Hochzeitskorso = Verkehrsstraftat + Verstoß gegen das Waffengesetz?

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Der für viele Paare schönste Tag des Lebens gehört gebührend gefeiert. Aber nicht immer bleibt es bei einer religiösen Zeremonie mit ausgelassener Feier im Anschluss. 

Häufig wird nämlich die Fahrt vom einen zum anderen Ort vom Hochzeitspaar und seinen Gästen mit Extra-Runden in den jeweiligen Fahrzeugen verbunden, die durch Anhängsel an den Antennen und/oder angebrachte Landesflaggen die Verbindung mit dem gleichen Anlass zeigen. 

Ausgiebige und anhaltende Hup-Signale verstoßen zwar gegen die Straßenverkehrsordnung und könnten prinzipiell wegen Missbräuchlichkeit mit kleineren Verwarnungsgeldern belegt werden, werden aber meist von den Ordnungshütern geduldet. 

Wenn aber gefährliche Fahrmanöver mit Spurwechseln oder Ausbremsen anderer, das Stilllegen ganzer Fahrbahnabschnitte oder gar Schüsse in die Luft hinzukommen, hört für die Verfolgungsbehörden der Spaß endgültig auf.

Letztmalig geschehen ist dies im Stadtgebiet von Aschaffenburg am 08.02.2019. Eine Kolonne aus rund 15 mit türkischen Landesflaggen geschmückten Fahrzeugen mit amtlichen Kennzeichen aus Aschaffenburg (AB), Darmstadt (DA) und Gelnhausen (GN) war an der Anschlussstelle Hösbach auf die BAB 3 in Richtung Frankfurt am Main aufgefahren und bis zur Anschlussstelle Aschaffenburg-Ost gefahren. 

In der Einhausung bei Hösbach wurden die Fahrzeuge verlangsamt, führten riskante Bremsmanöver durch und fuhren hierbei nebeneinander. Zudem wurden mehrere Schüsse aus einer Schreckschusspistole abgegeben. Diese wurde ebenso sichergestellt wie auch ein Schlagring.

Davor kam es schon häufig zu ähnlichen Geschehnissen:

Am 04.11.2017 hatte ein türkischer Hochzeitskonvoi in der Stuttgarter Innenstadt für einige Aufregung gesorgt, indem die etwa 30 Fahrzeuge immer wieder heftig abgebremst und beschleunigt wurden. Gekrönt wurde dies durch einen 19-jährigen, der in der Theodor-Heuss-Straße mit einer Schreckschusswaffe in die Luft gefeuert hatte.

In Lübeck wiederum war am 24.03.2018 ein aus 26 Fahrzeugen bestehender Konvoi einer türkischen Hochzeitsgesellschaft auf der BAB 226 aus dem Ruder gelaufen. Zunächst wurden aus den Autos Schüsse abgegeben und später stellte sich ein Fahrzeug quer und blockierte die Fahrbahn. Sechs Pistolen wurden vom Großaufgebot der Polizei sichergestellt.

Ein Vierteljahr später, am 24.06.2018, fielen auf der BAB 66 bei Wiesbaden einzelne Personen eines Hochzeitskorsos auf, weil sie Fahnen schwenkend aus den Fenstern fahrender Fahrzeuge heraushingen und teilweise in diesen stehend mitfuhren. 

Deren Fahrer bremsten immer wieder scharf ab und gefährdeten damit andere Verkehrsteilnehmer. Beteiligt waren insgesamt 13 Fahrzeuge, die in Erbenheim auf die B455 gefahren waren und von dort auf die Berliner Straße.

In solchen Fällen drohen den Feiernden Strafanzeigen zumindest wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr (§ 315b StGB), Straßenverkehrsgefährdung (§ 315c StGB), Nötigung im Straßenverkehr (§ 240 StGB) und Verstoßes gegen das Waffengesetz.

Selbst bei bislang gänzlich unauffälligem Vorleben sind empfindliche Geldstrafen zu erwarten und häufig drohen mobilitätseinschränkende Maßnahmen (Fahrverbot oder Entziehung der Fahrerlaubnis).

Hinzu kommen häufig sogenannte Rotlichtverstöße: Nachdem ein Hochzeits-Konvoi nicht als „geschlossener Verband“ im Sinne des Straßenverkehrsrechts gilt, müssen nachfolgende Fahrer natürlich an einer roten Ampel anhalten, auch wenn sie damit den Anschluss an voranfahrende Fahrzeuge verlieren. 

Tun sie es nicht, drohen Geldbußen, Punkte in Flensburg und ab einer Sekunde Rotlichtdauer auch ein Fahrverbot von mindestens einmonatiger Dauer.

Tabu sein muss freilich auch das aktive Steuern eines Fahrzeugs nach zu viel Sekt oder Champagner, resultiert doch daraus wiederum – je nach Ausmaß – die Gefahr einer bußgeldrechtlich oder gar strafrechtlich relevanten Trunkenheitsfahrt, die ebenfalls zu Eintragungen im Fahreignungsregister, zu einem temporären Fahrverbot oder gar zur Entziehung der Fahrerlaubnis führen kann.

Wer also als Teil eines Hochzeitskonvoi oder auch eines sonstigen Feierkorso beispielsweise im Rahmen einer Fußball-Meisterschaft von der Polizei angehalten wird, sollte sich unbedingt und kurzfristig an einen anwaltlichen Verteidiger wenden, der für ihn Einsicht in die Ermittlungsakte nimmt und die Weichen für ein fair geführtes Strafverfahren stellt.

Die strafrechtlichen Beiträge, die der Einzelne bei derartigen Ereignissen leistet, können sich von jenen anderer ganz erheblich unterscheiden. Häufig fällt es den Ermittlungsbehörden schwer, den erforderlichen Nachweis dafür zu erbringen, wer genau was gemacht hat. 

Beschuldigte tun daher gut daran, von Beginn an, das heißt schon im Zusammenhang mit der ersten Anhörung durch die Polizei, in vollem Umfang von ihrem Schweigerecht Gebrauch zu machen.

Dr. Sven Hufnagel

Rechtsanwalt

Dr. jur. Sven Hufnagel hat sich auf die Verteidigung in Bußgeld- und Verkehrsstrafsachen spezialisiert. 

In der „Anwaltsliste“ des Magazins „Focus“ wurde 2015, 2016, 2017 und 2018 durchgehend als „Top-Anwalt für Verkehrsrecht“ aufgeführt.

Weitere Informationen: www.anwalt-strafrecht.com


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