Vorführung vor dem Ermittlungsrichter: Was ist das eigentlich?

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Immer wieder liest man in der Zeitung Schlagzeilen über Polizeieinsätze und mitunter Aufsehen erregende Straftaten. 

Häufig findet sich dabei am Ende der Hinweis, dass beabsichtigt ist, den Beschuldigten einem Ermittlungsrichter vorzuführen. 

Doch was heißt das eigentlich und was genau passiert bei einer solchen Vorführung?

Was ist ein Ermittlungsrichter?

Ermittlungsrichter sind wie Rechtsanwälte, Staatsanwälte oder andere Richter ausgebildete Juristen, die zumeist jahrelange Erfahrungen in der Strafjustiz gesammelt haben.

In der deutschen Strafprozessordnung gibt es einige Maßnahmen, welche einen  besonders schweren Eingriff in die Grundrechte eines Beschuldigten darstellen, sodass deren Anordnung nur durch einen Richter erfolgen kann. 

So unterliegt etwa eine  Wohnungsdurchsuchung oder die Anordnung einer Handyüberwachung einem Richtervorbehalt. Vor allen Dingen entscheidet ein Ermittlungsrichter aber auch darüber, ob gegen den Beschuldigten ein Haftbefehl erlassen wird, mit der Folge, dass dieser erst einmal in Untersuchungshaft muss.  

Was passiert bei einem Vorführtermin?

Wird ein Beschuldigter von der Polizei aufgegriffen und vorläufig festgenommen, so muss er nach dem Gesetz zwingend spätestens am Tag nach der Festnahme einem Ermittlungsrichter vorgeführt werden.

In der Praxis nimmt das Ermittlungsgericht schnellstmöglich telefonisch Kontakt zu einem Strafverteidiger, der dann vor Ort erscheint. 

Dort erhält der Verteidiger bereits die relevanten Aktenbestandteile, um sich einen Überblick über den Tatvorwurf, die zur Verfügung stehenden Beweismittel (wie etwa Zeugenaussagen oder Videoaufnahmen) und mögliche Haftgründe zu verschaffen. 

Im Anschluss daran hat er Gelegenheit, persönlich und alleine mit dem Beschuldigten zu sprechen, diesen über seine Rechte als Beschuldigter in einem Strafverfahren zu belehren sowie ihm den Tatvorwurf zu eröffnen.  

In der Regel wird bereits hier kurz besprochen, ob eine Einlassung zum Tatvorwurf erfolgen oder von dem Schweigerecht Gebrauch gemacht werden soll. 

Steht die Frage nach dem Erlass eines Haftbefehls im Raum, so ist dem Beschuldigten nach dem Gesetz zwingend ein Pflichtverteidiger zu bestellen, da ersterer aufgrund des möglicherweise bevorstehenden immensen Grundrechtseingriffs besonders schutzwürdig ist. 

Im Anschluss an diese Erstbesprechung findet der eigentliche Vorführtermin statt, an dem neben dem Beschuldigten und seinem Verteidiger der Ermittlungsrichter, ein Protokollführer sowie Beamte des Vorführdienstes teilnehmen. 

Im Rahmen des Vernehmungstermins wird der Beschuldigte sodann durch den Ermittlungsrichter auf die ihn belastenden Umstände und sein Recht, sich zur Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen, hingewiesen. Ferner erhält er Gelegenheit, die Verdachts- und Haftgründe zu entkräften und Tatsachen geltend zu machen, die zu seinen Gunsten sprechen.

Wie verhält man sich bei einem Vorführtermin und wie geht es danach weiter? 

Da jeder Fall anders ist, gibt es kein Patentrezept dafür, wie man als Beschuldigter einen Vorführtermin am besten meistert. In manchen Fällen macht es Sinn, gar keine Angaben zur Sache zu machen, in anderen bietet ein sofortiges Geständnis die beste Ausgangslage für den Beschuldigten. 

Zum Ende des Vorführtermins entscheidet der Ermittlungsrichter, ob er die vorangegangene Festnahme für gerechtfertigt hält oder nicht. 

Hält er die Gründe für beseitigt - etwa weil nach dem Verteidigervortrag keine Fluchtgefahr zu befürchten ist - ordnet er die Freilassung an. Andernfalls erlässt er einen Haftbefehl und der Beschuldigte wird in die Untersuchungshaft verlegt. 

Oft beginnt dann erst die eigentliche Arbeit am Fall und es wird zunächst umfassende Akteneinsicht beantragt.

Doch auch organisatorische Fragen rund um die Haft sind Bestandteil einer mandatsgerechten Verteidigung: Regelmäßige Besuche des Beschuldigten in der JVA sollten dabei ebenso selbstverständlich sein wie die Beantragung einer Besuchserlaubnis für Angehörige.  

Die Vorführung des Beschuldigten vor einem Ermittlungsrichter ist in der deutschen Strafrechtspraxis Standard. Gerade hier können entscheidende Weichen für das anschließende Ermittlungsverfahren gestellt werden, sodass eine interessengerechte Verteidigung mit dem notwendigen Weitblick unerlässlich ist. 

Foto(s): https://pixabay.com/de/photos/polizei-verhaftung-festnahme-2122394/

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