Vertrieb in Frankreich: Wer ist Handelsvertreter nach französischem Recht?

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Der Vertrieb mittels Handelsvertreter bietet sich immer dann an, wenn eine schlanke Vertriebsstruktur gewünscht ist: der Handelsvertreter schafft bzw. erweitert während seiner Tätigkeit die Kundschaft des Unternehmers. Dieser eigene Kundenstamm ermöglicht es dem Unternehmer am Ende des Handelsvertretervertrags den Vertrieb ggf. anderweitig fortzuführen (Eigenvertrieb, Händlervertrag).


Das gilt auch (und vielleicht erst recht) im internationalen Vertrieb und also auch für den Handel zwischen Deutschland und Frankreich.


Welche rechtlichen Anforderungen stellt nun das französische Recht an einen Handelsvertreter?


Wie im Folgenden zu sehen sein wird, bestehen insofern keine wesentlichen Unterschiede zum deutschen Recht. Allerdings war das bis vor kurzem noch ganz anders, da die französische Rechtsprechung den französischen Begriff „verhandeln“ anders interpretierte als den deutschen Begriff „vermitteln“. Es lohnt sich daher, sich den Handelsvertreter, der französischem Recht unterliegt, genauer anzusehen:


Nach französischem Recht ist Handelsvertreter ist, wer

  • Im Rahmen eines Auftrags: der Handelsvertreter führt nach französischen Verständnis einen Auftrag im „gemeinsamen Interesse“ aus, d.h., Unternehmer und Handelsvertreter verfolgen das gemeinsame Ziel, den Kundenstamm im beiderseitigen Interesse zu entwickeln.
  • als Selbständiger: der Handelsvertreter ist kein Arbeitnehmer. Hierzu muss man wissen, dass das französische Arbeitsrecht auch den sog. „VRP“ kennt, der eine dem Handelsvertreter vergleichbare Tätigkeit ausübt, aber Arbeitnehmer ist.
  • dauerhaft: der Handelsvertreter wird auf Dauer beauftragt, das ihm anvertraute Gebiet bzw. die Personengruppe für den Unternehmer zu entwickeln. Das bedeutet insb., die erforderlichen Beziehungen zu potentiellen Kunden aufzubauen, Informationen weiterzuleiten etc.
  • im Namen und auf Rechnung des Unternehmers: Der Handelsvertreter handelt nicht im eigenen Namen, sondern vertritt den Unternehmer, was ihn insb. vom Eigenhändler unterscheidet, der die Ware vom Unternehmer einkauft und im eigenen Namen verkauft.
  • Verträge verhandelt (oder ggf. abschließt): Wie bereits angesprochen, „verhandelt“ der französische Handelsvertreter Verträge im Gegensatz zum deutschen Handelsvertreter, der Geschäfte „vermittelt“. Eigentlich sollte diese sprachliche Differenz zu keiner unterschiedlichen Bewertung führen, da der Handelsvertreter in beiden Ländern die Aufgabe hat, einen Kundenstamm zu entwickeln. Gleichwohl war nach Ansicht der französischen Rechtsprechung Langezeit nur derjenige Handelsvertreter, der vertraglich/tatsächlich über die Möglichkeit verfügte, mit den Kunden die Vertragsbedingungen (insb. den Kaufpreis) zu „verhandeln“. Seit einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, der sich die französische Rechtsprechung angeschlossen hat, gilt nun aber auch in Frankreich, dass die Auftragsvermittlung völlig ausreichend ist, der Handelsvertreter muss also nicht zusätzlich die Aufträge „verhandeln“.

Diese Rechtsprechungsänderung ist von großer Bedeutung, da es nun nicht mehr möglich ist, dem Handelsvertreter mittels Vertragsgestaltung (nämlich durch das Verbot zu „verhandeln“) seinen Schadensersatzanspruch bei Vertragsende vorzuenthalten. Da das französische Recht dem Handelsvertreter eine sehr großzügige Entschädigung bei Vertragsende zuspricht, kann die Bedeutung dieser neuen Rechtsprechung nicht hoch genug eingeschätzt werden (s. mein Rechtstipp „Handelsvertreter in Frankreich: Ausgleichsanspruch oder Schadensersatz?“).


Die richtigen Entscheidungen bei der Wahl und Ausgestaltung der Vertriebsstruktur zu treffen ist nicht immer einfach. Um auf der sicheren Seite zu sein, empfiehlt es sich, kompetenten Rat einzuholen, wenden Sie sich gerne an mich.



Dr. Carsten HEISIG

Rechtsanwalt

Barreau de Munich/Allemagne

Inscrit au Barreau de Paris (dir. 98/5/CE)

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