Was ist eine Liquidation Preference?

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Zweck der Liquidation Preference

Im Gesellschaftsrecht gilt der Grundsatz, dass Gesellschafter (Gründer wie Investoren) gemäß ihren Gesellschaftsanteilen ("pro rata") an Dividenden und Verkauferlös beteiligt werden. 

Die Vereinbarung einer "Liquidation Preference" (abgekürzt Liq Pref) zwischen Gründern und Investoren durchbricht diesen Grundsatz: Der Investor will sein Investment schützen und verlangt, mindestens sein Investment zurückzubekommen, bevor die Gründer beteiligt werden. Hier bekommt der Investor bei einem Gesellschaftsverkauf ("Liquidation" des Investments. Gleiches gilt dann für die Insolvenzmasse auch bei Insolvenz des Targets) zuerst seine Investition zurück (daher "Preference"), die Gründer gehen zunächst leer aus. Erst nachdem der Investor sein Investment voll zurückerhalten hat, wird wieder gemäß den Anteilen/pro rata verteilt. Hier ist dann zu unterscheiden, ob es sich um eine anrechnbare oder nicht anrechenbare Liquidation Preference handelt: Bei der nicht anrechenbaren Liq Pref wird nach der Rückzahlung der Investitionssumme genau pro rata verteilt, d.h. es wird so getan, als hätte der Investor bisher kein Geld erhalten. Bei der anrechenbaren Liq Pref bekommt der Investor nach Rückführung seines Investment zunächst nichts, bis sein pro rata-Anteil am Verkaufserlös der bereits zurückgeführten Summe entspricht. Das wird meist so ausgedrückt: "Investor shall receive the higher of i) its investment amount; or ii) its pro rata share." Für den Gründer ist daher die Anrechenbarkeit die bessere Lösung.

Beispiele für anrechenbare und nicht anrechnbare Liquidation Preference

Zur Veranschaulichung ist ein Beispiel sinnvoll: Eine Firma ("Target") wird beim Investment mit € 1 Million bewerten. Der Investor bekommt 30% der Anteile für € 300.000, die Gründer behalten 70%.

Fall 1: Firmenverkauf mit Gewinn, pro rata

Wird keine Liquidation Preference vereinbart und die Firma für € 2 Millionen verkauft, bekommen die Gründer davon 70% = € 1,4 Millionen und die Investoren 30% = € 600.000. So weit, so einfach:

Fall 2: Firmenverkauf mit Gewinn, nicht anrechenbare Liq Pref

Wird dagegen eine nicht anrechenbarer Liq Pref vereinbart, bekommt der Investor zuerst € 300.000. Die verbleibenden € 1.700.000 werden pro rata verteilt, d.h. die Gründer bekommen 70% = € 1,19 Millionen und der Investor noch einmal € 510.000, zusammen mit dem Liq Pref also € 810.000. Das Verhältnis hat sich damit von 70/30 zu 59/41 verschoben:

Fall 3: Firmenverkauf mit Gewinn, anrechenbare Liq Pref

Wird dagegen bei einem Erlös von € 2 Millionen eine anrechenbare Liq Pref vereinbart (Fall 3), ändert sich nichts: Der Investor bekommt zwar zuerst seine Liq Pref, dann aber nichts mehr, bis sein pro rata-Anteil erreicht wird. Im Ergebnis ist hier der pro rata-Anteil der größere Anteil und hier bleibt es dabei. Fall 3 und Fall 1 unterscheiden sich also im Ergebnis nicht.

Fall 4: Down Round, pro rata

Allerdings kann es auch zu eine Verkauf des Targets unter dem vereinbarten Firmenwert kommen ("Down Round"). Nehmen wir hier € 500.000 an. Ohne Vereinbarung eines Liq Pref (Fall 4) bekommen die Gründer davon 70% = € 350.000 und die Investoren € 150.000. Es bleibt also bei 70/30 zu Gunsten der Gründer:

Fall 5: Down Round, nicht anrechenbare Liq Pref

Das böse Erwachen für die Gründer kommt allerdings, wenn hier ein Liq Pref vereinbart wurde. Bei einem nicht-anrechenbaren Liq Pref bekommen die Investoren zunächst € 300.000. Der Rest von € 200.000 wird pro rata aufgeteilt, also € 140.000 für die Gründer und € 60.000 für die Investoren, insgesamt also € 360.000 für die Investoren. Nun hat sich das Verhältnis auf 28/72 zugunsten der Investoren verschoben:

Fall 6: Down Round, anrechenbare Liq Pref

Etwas besser sieht es bei einem anrechnbaren Liq Pref aus: Der Investor bekommt vorab sein Investment von € 300.000, die Gründer bekommen die übrigen € 200.000. Hier ist das Verhältnis aber immer noch 40/60 zu Gunsten des Investors:

Fall 7: Down Round unter Investitionssumme mit Liq Pref

Fällt der Erlös unter € 300.000, bekommen die Gründer sowohl im Fall des anrechnbaren wie der nicht anrechnbaren Liq Pref nichts: Der Investor bekommt vorab bis zu € 300.000, danach ist nichts mehr zu verteilen übrig.

Verhandlungstaktik bei Liquidation Preference

Es ist in der Praxis nicht leicht, gegen eine Liq Pref zu argumentieren, und Investoren machen diese Bedingung häufig zu einem Deal Breaker: Falls das Investment schon keinen Gewinn ergibt, will der Investor wenigstens keinen Verlust machen. Einfacher ist es, über die Art und die Quote des Liq Pref zu diskutieren: Aus Gründersicht ist der anrechenbare Liq Pref klar vorteilhafter. Ferner können Gründer und Investoren z.B. vereinbaren, dass nur die Hälfte (oder ein anderer Anteil) der Investitionssumme vorrangig als Liq Pref zurückgeführt wird. So wird dem "Investment" der Gründer in Form des Aufbaus des Targets Rechnung getragen.

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Foto(s): @Dr. Martin Franz


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