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VW-Abgasskandal: Bundesgerichtshof bestätigt Restschadenersatz bei Verjährung!

  • 3 Minuten Lesezeit

Der Bundesgerichtshof bejaht einen Anspruch nach § 852 BGB bei Erwerb eines vom Dieselskandal betroffenen Neuwagens, auch wenn der Anspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB verjährt ist.

Es ist ein weiterer Höhepunkt in der verbraucherfreundlichen Rechtsprechung im Dieselabgasskandal der Volkswagen AG. Mit seinen Urteilen vom 21. Februar 2022 (Az.: VIa ZR 8/21 und VIa ZR 57/21) hat der Bundesgerichtshof den Restschadenersatz nach § 852 BGB bei Neuwagen bestätigt, deren Anspruch nach § 826 BGB bereits verjährt ist. „Nach dieser Bestimmung aus § 852 BGB hat der Ersatzpflichtige selbst nach Verjährung des Schadenersatzanspruches nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung herauszugeben, was er durch die unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten erlangt hat. Zu berücksichtigen ist insoweit, dass der Anspruch aus § 852 BGB weiterhin ein deliktischer Schadensersatzanspruch ist. Der von der Volkswagen AG erschlichene finanzielle Vorteil muss an die Geschädigten zurückgegeben werden, und die Verjährung tritt frühestens nach zehn Jahren ab Kauf ein“, erklärt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (www.hartung-rechtsanwaelte.de). Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert. Dr. Gerrit W. Hartung gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde.

Es waren gleich zwei Fahrzeuge der Volkswagen AG streitgegenständlich. Der Kläger im Verfahren VIa ZR 8/21 erwarb im April 2013 zu einem Kaufpreis von 30.213,79 Euro einen Neuwagen VW Golf Cabrio „Life“ TDI von der Volkswagen AG, der mit einem Dieselmotor der Baureihe EA189 versehen war. Das Fahrzeug war bei Erwerb mit einer Software ausgestattet, die erkannte, ob es sich auf einem Prüfstand befand, und in diesem Fall vom regulären Abgasrückführungsmodus in einen Stickoxid-optimierten Modus wechselte, heißt es in der Pressemitteilung. Im Verfahren VIa ZR 57/21 ging es um einen VW EOS 2.0 TDI mit dem gleichen Motortyp und der gleichen Abschalteinrichtung.

Vor den zuständigen Landes- und Oberlandesgerichten hatten die Klagen der geschädigten Verbraucher keinen Erfolg. Der VIa. Zivilsenat hat in beiden Verfahren auf die Revisionen der Kläger die Berufungsurteile insoweit aufgehoben, als die Berufungsgerichte einen Anspruch auf Schadensersatz auf der Grundlage des von den Klägern verauslagten Kaufpreises verneint und den Anträgen auf Feststellung des Annahmeverzugs nicht entsprochen haben, heißt es in der Pressemitteilung.

Einerseits hieß es, der Klägerin stehe nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs aus § 826 BGB kein Anspruch auf Restschadensersatz aus § 852 BGB zu, weil die Geschädigte schon vor Eintritt der Verjährung in der Lage gewesen sei, seinen Schadensersatzanspruch gerichtlich geltend zu machen, und es versäumt habe, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz Angaben zu dem von der Beklagten aus dem Verkauf des Fahrzeugs an den Händler erzielten Gewinn zu machen. Anderseits basierte die Abweisung des Anspruchs auf Gewährung von Restschadensersatz, weil die Vorschrift voraussetze, dass dem Geschädigten eine Rechtsverfolgung vor Verjährung des Anspruchs aus § 826 BGB erschwert oder unmöglich gewesen sei. Das sei nicht der Fall gewesen, weshalb der Schutzzweck des § 852 BGB zugunsten des Klägers nicht eröffnet worden sei.

Der Vorteil für geschädigte Verbraucher. Ein solcher Anspruch auf Restschadenersatz verjährt erst nach zehn Jahren. Die entsprechende Vorschrift soll verhindern, dass sich jemand durch unerlaubtes Handeln bereichert. Die Volkswagen AG könne dabei auch keine Herstellungskosten für die Autos abziehen, denn das Unternehmen habe sich „bösgläubig“ bereichert, wie es in Medienberichten laut Gericht heißt.

„Der VIa. Zivilsenat hat in beiden Verfahren auf die Revisionen der Kläger die Berufungsurteile insoweit aufgehoben, als die Berufungsgerichte einen Anspruch auf Schadensersatz auf der Grundlage des von den Klägern verauslagten Kaufpreises verneint und den Anträgen auf Feststellung des Annahmeverzugs nicht entsprochen haben. Das ist ein wegweisendes Urteil. Damit können eben auch dann Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden, wenn der Tatbestand der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung nach § 826 BGB wegen eingetretener Verjährung nicht mehr besteht“, führt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung aus.

Foto(s): Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH


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