Wäschelüften in der WEG-Anlage: Was ist erlaubt?

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Immer wieder kommt es in Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) zu Streitigkeiten über alltägliche Dinge des Zusammenlebens. Ein besonders häufiges Thema ist das Lüften von Wäsche am Fenster. Manche Eigentümer oder Mieter legen Bettwäsche oder andere Textilien zum Auslüften auf den Fenstersims. Andere empfinden das als störend oder unhygienisch.

Das Landgericht Karlsruhe hat mit Beschluss vom 4. Dezember 2023 (Az. 11 S 85/21) entschieden, dass das Auslegen von trockener Wäsche am geöffneten Fenster zum Zwecke des Lüftens keinen erheblichen Nachteil für andere Wohnungseigentümer darstellt. Solch ein Verhalten sei üblich, sozialadäquat und daher grundsätzlich zulässig.

Doch was bedeutet dieses Urteil für Wohnungseigentümer und Mieter? Gibt es Einschränkungen? Und was sagt die Hausordnung dazu?

Das Urteil im Detail: Wann ist Wäschelüften erlaubt?

Im vorliegenden Fall hatte sich ein Wohnungseigentümer darüber beschwert, dass sein Nachbar regelmäßig Bettwäsche zum Lüften auf den Fenstersims legte. Der Kläger argumentierte, dass sich dabei Haare oder Staub lösen und durch den Wind in seine Wohnung gelangen könnten. Außerdem sei dieses Verhalten unschön und beeinträchtige das Erscheinungsbild der Wohnanlage.

Das Landgericht Karlsruhe sah das jedoch anders. Es stellte fest, dass das Lüften trockener Wäsche auf dem Fenstersims keinen erheblichen Nachteil für andere Bewohner darstellt. Dies begründete das Gericht unter anderem mit folgenden Punkten:

  • Sozialadäquanz: Das Auslegen von Bettwäsche zum Lüften ist ein in vielen Haushalten üblicher Vorgang und gehört zum normalen Wohnverhalten.
  • Keine erhebliche Beeinträchtigung: Auch wenn sich gelegentlich Haare oder kleine Fasern lösen könnten, sei dies nur eine geringfügige Beeinträchtigung, die hingenommen werden müsse.
  • Kein Verstoß gegen die Hausordnung: Die Gemeinschaftsordnung der WEG untersagte das Aufhängen von Wäsche an Fenstern, nicht aber das bloße Auslegen. Das Verbot zielte auf feuchte Wäsche ab, da diese Wasserflecken an der Fassade hinterlassen oder auf darunterliegende Balkone tropfen könnte.

Die Beschwerde wurde daher zurückgewiesen.

Welche Regeln gelten in Wohnungseigentümergemeinschaften?

Grundsätzlich gilt in einer WEG, dass jeder Eigentümer sein Sondereigentum frei nutzen kann – solange er andere nicht über das übliche Maß hinaus beeinträchtigt. Das ergibt sich aus § 14 Abs. 2 WEG.

Beeinträchtigungen sind nur dann unzulässig, wenn sie:

  • das geordnete Zusammenleben in der Gemeinschaft erheblich stören,
  • den optischen Gesamteindruck des Gebäudes negativ beeinflussen,
  • zu hygienischen oder baulichen Problemen führen.

Nach diesen Maßstäben kann das Aufhängen nasser Wäsche außen an Fenstern oder Balkonen problematisch sein, weil es Wasserflecken verursacht. Das bloße Auslegen trockener Wäsche dagegen fällt nicht in diese Kategorie.

Eine WEG könnte ein generelles Verbot nur durch eine klare Regelung in der Gemeinschaftsordnung oder einen Beschluss der Eigentümerversammlung durchsetzen. In dem entschiedenen Fall lag eine solche Regelung jedoch nicht vor.

Was bedeutet das Urteil für Eigentümer und Mieter?

Für Bewohner von WEGs bedeutet dieses Urteil, dass sie ihre Bettwäsche oder Kleidung weiterhin zum Lüften auf den Fenstersims legen dürfen – solange es sich um trockene Textilien handelt und keine erhebliche Beeinträchtigung für andere entsteht.

Wer sich durch die Wäsche eines Nachbarn gestört fühlt, sollte zunächst versuchen, das Problem im Gespräch zu lösen. Eine rechtliche Handhabe besteht nur dann, wenn wirklich eine nachweisbare, erhebliche Beeinträchtigung vorliegt.

Für Eigentümergemeinschaften bedeutet das Urteil, dass sie in ihrer Gemeinschaftsordnung klar festlegen müssen, welche Formen der Wäschetrocknung oder -lüftung erlaubt sind und welche nicht. Ein pauschales Verbot ist jedoch nur zulässig, wenn eine erhebliche Beeinträchtigung nachweisbar ist.

Fazit: Wäschelüften am Fenster ist grundsätzlich erlaubt

Das Landgericht Karlsruhe hat mit seinem Urteil klargestellt, dass das Auslegen trockener Wäsche auf dem Fenstersims zum Zwecke des Lüftens kein erheblicher Nachteil für andere Bewohner darstellt. Solch ein Verhalten sei sozial üblich und müsse von anderen Eigentümern hingenommen werden.

Wer vermeiden möchte, dass Wäschefasern oder Haare durch den Wind verweht werden, kann darauf achten, die Textilien möglichst glatt und ohne überhängende Teile auszubreiten. Streitigkeiten lassen sich oft durch gegenseitige Rücksichtnahme und eine offene Kommunikation vermeiden.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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