Was sind Vorerbschaft und Nacherbschaft?

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Bestimmt ein Erblasser einen Erben oder folgt das Erbrecht der gesetzlichen Erbfolge, dann kann der Erblasser auf sein vererbtes Vermögen keinen großen Einfluss mehr nehmen, da der Erbe in der Regel mit dem Nachlass machen kann, was er möchte. Strebt der Erblasser jedoch an, über seinen Tod hinaus den Nachlass als wirtschaftliche Einheit zu erhalten oder auf das Schicksal seines Nachlasses Einfluss zu nehmen, dann bietet sich für den Erblasser das Konstrukt der Vor-und Nacherbschaft an. Denn so kann der Erblasser auch für die Zeit nach seinem Tode über Generationen hinweg weiter bestimmen, was mit seinem Nachlass geschehen soll.

1. Begriff der Vor-und Nacherbschaft

Der Erblasser kann einen Erben in der Weise einsetzen, dass dieser erst Erbe wird, nachdem zunächst ein anderer Erbe geworden ist, § 2100 BGB.

Verstirbt der Erblasser, wird zunächst der Vorerbe Erbe des Erblassers. Der Erblasser bestimmt den Eintritt eines Ereignisses oder Zeitpunktes, zu dem die Erbschaft an den Nacherben übergeht. Der Nacherbe ist also nicht bereits Erbe, wenn der Erblasser stirbt, sondern erst dann, wenn der vom Erblasser vorgegebene Zeitpunkt oder ein bestimmtes Ereignis eingetreten ist – oftmals der Tod des Vorerben. Der Nacherbe beerbt jedoch nicht den Vorerben, sondern ausschließlich den ursprünglichen Erblasser. Der Erblasser wird vom Vorerben und Nacherben nacheinander beerbt. Vorerbschaft und Nacherbschaft überschneiden sich in keinem Fall, Vorerbe und Nacherbe bilden auch keine Miterbengemeinschaft.

Eine Miterbengemeinschaft bei Vor-und Nacherbschaft kann nur dann bestehen, wenn der Erblasser mehrere Vorerben bzw. mehrere Nacherben eingesetzt hat.

Der Nacherbe erwirbt eine Anwartschaft auf das künftige Erbe, die veräußerlich, übertragbar und vom Nacherben auch weiter vererblich ist.

2. Absicherung des Nacherben

Das Gesetz hat Vorkehrungen dafür getroffen, dass der Vorerbe die Erbschaft nicht aushöhlt und somit der Nacherbe letztlich keinen werthaltigen Nachlass mehr erhält.

Der Vorerbe ist verpflichtet, die Erbschaft in ihrer Substanz zu erhalten. Erwirbt der Vorerbe etwas mit den Mitteln aus der vor Erbschaft, gehört der erworbene Gegenstand zu Erbschaft und wird bei Eintritt der Nacherbschaft auf den Nacherben übergehen.

Der Vorerbe ist zwar ein vollwertiger Erbe, er erhält auch einen Erbschein der ihn mit Hinweis auf die angeordnete Nacherbschaft und deren Bedingungen als Erben ausweist, hat aber auch das Recht über einzelne Nachlassgegenstände zu verfügen, allerdings darf der Vorerbe von seinem Verfügungsrecht über den Nachlass nur insoweit Gebrauch machen, als sich aus den in §§ 2113-2115 BGB normierten Verfügungsbeschränkungen zulasten des Vorerben nichts gegenteiliges ergibt. Danach dürfte der Vorerbe z. B. nicht über Nachlassimmobilien verfügen, diese also nicht verkaufen, verschenken, belasten etc., sofern der Erblasser ihn nicht von den Beschränkungen der §§ 2113-2115 BGB befreit hat. Der Erblasser hat es also selber in der Hand dafür zu sorgen, wie restriktiv die Vorerbschaft gestaltet werden soll.

Will der Erblasser dem Vorerben eine größere Freiheit im Umgang mit der Erbschaft einräumen, kann er ihn von bestimmten gesetzlichen Beschränkungen und Verpflichtungen befreien, der Vorerbe wird dann als sogenannter „befreiter Vorerbe“ bezeichnet.

3. Anordnung von Vor-und Nacherbschaft

Möchte der Erblasser von der Möglichkeit der Vor-und Nacherbschaft Gebrauch machen, muss er dies in seinem Testament anordnen, da von Gesetzes wegen bei gesetzlicher Erbfolge Vor-und Nacherbschaft nicht eintreten. Der Erblasser kann die Vor-und Nacherbschaft also in einem privatschriftlichen Testament anordnen oder auch in einem notariellen Testament.

4. Trotz der Vorerbschaft kann der Vorerbe ein eigenes Testament errichten

Errichtet der Vorerbe ein eigenes Testament, muss er hierbei beachten, dass er penibel zwischen den zwei Vermögensmassen unterscheidet, nämlich seinem eigenen Vermögen und dem Vermögen, das er in seiner Eigenschaft als Vorerbe von dem Erblasser geerbt hat. Ohne jede Einschränkung kann der Vorerbe über sein eigenes Privatvermögen für den Fall seines Todes verfügen, also entweder ein Testament errichten oder bestimmen, dass gesetzliche Erbfolge gelten soll. 

Über die vom Erblasser ererbte Vorerbschaft kann der Vorerbe für den Fall seines eigenen Todes keine Verfügung treffen, denn darüber hat bereits der ursprüngliche Erblasser mit der Anordnung der Vor-und Nacherbschaft verfügt.

Beachtet der Vorerbe bei der Errichtung seines eigenen Testaments nicht die strikte Trennung der beiden Vermögensmassen und verfügt er versehentlich über einen Gegenstand, der zur Vorerbschaft gehört, ist sein Testament in diesem Punkt unwirksam.

In Fragen der Vorerbschaft und Nacherbschaft stehe ich Ihnen als kompetente Ansprechpartnerin zur Verfügung. Bitte nehmen Sie per E-Mail oder telefonisch Kontakt mit mir auf. In einem persönlichen Besprechungstermin können wir das weitere Vorgehen in Ihrem Fall miteinander abstimmen.


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