Vorsicht: Schwarze Inkasso-Schafe!

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Das neue Gesetz zum Inkassorecht soll zu niedrigeren Inkassokosten sowie zu mehr Klarheit und Gerechtigkeit führen. Doch haben manche Geldeintreiber das Gesetz etwa verschlafen?

Bundestagswahl, Corona - am 1. Oktober bestimmten grosse Themen die Agenda. Das seit dem gültige, neue Gesetz zum Inkassorecht schaffte es in den Nachrichten bestenfalls auf einen hinteren Platz. Ein Umstand, den so mancher Geldeintreiber offenbar ausnutzt, wie ich meiner Kanzlei erlebe. Was hat sich geändert?


1. Geschäftsgebühr  

Die für Schuldner so ärgerliche Geschäftsgebühr, die mit dem ersten Aufforderungsschreiben fällig wird (RVG, Nr. 2300), wurde endlich gesenkt. Vor dem 1. Oktober wurden bei Forderungen bis 500 Euro zwischen 45 und 58,50 Euro fällig, plus Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer. Geringe Forderungen konnten sich so locker verdoppeln. Wird nun nach dem ersten Schreiben gezahlt, dürfen in der Kategorie nur 30 Euro Gebühren berechnet werden (§ 13 Abs. 2 RVG). Bei Forderungen, die bestritten werden, ist hingegen alles beim Alten geblieben, was aufgrund des Arbeitsaufwandes auch nachvollziehbar ist. 

Fallbeispiel aus meiner Kanzlei

Mandy R. bekommt am 21.10.21 ein Inkassoschreiben, Hauptforderung wegen Schwarzfahrens: 60 Euro + 58,50 Geschäftsgebühr + 10 Euro Auslagenpauschale + 13,02 Euro MwSt. machen daraus insg. 141,52 Euro. Nach neuem Recht aber dürften es sein:

30 Euro Gebühr +10 Euro Pauschale + 7,60 Steuer = 107,60 Euro

Fast 40 Prozent zu viel! 


2. Einigungsgebühr 

Trifft ein Inkassodienst oder ein Anwalt mit dem Schuldner eine Vereinbarung zu einer besonderen Zahlungsweise, fällt eine Einigungsgebühr an (RVG, Nr. 1000). Hier wurden nach altem Recht bei Forderungen bis 500 Euro in der Regel 67,50  Euro fällig - was extrem happig war. Mit dem neuen Gesetz ist diese Gebühr nun gedeckelt, bei besagten Forderungen läuft das auf 31,50 Euro hinaus. 

Fallbeispiel Mandy’s Schwarzfahren 60 Euro, durch (übliche, fiktive) Vereinbarung zahlbar in monatlichen Raten von 10 Euro.

Nach altem Recht 141,52 Euro (siehe oben) plus 67,50 Einigungsgebühr = 209,02 Euro.

Nach neuem Recht 107,60 Euro plus 31,50 = 139,10 Euro. 

Damit wären mehr als 50 Prozent zu viel berechnet worden! 


3. Anwalt ODER Inkassodienst

Mit der Unsitte, dass manche Inkassodienste gleichzeitig bereits einen Anwalt berechnen (oder umgekehrt), ist nun Schluss. Insgesamt können nur noch die Kosten geltend gemacht werden, welche einem Anwalt zustehen oder zustehen würden (§ 13f S. 1, 2 RDG). Ausnahme: Der Schuldner bestreitet die Forderung nach der ersten Aufforderung des Inkassodienstes und dies ist dann Anlass für eine nachfolgende Anwaltsbeauftragung (§ 13f S. 3 RDG).

Beim Fallbeispiel hätten sich die Inkassokosten nach altem Recht so im schlimmsten Fall verdoppeln können! (In aller Regel hat der Anwalt bei solchen „Kooperationen“ einen geringeren Betrag als der Inkassodienst aufgeschlagen, oder umgekehrt.) 


4. Mehr Transparenz

Wurde die Adresse des Schuldners ermittelt (was immer die Gefahr einer Verwechslung birgt), muss dieser im ersten Schreiben über diese Ermittlung informiert werden - sowie darüber, dass und wie er sich im Falle einer Verwechslung wehren kann (§ 13a Abs. 1 Nr. 7 RDG, § 43d Abs. 1 Nr. 7 BRAO). Zudem muss vor Abschluss einer Zahlungsvereinbarung auf alle Kosten, insbesondere die zusätzlich entstehende Einigungsgebühr (siehe Fallbeispiel Schwarzfahren) klar und verständlich hingewiesen werden (§ 13a Abs. 3 RDG, § 43d Abs. 3 BRAO).

Wird die Zahlungsvereinbarung mit einem Schuldanerkenntnis kombiniert, das neben der Hauptforderung auch alle Nebenforderungen enthält, muss der Schuldner auch darüber vorher aufgeklärt werden, und zwar detailliert (§ 13a Abs. 4 RDG, § 43d Abs.4 BRAO).


Fazit: Es gibt Inkassodienste, die das neue Gesetz derzeit wohl schlicht ignorieren. Darum gilt: Jedes Aufforderungsschreiben gründlich prüfen! Gerade, wenn die Hauptforderung berechtigt ist. 


Herzlichst, 

Gerhard Rahn (Fachanwalt für Insolvenzrecht) 


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(Redaktion: Frank Jaspermöller, Bild: ZDF "Die Inkasso-Falle - Geldeintreibern auf der Spur") 


Foto(s): zdf.de


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