Was tun, wenn das Jobcenter Geld zurückfordert?

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Wer Geld vom Jobcenter bezieht, ist in der Regel dankbar dafür, dass damit die Miete bezahlt werden kann, Lebensmittel eingekauft werden können etc. Doch neben den normalen Bewilligungsbescheiden und Änderungsbescheiden gibt es auch Schreiben „der anderen Art". Dann ist auf einmal von grober Fahrlässigkeit, Rechtswidrigkeit, Aufhebung, Erstattung, Aufrechnung etc. die Rede. Oft lässt dies den Bürger sprachlos zurück: Das Jobcenter wusste doch über alles Bescheid! Warum wollen die auf einmal Geld zurück?

Um eine Frage vorab zu beantworten: Ja, im Einzelfall darf das Jobcenter auch Geld zurückfordern. Allerdings: Hierbei müssen Die Jobcenter eine Vielzahl an Regeln beachten und es kommt häufig vor, dass Fehler gemacht werden. Im Einzelfall kann dies dazu führen, dass bezogenes Bürgergeld nicht erstattet werden muss, obwohl zu hohe Leistungen ausgezahlt wurden.


In welchen Fällen versuchen die Jobcenter Geld zurückzufordern?


Häufig ist es so: Es werden zunächst Leistungen bewilligt. Und dann geschieht etwas, was das Jobcenter nicht vorausgesehen hat. Zu denken dabei zum Beispiel an:

Sie haben einen neuen Job gefunden und bekommen ihren ersten Lohn

Sie arbeiten mehr Stunden oder der Lohn wird erhöht

Die Betriebskostenabrechnung Ihres Vermieters weist ein Guthaben aus

Dies sind dann Fälle des § 48 SGB X. Diese Vorschrift finden Sie auch im Internet. Sie wird schnell recht kompliziert vorkommen, wenn sie sich noch nicht ausgiebig mit Gesetzen beschäftigt haben. Grundsätzlich besagt dieser Paragraf aber nur, dass die Sozialleistungen angepasst werden sollen, wenn sich irgendetwas ändert.


Es kann natürlich auch vorkommen, dass das Jobcenter Ihnen von Anfang an zu viel Bürgergeld bewilligt hat. Dies ist dann ein Fall des § 45 SGB X. In einem solchen Fall ist es dann für das Jobcenter noch schwieriger, Leistungen von Ihnen zurückzufordern.


Ein Sonderfall sind Erstattungsforderungen des Jobcenters, wenn zuvor lediglich vorläufig (§ 41a SGB II) bewilligt war. Der Gesetzgeber geht in solchen Fällen aus, dass den Bürger nicht darauf vertrauen darf, dass er die vorläufig bewilligten Leistungen behalten darf. Doch auch hier machen die Jobcenter häufig Fehler.


Soviel zur Theorie … Aber was empfehle ich, wenn Sie einen entsprechenden Brief ihren Briefkasten vorfinden?

Zunächst einmal sollten Sie überprüfen, ob tatsächlich bereits ein „Bescheid“ oder lediglich eine „Anhörung“ vorliegt. Was ist der Unterschied zwischen beiden? Eine Anhörung erhalten Sie vor einem Bescheid. Das Jobcenter gibt Ihnen mit der Anhörung die Gelegenheit, sich zu der Frage zu äußern, ob Leistungen zurück gefördert werden können bzw. müssen. Hierzu ist das Jobcenter nach § 24 SGB X verpflichtet. Dies gilt nicht im Rahmen einer „abschließenden Festsetzung“. Gegen eine Anhörung kann man keinen Widerspruch einlegen. In der Regel wird wegen einer Anhörung durch die Amtsgerichte auch keine Beratungshilfe bewilligt. Viele Rechtsanwälte werden Ihnen daher keiner Beratung zu einer Anhörung anbieten. Dies ist aber auch nicht weiter schlimm. Denn sie müssen auf eine Anhörung nicht reagieren. Es entstehen Ihnen keinerlei Nachteile, wenn Sie die Anhörung ignorieren. Sie können einfach abwarten, ob tatsächlich ein Aufhebungs- und Erstattungsbescheid folgt.


Ein solcher  Bescheid enthält in der Regel eine „Rechtsbehelfsbelehrung“. Das bedeutet, dass Sie in dem Schreiben darauf hingewiesen werden, dass Sie Widerspruch einlegen können.


Und ein Widerspruch wird sich für Sie häufig lohnen. Oft müssen Sie nach einem erfolgreichen Widerspruchsverfahren gar nichts mehr zurückzahlen oder die Erstattungsforderungen wird reduziert. Wird der Erstattungsbescheid aufgehoben, dann ist natürlich auch eine Aufrechnung nicht mehr möglich.


Wie lege ich Widerspruch ein? Das wichtigste zuerst: Ein Widerspruch mit einer normalen E-Mail ist bislang leider nicht möglich. Davon abgesehen dass inzwischen eine Vielzahl von Möglichkeiten, einen Widerspruch einzulegen. Sie können zum Beispiel einen Brief schreiben, ein Fax schicken oder das Jobcenter hierzu aufsuchen.


Brauche ich für die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens einen Rechtsanwalt? Nein, Sie können natürlich selbst Widerspruch einlegen. Häufig wird ein solcher Widerspruch auch Erfolg haben. Aber: Vier Augen sehen mehr als zwei. Ein Rechtsanwalt hat natürlich einen ganz anderen Blick auf einen solchen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid. Er hat schon zahlreiche derartige Bescheide gesehen und kann schnell einschätzen, ob ein Widerspruch Erfolg hat. Sie können natürlich auch erst nach der Durchführung des Widerspruchsverfahrens einen Rechtsanwalt aufsuchen. Da es jedoch auch für einen Rechtsanwalt einfacher ist, Korrekturen bereits in Widerspruchsverfahren durchzusetzen, werden Ihnen viele Rechtsanwälte keine Beratung anbieten, wenn das Widerspruchsverfahren schon durchgeführt wurde.


Ist die Beratung und Vertretung durch einen Rechtsanwalt denn nicht viel zu teuer für mich? In den meisten Bundesländern haben Sie Anspruch auf Beratungshilfe, wenn Sie Bürgergeld beziehen. Viele Rechtsanwälte bieten Ihnen auf der Grundlage von Beratungshilfe eine kostenlose Beratung und Vertretung bei Problemen mit dem Jobcenter an.


Was kann ich noch tun?

Theoretisch haben die Jobcenter mit § 44 SGB II die Möglichkeit, Forderungen zu erlassen, wenn der Bürger das beantragt. Von dieser Möglichkeit wird leider nur sehr selten Gebrauch gemacht. Sie sollten sich aber nicht davon abschrecken lassen, sondern einen Antrag auf Erlass der Forderungen stellen.

Foto(s): RA RAMBECK

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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