsentschädigung an.

Zunächst muss man wissen, dass es bei Immobiliardarlehensverträgen kein Recht zur vorzeitigen Rückzahlung gegen Vorfälligkeitsentschädigung gibt, wie Verbraucher häufig annehmen. Erforderlich ist ein berechtigtes Interesse, etwa der Verkauf der sichernden Immobilie wegen Scheidung, Umzug oder Wechsel des Arbeitsplatzes oder weil die Immobilie für weitere Finanzierungen benötigt wird, die die gesicherte Bank aber nicht gewähren will.

Aufgrund des aktuellen Zinsniveaus, das nur Negativzinsen für Wiederanlagen in Hypothekenpfandbriefe anbietet, ist die verlangte Vorfälligkeitsentschädigung dann aber regelmäßig höher als die Summe aller Zinsleistungen bis zum Ende der Zinsbindung.

Vermeidung oder Reduzierung häufig möglich

Dies lässt sich aber häufig vermeiden.

Bei Verträgen, die bis zum 20.03.2016 abgeschlossen wurden, ist ein Widerruf des Vertrags regelmäßig zu prüfen, wobei dies wegen der möglichen Verwirkung auf jeden Fall vor Rückzahlung des Darlehens erfolgen muss. Zur Frage des Widerrufs kann auf die zahlreichen Rechtstipps unserer Kanzlei verwiesen werden.

Gute Chancen bestehen nach hiesigen Erfahrungen hier bei Verträgen mit Sparkassen im Zeitraum 11.06.2010 bis ins Jahr 2011 oder auch bei der ING im Zeitraum 11.06.2010 bis etwa September 2010. Zudem hat auch die Commerzbank in einigen Fällen nach dem 10.06.2010 noch Widerrufsbelehrungen zum alten Rechtsstand verwendet.

Bei Verträgen ab dem 21.03.2016 ist ein Widerruf regelmäßig keine Option.

Zum 21.03.2016 hat der deutsche Gesetzgeber die europäische Wohnimmobilienkreditrichtlinie in deutsches Recht umgesetzt.

Für Darlehensverträge, die ab diesem Zeitpunkt geschlossen wurden, gelten daher die ab dann gültigen gesetzlichen Regelungen.

Vorfälligkeitsentschädigung bei fehlerhaften Angaben nicht geschuldet

Dies wird nun durch ein aktuelles Urteil des OLG Frankfurt bestätigt, Urteil vom 01.07.2020, Az.: 17 U 810/19, nkr., das die Regelungen der Commerzbank im konkreten Fall für unzureichend angesehen hat.

Dies zeigt, dass es sich bei Verträgen ab dem 21.03.2016 in jedem Fall lohnt, die Berechtigung einer Vorfälligkeitsentschädigung grundsätzlich zu überprüfen.

Dies gilt auch für bereits gezahlte Vorfälligkeitsentschädigungen.

zahlreiche Fehlerquellen

Denn die Zahl potentieller Fehler ist groß. 

So werden häufig unzulässige Gebühren verlangt, Sondertilgungs- und Tilgungssatzanpassungsrecht nicht beachtet oder unzulässig Negativrenditen bei der Wiederanlage angesetzt. Gerade letzteres ist aber nach den Regelungen der Wohnimmobilienkreditrichtlinie nicht zulässig.

Sollte sich die Vorfälligkeitsentschädigung nicht vollständig vermeiden lassen, so lässt sie sich doch regelmäßig verringern, denn Negativzinsen dar die Bank nach überwiegender Ansicht unter Geltung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie nicht ansetzen.

Bei Forwardprolongationen Zinsbindung falsch angesetzt

Haben Sie für Ihr Darlehen in der Vergangenheit bei Ihrer Bank bereits eine Anschlusszinsvereinbarung, Zinssicherungsvereinbarung o.ä abgeschlossen und wurde diese deutlich vor Ablauf der Zinsbindung vorzeitig vereinbart (sog. Forwardprolongation) so ist der Zinsbindungszeitraum für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung zudem deutlich zu kürzen mit der Folge, dass auch die Vorfälligkeitsentschädigung sich massiv verringert.

Dies wird von Banken gerne "vergessen", auch wenn die vorliegende Rspr hier eindeutig ist.

Bei Vorliegen einer Rechtsschutzversicherung holen wir für Sie kostenfrei die Deckungszusage ein.

Nutzen Sie unsere Erfahrung von weit über 1.000 geprüften Darlehensverträgen. Wir haben die Nichtzulässigkeit des Ansatzes von Negativrenditen bereits erfolgreich gegenüber Banken geltend gemacht und führen dazu und zur generellen Nichtberechtigung der Vorfälligkeit gerichtliche Verfahren.

Rechtsanwalt Sebastian Koch

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht




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