Wenn das Kind von einem anderen Mann ist - ein rechtlicher Leitfaden für Scheinväter

  • 4 Minuten Lesezeit


Es kommt tatsächlich häufiger vor, als man es zunächst denken würde: Man zieht als Paar gemeinsam Kinder groß und dann nach Jahren der Schock - ein anderer Mann ist der biologische Vater des Nachwuchses. 

Unabhängig von den emotionalen Herausforderungen stellt sich für den sog. Scheinvater (=der rechtliche, aber nicht biologische Vater des Kindes) die Frage, welche rechtlichen Folgen die Tatsache hat, dass ein anderer Mann Erzeuger des Kindes ist. 

Da die Thematik „rechtliche und biologische Vaterschaft“  juristisch umfangreich und komplex ist, soll der folgende Beitrag lediglich einen kurzen Überblick über die Rechtslage geben, die entsteht, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass rechtliche und biologische Vaterschaft auseinander fallen. 

Wann gilt man als Vater eines Kindes im Rechtssinne?

Der Erzeuger des Kindes ist nicht zwangsläufig auch in rechtlicher Hinsicht Vater - vielmehr unterscheidet das deutsche Abstammungsrecht zwischen der biologischen und rechtlichen Vaterschaft.

Eine rechtliche Vaterschaft nach §1592 BGB besteht erst (und nur) dann, wenn 

  • der Vater zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes mit der Mutter verheiratet ist
  • die Vaterschaft anerkannt hat oder
  • die Vaterschaft durch ein gerichtliches Verfahren festgestellt worden ist 

Am häufigsten in der Praxis sind dabei die ersten beiden Varianten; wobei die Anerkennung der Vaterschaft regelmäßig durch Unterzeichnung der entsprechenden Erklärungen vor Geburt des Kindes beim Jugendamt  erfolgt. 

Für welche Lebensbereiche ist die rechtliche Vaterschaft von Bedeutung?

Durch die rechtliche Vaterschaft entsteht zwischen Vater und Kind ein Verwandtschaftsverhältnis im Rechtssinne, welches weitreichende Folgen für etliche Rechtsgebiete entfaltet. 

So unter anderem: 

  • Familienrecht (vor allem Entstehen einer Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber dem Kind) 
  • Ausländerrecht (ist die Mutter des Kindes etwa Ausländerin und der Vater Deutscher, so erhält das Kind auch die deutsche Staatsangehörigkeit)
  • Strafrecht (Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 StPO) 
  • Erbrecht (etwa gesetzliches Pflichtteilsrecht des Kindes) 
  • Sozialrecht (beispielsweise Anspruch auf Mitversicherung des Kindes in der Krankenkasse des Vaters) 

Lässt sich die rechtliche Vaterschaft beenden und wenn ja, wie? 

Findet der Scheinvater heraus, dass das Kind biologisch nicht von ihm abstammt, so ändert sich in rechtlicher Hinsicht zunächst einmal gar nichts. 

Viele Scheinväter wollen dies auch gar nicht - haben sie doch eine emotionale Bindung zu dem Kind aufgebaut und lieben es wie „ihr eigenes“. 

Theoretisch gibt es jedoch die Möglichkeit, die bestehende rechtliche Vaterschaft in einem speziellen Verfahren anzufechten und zu "beseitigen". 

Dabei gilt es eine 2-Jahres-Frist zu beachten, bei welcher der Fristbeginn auf den Zeitpunkt der Kenntnis der Umstände, die zur Anfechtung berechtigten, fällt - dieser dürfte regelmäßig der Erhalt eines negativen Vaterschaftstests sein. 

Wird diese Frist versäumt, gibt es keine Möglichkeit mehr, die rechtliche Vaterschaft zu beseitigen!

Welche Folgen hat eine erfolgreiche Vaterschaftsanfechtung?

Hat die Vaterschaftsanfechtung Erfolg, so wird die rechtliche Vaterschaft beseitigt; die Verwandtschaftsbeziehung zum Kind erlischt mit sofortiger Wirkung und sämtliche Rechte und Pflichten des Scheinvaters entfallen. 

Folglich besteht etwa auch kein Sorgerecht mehr für das Kind, das Erbrecht und alle weiteren, oben aufgelisteten rechtlichen Aspekte werden beeinflusst. 

Man sollte sich daher genauestens überlegen, ob man die rechtliche Vaterschaft wirklich anfechten möchte und sollte sich vorab dringend umfassend anwaltlich beraten lassen!  

Welche Risiken können bei einer Vaterschaftsanfechtung bestehen? 

Mag die Enttäuschung gegenüber der Kindsmutter gerechtfertigt sein, so dürfte eine Vaterschaftsanfechtung - je nach Konstellation - nicht immer auch im Wohle des Kindes sein. 

Häufig möchte der Scheinvater keine Änderung der Rechtslage herbeiführen,  etwa bei bestehender enger Bindung zum Kind oder bei fehlendem Nutzen einer Anfechtung - etwa wenn der biologische Vater des Kindes gar nicht bekannt ist. 

Theoretisch kann allerdings auch die Mutter die bestehende rechtliche Vaterschaft (gegen den Willen des Scheinvaters) anfechten - mit den gleichen rechtlichen Konsequenzen; dessen sollte man sich bewusst sein. 

Ob dies allerdings realistischerweise zu befürchten ist, muss anhand des konkreten Einzelfalls und der Beziehung der Eltern zueinander ausgelotet werden. 


Stellt ein Scheinvater fest, dass er nicht der biologische Vater des Kindes ist, so beginnt oft eine emotionale Zeit mit vielen Fragen. 

Eine Anfechtung der Vaterschaft sollte aufgrund der weitreichenden rechtlichen Folgen wohl überlegt sein; doch auch andere Aspekte können für den Scheinvater von Bedeutung sein: Kann bereits geleisteter Unterhalt vom biologischen Vater zurückgefordert werden? Muss die Kindsmutter offenbaren, wer der biologische Vater ist? Ergeben sich Besonderheiten im Hinblick auf ein mögliches Scheidungsverfahren? 

Da die Beantwortung dieser Fragen den Rahmen dieses Beitrags sprengen würde, kann an dieser Stelle nur der abschließende Rat erteilt werden, sich bei Bedarf umfassend von einer Fachanwältin oder einem Fachanwalt für Familienrecht beraten zu lassen. 




Foto(s): https://pixabay.com/de/photos/vater-tochter-strand-familie-vati-656734/

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Corinna Jung LL.M.

Beiträge zum Thema