Vorläufige BGH-Beratung: 30-jähriges Wiederkaufsrecht einer Gemeinde bei Bauland wohl zulässig

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Am 16.12.2022 wird das Urteil vom Bundesgerichtshof in einem Fall erwartet, der sich um ein Bauland-Grundstück in Niederbayern dreht. Eine niederbayerische Gemeinde verkaufte im Jahr 1994 ein Grundstück an einen Mann mit der Auflage, darauf ein Haus zu bauen. Der Bau hat jedoch nie stattgefunden und das Grundstück ist bis heute unbebaut. Im Jahr 2014 - also erst 20 Jahre nach dem Verkauf - will die Gemeinde vom Käufer den Bauplatz zurück haben und beruft sich hierzu auf das im Vertrag eingeräumte Wiederkaufsrecht. Der Bundesgerichtshof hatte sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Ausübung eines Wiederkaufsrechts auch nach so langer Zeit noch zulässig ist. Bereits jetzt lässt sich die Entscheidungstendenz der Karlsruher Richter erkennen.

Gemeinde will Bauland nach 20 Jahren zurückkaufen

Der zuständige Zivilsenat am Bundesgerichtshof berät derzeit über den Fall aus Niederbayern. Der Käufer hatte sich im Jahr 1994 beim Erwerb des Grundstücks dazu verpflichtet, binnen acht Jahren ein bezugsfertiges Wohnhaus auf dem Grundstück zu errichten. Dieser Verpflichtung ist der Käufer jedoch nie nachgekommen. Für einen solchen Fall hatte sich die Gemeinde ein sogenanntes Wiederkaufsrecht gesichert. Ein solches sieht vor, dass die Gemeinde das Bauland vom Käufer wieder zurückkaufen kann. Im Jahr 2014 teilte die Gemeinde unerwartet dem Eigentümer mit, dass sie nun von ihrem Wiederkaufsrecht Gebrauch mache. Die Ausübung des Wiederkaufsrechts würde bedeuten, dass die Gemeinde das knapp 950 Quadratmeter große Grundstück und der Mann den ursprünglichen Kaufpreis von knapp 60.000 Deutsche Mark zuzüglich Erstattung seiner Unkosten zurückbekommt.  

Die Frage, die die Juristen in diesem Fall nun beschäftigen ist: Ist ein Wiederkaufsrecht nach so langer Zeit immer noch möglich? Laut dem Zivilgesetz kann ein Wiederkaufsrecht bei Grundstücken 30 Jahre lang ausgeübt werden, wenn im Vertrag zwischen den Parteien keine kürzere Frist festgelegt wurde.

Das Oberlandesgericht München war in der vorherigen Instanz als Berufungsgericht zuständig für den Fall. Es kam zu der Entscheidung, dass die Ausübung des Wiederkaufsrecht nach 20 Jahren unangemessen und daher unzulässig sei. Das Oberlandesgericht begründete seine Entscheidung damit, dass der Käufer damals nicht von einem Preisnachlass profitiert habe und auch sonst keine Umstände erkennbar seien, die eine derart lange Bindung rechtfertigen könnten. 

Die Fachwelt erwartet nun mit Spannung das für den 16.12.2022 angekündigte Urteil des Bundesgerichtshof. Es ist fraglich, ob das oberste Zivilgericht die Rechtsauffassung der Vorinstanzen bestätigen oder kippen wird. Erste Beratungen der Karlsruher Richter deuten darauf hin, dass der BGH von der Rechtsansicht des Oberlandesgericht München abweichen will.  

Erste Beratungen lassen Tendenz des BGH erkennen

Der Bundesgerichtshof hat sich in dem umstrittenen Fall bereits beraten und zu erkennen gegeben, dass es der Gemeinde darum gehe, eine zügige Bebauung sicherzustellen und Baulücken im Gemeindegebiet zu vermeiden. Dies teilte die Vorsitzende Richterin am BGH Bettina Brückner mit. Zudem solle verhindert werden, dass jemand ein Grundstück nur kauft, um es Jahre später mit Gewinn weiterzuverkaufen. Nach vorläufiger Auffassung des Bundesgerichtshofs seien dies legitime Ziele der Gemeinde. Für den Käufer habe es nur diese einzige Auflage gegeben. Hätte der Käufer das Haus gebaut, wäre er seither von allen Verpflichtungen frei gewesen und hätte anschließend mit dem Grundstück nach Belieben verfahren können. 

Die Anwältin des Käufer sieht dies anders. Ihrer Ansicht nach sei die lange Frist eine sehr harte Belastung. Der Käufer sei nach 20 Jahren davon ausgegangen, dass das unbebaute Grundstück so akzeptiert wird von der Gemeinde. Der Mann habe auch nicht vor, das Grundstück weiterzuverkaufen. 

Die Richter am Bundesgerichtshof sind jedoch der Ansicht, dass die lange Frist für den Grundstückskäufer auch Vorteile bringen kann. Zum Beispiel wenn der Bau wegen finanzieller Probleme ins Stocken gerät und das Haus nicht rechtzeitig fertig wird. In solchen Fällen wäre nach Ansicht des BGH eine Frist von acht oder zehn Jahren viel misslicher, so die Vorsitzende Bettina Brückner. Bei drei Jahrzehnten sei die Gemeinde in ihrer Entscheidung viel flexibler und könne eine Zeit lang auch erstmal abwarten und beobachten, wie sich die Situation entwickelt.

Der Bundesgerichtshof wird noch weiter über den Fall intensiv beraten. Das mit Spannung erwartete Urteil soll am 16.12.2022 gefällt werden. Wir werden Sie auf dem Laufenden halten, wie der Fall nun letztlich entschieden worden ist.

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