Vorladung, Beschlagnahme, Anklage wegen Vorwurf Sexueller Missbrauch von Kindern

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Vor einigen Jahren wurde einer der vermutlich größten Missbrauchsskandale betreffend des Missbrauchs von Kindern in der deutschen Geschichte öffentlich. 

Es handelt sich um die Vorwürfe von – inzwischen Erwachsenen – gegen Mitglieder der katholischen Kirche. Auch Jahre danach schlägt die Thematik immer noch Wellen und eine Aufarbeitung ist noch im Gange. 

Die Thematik hat so große Wellen geschlagen, dass der Abschnitt im Strafgesetzbuch betreffend die Sexualdelikte gegen Kinder im Jahr 2021 reformiert und neu ausgearbeitet wurde. 

Vorwürfe des sexuellen Missbrauches von Kindern können sowohl das Leben der Opfer aber auch vermeintlicher Täter einfrieren oder zerstören. 

Gerade aus diesem Grund stellt sich die Frage – Wann darf wirklich von Kindesmissbrauch gesprochen werden? Und welche Strafe ist zu erwarten?


Wie wird Kindesmissbrauch bestraft? 

Der Missbrauch von Kindern gem. § 176 Abs. 1 StGB zieht eine Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr nach sich. Es handelt sich hierbei um eine Mindestfreiheitsstrafe. Die Straftat wird als Verbrechen im strafrechtlichen Sinne qualifiziert. 

Für Missbrauch von Kindern ohne Körperkontakt mit dem Kind ist gem. § 176a StGB eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vorgesehen. 

Bereits die Vorbereitung eines sexuellen Missbrauchs von Kindern steht gem. § 176b StGB unter Strafe und wird mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. 

Im Falle eines schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern gem. § 176c StGB sieht das Gesetz eine Mindestfreiheitsstrafe von zwei Jahren vor. 

Abstrakt betrachtet fällt u.a. auch die sogenannte Kinderpornografie in den Bereich des sexuellen Missbrauches von Kindern. 

Im Folgenden soll auf die Strafbarkeit des Kindesmissbrauches gem. § 176 Abs. 1 StGB eingegangen werden. 

Dazu ist zunächst folgende Frage zu klären: 


Wer zählt als Kind im Sinne des Gesetzes? Und warum? 

Umgangssprachlich wird – sobald eine Person unter 18 Jahren ist – von Kindesmissbrauch gesprochen. 

Doch nicht erwachsen zu sein, heißt nicht, Kind im Sinne des Gesetzes zu sein. 

§ 176 Abs. 1 StGB definiert ein Kind als eine Person unter 14 Jahren. Es handelt sich hierbei um eine starre Altersgrenze. Sollte eine Person zwischen 14 und 18 Jahren sein, so gilt sie als Jugendlicher und die Vorschrift des § 182 StGB findet Anwendung. 

Die Altersgrenze wurde durch den Gesetzgeber erschaffen, um der entsprechenden Schutzbedürftigkeit der Mitglieder der entsprechenden Altersklassen gerecht zu werden. 

Der Gesetzgeber geht laut der unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauches davon aus, dass Personen unter 14 Jahren noch nicht die Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung haben und daher nicht eigenständig in sexuelle Handlungen einwilligen können. 

Ergebnis: Sexuelle Kontakte zu unter 14-Jährigen sind verboten. 


Was ist strafbarer sexueller Missbrauch von Kindern?

Der Begriff des Missbrauchs lässt bei vielen die Vorstellungen Achterbahn fahren. Das Kopfkino geht los. Zumeist wird bei Nennung des Begriffs des Missbrauchs zuerst an eine Vergewaltigung gedacht. Der Begriff des Missbrauchs umfasst aber eine Vielzahl vom Handlungen im sexuellen Kontext. 

Der Begriff des Missbrauches im Rahmen des § 176 Abs. 1 StGB umfasst sog. „sexuelle Handlungen“. 

Bestraft wird gem. § 176 Abs. 1 StGB:

  • Die Vornahme von sexuellen Handlungen an einem Kind oder an sich durch ein Kind 
  • Das Bestimmen eines Kindes, zur Vornahme von sexuellen Handlungen an einer dritten Person oder von einer dritten Person an sich 
  • Wer, ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

Sexuell ist eine Handlung, die das Geschlechtliche des Menschen im Mittelpunkt und als unmittelbaren Gegenstand hat. Das objektiv äußere Erscheinungsbild muss nach allgemeinen Verständnis eine Sexualbezogenheit erkennen lassen. 

Dass bedeutet, es ist entscheidend was eine dritte danebenstehende Person von dem Geschehen halten würde. Wenn es sich um Handlungen mit einer weiteren Person bezieht, kann bereits ein sexueller Charakter ausreichen. 

Eine tatsächliche sexuelle Erregung des Handelnden ist nicht erforderlich. Eine objektive Sexualbezogenheit ist ausreichend, wenn der Täter sich dieser bewusst ist.


Was sind sexuelle Handlungen im Sinne des sexuellen Kindesmissbrauchs? 

Einerseits werden selbstverständlich Handlungen mit direktem Körperkontakt erfasst.

Zum Beispiel: Sexuelle Berührungen am Körper des Kindes insbesondere auch Eindringen in Mund, Po oder Scheide.

Wichtig zu wissen: Es ist nicht erforderlich, dass das Eindringen mit dem Penis erfolgt – es kann bereits ein Finger oder Gegenstand ausreichen! 

Auch Zungenküsse stellen eine körperliche sexuelle Handlung dar.


Wann bestimmt man ein Kind zu einer sexuellen Handlung?

Bestimmen meint das Verursachen (auch Mitverursachen) des Entschlusses zur Vornahme der konkreten Handlung. Wie der Entschluss verursacht wird, ist nicht erheblich.

Zum Beispiel: durch Überredung, Täuschung, Drohung, ggf. bereits das Ausnutzen von kindlicher Neugierde u.a.

Wichtig zu wissen: Wenn zu einer sexuellen Handlung an einem Dritten bestimmt wird, ist nicht erforderlich, dass der Dritte sich strafbar macht. Es kann sich daher auch um ein anderes Kind handeln (vgl. BGHSt 45, 41f.)

Die Tathandlungen der Vornahme und der Bestimmung sind nur in Fällen des unmittelbaren körperlichen Kontakts einschlägig. Es steht jedoch nicht nur das Berühren des Kinderkörpers unter Strafe, sondern auch Handlungen, in die der Kindeskörper nicht direkt mit einbezogen wird. Hierbei richtet sich die Strafbarkeit seit Mitte 2021 grundsätzlich nach § 176a StGB (sexueller Missbrauch von Kindern ohne Körperkontakt mit dem Kind). 

Zum Beispiel: Entkleiden und Zeigen der eigenen Person in erregtem Zustand vor dem Kind oder eigene sexuelle Befriedigung vor dem Kind.

Von sexuellem Kindesmissbrauch sind jedoch auch das Anbieten eines Kindes und das Versprechen ein Kind für sexuelle Handlungen nachzuweisen. Das Anbieten und das Versprechen setzen keine unmittelbare körperliche Berührung voraus. 

Ein Anbieten ist die konkludente oder ausdrückliche Erklärung einer Person gegenüber mindestens einer anderen Person, dass ein Kind für die Vornahme sexueller Handlungen zur Verfügung steht. 

Es reicht, wenn das Angebot ernst erscheint. 

Strafbar wegen des Versprechens ein Kind für sexuelle Handlungen nachzuweisen macht sich, wer bekundet, dass er willig und in der Lage ist selbst oder über einen Dritten Kontakt mit einem Kind zur Vornahme oder Bestimmung zu sexuellen Handlungen herzustellen.


Kann von der Strafe wegen sexuellem Kindesmissbrauch abgesehen werden? 

Im Falle des § 176 Abs. 1 Nr. 1 StGB (Vornahme einer sexuellen Handlung) kann gem. § 176 Abs. 2 StGB im Ausnahmefall von einer Strafe abgesehen werden, wenn die sexuelle Beziehung einvernehmlich war und zwischen dem Täter und dem Kind der Unterschied in Alter und geistiger Entwicklung als gering anzusehen ist. 

            Zum Beispiel: Zungenkuss einer 13-jährigen und einer 15-jährigen Person.

Die Ausnahme ist ausgeschlossen, wenn der Täter die fehlende Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung des Kindes ausnutzt. 

Fazit: Nicht jeder Zungenkuss sorgt direkt für einen Gefängnisaufenthalt. 


Welche weiteren Delikte im Zusammenhang mit dem „sexuellen Missbrauch“ von Kindern gibt es? 

Wie bereits erwähnt ist der sexuelle Missbrauch von Kindern ohne Körperkontakt gem. § 176a StGB verboten und strafbewehrt.

Die Vorbereitung eines sexuellen Missbrauchs von Kindern steht gem. § 176b StGB unter Strafe.

Der schwere sexuelle Missbrauch von Kindern ist in § 176c StGB normiert. § 176d benennt den sexuellen Missbrauch von Kindern mit Todesfolge. § 176e stellt die Verbreitung und den Besitz von Anleitungen zu sexuellem Missbrauch von Kindern unter Strafe. § 180 StGB richtet sich gegen die Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger. 

Die Strafbarkeit des Umgangs mit Kinderpornografie richtet sich nach § 184b StGB. 

Auch gibt es das Phänomen des Cybergroomings – dabei handelt es sich um die Herbeiführung von Internetkontakten zur Anbahnung sexueller Kontakte – welches ebenfalls sanktioniert wird. 

Hinweis! Seit der Gesetzesänderung 2020 wird beim Cybergrooming auch bestraft, wer lediglich glaubt, dass es sich um ein Kind handelt – obwohl tatsächlich ein Erwachsener Kommunikationspartner ist


Anwaltliche Verteidigung beim Vorwurf sexueller Missbrauch von Kindern

Ein Schwerpunkt der rechtsanwaltlichen Tätigkeit im Bereich der Sexualdelikte stellt das Herausarbeiten von Fehlern und Lücken in den Beweisketten der Ermittlungsbehörden dar. Wir sind darauf spezialisiert und nehmen für Sie eine Sichtung und Würdigung der Beweismittel vor. 

Nicht selten handelt es sich in Fällen des Missbrauchs um Aussage gegen Aussage Konstellationen. Hierbei ist eine gute Kenntnis der entsprechenden Rechtsprechung maßgeblich. 

Nicht nur ein Ermittlungsverfahren wegen Kindesmissbrauches selbst stellt eine starke Belastung dar, auch soziale und berufliche Konsequenzen stellen einen wichtigen Faktor dar. Wir helfen Ihnen die Auswirkungen der Ermittlungen so gering wie möglich zu halten. 

Sollte es zu einer Verurteilung kommen, können wir für Sie auf die Aussetzung der Strafe zur Bewährung hinwirken. Entscheidend für diese Möglichkeit ist eine sog. positive Sozialprognose. Wir erarbeiten diese und präsentieren diese für Sie gegenüber dem Gericht. Sofern Raum für Strafmilderungen besteht, werden wir auch diese geltend machen.

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