„Wer mit einer guten Onlinepräsenz hervorsticht, begeistert potenzielle Mandanten für sich“

  • 8 Minuten Lesezeit
Fiona Pröll anwalt.de-Redaktion
Rechtsanwalt Christian Solmecke: „Wer mit einer guten Onlinepräsenz hervorsticht, begeistert potenzielle Mandanten für sich“

Über 625.000 YouTube-Abonnenten und fast 1000 Rechtstipps auf anwalt.de: Rechtsanwalt Christian Solmecke, Gesellschafter bei WBS, betreibt Kanzleimarketing par excellence. Wie die COVID-19-Pandemie der Onlinekommunikation einen Schub verleiht, warum durch Clips die Bindung der Mandanten wächst und welche Rolle seine Füße bei der Videoproduktion spielen, erzählt er im Interview.

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Gutes Kanzleimarketing – worauf kommt es dabei an?

Für mich beginnt gutes Kanzleimarketing mit dem Aufsetzen der entsprechenden Messinstrumente. Viele Anwälte sagen sich: In diesem Monat stecke ich einmal 200 Euro in Google AdWords. Sie erhoffen sich so neue Mandate, können das aber nicht messen. Mit größter Wahrscheinlichkeit werden diese 200 Euro ohne einen Effekt verpuffen.

Aus diesem Grund beginnt jede Marketingmaßnahme bei mir mit der Frage: Wie kann ich das messen? Wir haben zum Beispiel bei uns in der Kanzlei 10.000 unterschiedliche Telefonnummern gebucht. Jeder Besucher unserer Website bekommt eine eigene Telefonnummer angezeigt. So können wir sehr genau überwachen, ob eine Marketingausgabe zu einem Telefonanruf geführt hat oder nicht.

Die Möglichkeiten, Erfolge zu überwachen, sind wirklich vielfältig. Es muss sich jeder Anwalt im Vorfeld damit beschäftigen.

Wie viel Energie sollten Anwälte Ihrer Einschätzung nach in ihr Kanzleimarketing investieren?

Früher reichte es, ein möglichst großes Schild an die Hausfassade zu montieren. Solche Marketingmaßnahmen sind heute passé.

Wer einen Anwalt sucht, bedient sich Google. Umgekehrt bedeutet das: Wer da gefunden werden will, muss sich auch auf das Onlinemarketing konzentrieren.

Hat man andere Kanäle, um an gute Mandate zu gelangen (Golfclub, Tennisclub, Freunde, Vereine), benötigt man das Onlinemarketing möglicherweise nur als Beimischung. Bei uns ist die Akquise über digitale Medien jedenfalls eines der zentralen Marketingelemente.

Welche Rolle spielt in Ihren Augen eine Onlinepräsenz, um neue Mandanten zu gewinnen?

Nach wie vor ist die eigene Website das Aushängeschild einer Kanzlei. Und hier ist der erste Eindruck entscheidend: Wenige Sekunden bleiben, um den Mandanten von der eigenen Kompetenz zu überzeugen. Findet sich der potenzielle Mandant auf der Onlinepräsenz des Anwalts nicht schnell genug zurecht oder spricht ihn diese nicht an, wird er weiterziehen.

Die Welt ist voll von Anwälten. Allein in Deutschland gibt es über 60.000 Kanzleien. Wer hier mit einer guten Onlinepräsenz aus der Masse hervorsticht, wird potenzielle Mandanten für sich begeistern.

Wie sind Sie auf anwalt.de gekommen?

Wir waren schon früh Kunden bei anwalt.de. Damals wurden wir bei Google noch nicht so gut gefunden und suchten nach Möglichkeiten, unsere Präsenz zu steigern. anwalt.de hat uns dabei geholfen.

Welche Funktionen auf anwalt.de nutzen Sie? 

Wir haben ein eigenes Profil auf anwalt.de, um schnell von potenziellen Mandanten gefunden zu werden. Im Wesentlichen nutzen wir anwalt.de, um Texte auch noch auf einer weiteren Plattform zu veröffentlichen.  

Durch die COVID-19-Pandemie ist die Bedeutung von Onlinekommunikation im Kanzleialltag sprunghaft gestiegen. Wird die digitale Kommunikation diesen Stellenwert beibehalten?

Schon vor der Pandemie haben wir als IT-Kanzlei digital mit unseren Mandanten kommuniziert. Aktuell erfolgt die Kommunikation ausschließlich online. Ich gehe davon aus, dass Videokonferenzen auch bei Anwälten in der Mandatsziehung bald zum Alltag gehören werden.

Erste Schritte zur Digitalisierung haben wir übrigens nicht nur bereits vor 16 Jahren mit unserem Onlinemarketing geleistet. Auch die digitale und automatisierte Bearbeitung des Anwaltsgeschäfts hat bei uns einen hohen Stellenwert.

Schon vor zehn Jahren haben wir Programmierer engagiert, um eine eigene Kanzleisoftware zu entwickeln. Diese bieten wir seit Juli mit der Legalvisio GmbH auf Legalvisio.de allen Anwälten in Deutschland an. Die Pandemie hat dazu geführt, dass die Nachfrage nach unserer ersten komplett cloudbasierten Kanzleisoftware rasant gestiegen ist. Mittlerweile arbeiten bereits 40 Kanzleien mit unserer Software – voll digital!

Ein Social-Media-Auftritt der Kanzlei: Must-have oder Nice-to-have?

Ob man als Kanzlei einen Social-Media-Auftritt haben muss, sollte jeder Anwalt für sich selbst entscheiden. Für uns als Kanzlei, die sich auf das Internetrecht spezialisiert hat, war die Entscheidung klar: Unsere Mandanten erwarten einen solchen Auftritt.

Ist man jedoch Spezialist im Erbrecht, weiß ich nicht, ob ein Facebook-Profil zwingende Voraussetzung für den Erfolg ist. Während ich eine gut gepflegte Internetseite mit aktuellen Beiträgen als Must-have ansehen würde, sehe ich das beim Social-Media-Auftritt etwas differenzierter.

Sie sind mit Ihren Rechtstipps-Clips auf YouTube überaus erfolgreich und haben dort mehr als 625.000 Follower. Verraten Sie uns Ihr Geheimrezept?

Ein echtes Geheimrezept gibt es hier nicht. Wir haben bereits vor zehn Jahren mit der Produktion von YouTube-Videos begonnen. Damals wurden wir dafür ausgelacht und von anderen Kollegen verklagt. Letztlich hat Beharrlichkeit zum Erfolg geführt.

Aktuell senden wir auf unserem Kanal www.WBS-law.tv, der mittlerweile der größte Rechtskanal in Europa geworden ist, jeden Tag ein neues juristisches Video. Das hat mittlerweile zu mehr als 15.000 Mandaten geführt. Wenn man so will, ist YouTube für uns zu einem Multi-Millionen-Dollar-Geschäft geworden.

Letztlich funktioniert das nur, wenn man YouTube auch mit Leidenschaft macht. Ich selbst war zehn Jahre Nachrichtensprecher von WDR 2 und habe jahrelang für verschiedene Zeitungen geschrieben; die Medien liegen mir also letztlich im Blut. Da lag es nahe, sich vor zehn Jahren auch schon auf YouTube auszutoben.

Wie gehen Sie ans Werk, wenn Sie einen neuen Clip erstellen?

Unsere YouTube-Produktion folgt immer einem klar definierten Muster. Die ganze Woche über sammeln alle Mitarbeiter in einem Slackkanal Themen für neue Videos.

Montags um 11.00 Uhr ist Redaktionskonferenz. Dann bespreche ich mich mit meinen beiden Pressereferenten und mit meiner Community-Managerin. Wir entscheiden, welche sieben Themen in der kommenden Woche bei YouTube gesendet werden sollen.

Meine beiden Pressereferenten – beides Anwälte, die Vollzeit diese Content-Themen bei uns betreuen – arbeiten die Skripte bis zum nächsten Freitagabend aus. Ein Produktionsskript umfasst etwa 40 Seiten.

Ich bearbeite diese Seiten immer sonntagmorgens, bevor meine Familie aufsteht. Wie im Studium streiche ich mir die wichtigsten Passagen an und lerne so den Text auswendig. Dienstags ist dann Produktionstag. Hier begebe ich mich in unser Selbstfahrerstudio und produziere die sieben Videos innerhalb von vier Stunden komplett allein.

Das Besondere daran ist, dass ich die beiden Kameraperspektiven in Echtzeit mit den Füßen schneide. Das hat zwar einiges an Übung gekostet, bringt uns jetzt allerdings viel Geschwindigkeit in der Produktion der Videos.

Was ist der größte Unterschied zwischen einem Rechtstipp in Textform und einem Rechtstipp-Video?

Videos erzeugen natürlich viel mehr Emotionen und die Bindung zum Anwalt wird enorm verstärkt. Natürlich ist die Produktion eines Videos auch viel aufwendiger, dafür sticht man jedoch auch aus der Masse hervor. Bislang sind nur wenige Anwälte auf YouTube vertreten, sodass hier noch großes Potenzial herrscht.

Ein Text hat natürlich den Vorteil, dass er bei Google besser gefunden werden kann. Insofern lässt sich gar nicht sagen, ob ein Video zwingend immer besser als ein Text sein muss. Ich versuche beides miteinander zu kombinieren und in unsere Onlinetexte auch Videos einzubauen.

Warum sind Sie Anwalt geworden?

Eigentlich wollte ich Journalist werden. Zum Zeitpunkt meines Studienbeginns benötigte man dafür allerdings einen Abiturnotenschnitt von 1,0. Da man Jura nicht in der Schule lernt, war ich neugierig und dachte mir, dass man auch mit einem Jurastudium später noch in den Journalismus einsteigen kann.

Letztlich prägte mich mein Auslandsstudium im belgischen Leuven (Spezialisierung im IT-Recht) sowie ein Internet-Law-Programm an der Harvard Law School. Danach war mir klar: Jetzt will ich auch als Anwalt arbeiten!

Erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Fall vor Gericht?

In den ersten drei Jahren meiner Tätigkeit war ich als Feld-Wald-und-Wiesen-Anwalt unterwegs. Ich habe mich um Mietsachen gekümmert, Scheidungen betreut und Testamente aufgesetzt. Das war ziemlich hart und ich habe oft bis 1.00 oder 2.00 Uhr morgens gearbeitet.

Bei meinem allerersten Fall muss es sich meiner Erinnerung nach um eine Mietsache gehandelt haben. Dass mein Herz beim ersten Auftritt vor Gericht klopfte, kann ich aber mit Sicherheit bestätigen.

Wie wird die Arbeit eines Anwalts in zehn Jahren aussehen? Verändert Legal-Tech den Arbeitsalltag von Anwälten?

In zehn Jahren wird die Arbeit eines Anwalts jedenfalls wesentlich digitaler aussehen als heute. Wir erleben jetzt schon, dass wir mit unserer eigenen Kanzleisoftware Legalvisio.de Schriftsätze etwa doppelt so schnell erstellen wie zuvor. Viele Teile des anwaltlichen Berufslebens haben wir automatisiert. Die Kanzleisoftware wird in meinen Augen für Anwälte der Schlüssel zum Erfolg sein.

Eine gute cloudbasierte Kanzleimanagement-Software wird in zehn Jahren quasi das Schweizer Taschenmesser für den Anwalt sein, das er auf seinem Smartphone mitführt.

Gerichtstermine wird es weiterhin geben, nur wird das Protokoll des Termins unmittelbar nach der Verhandlung direkt in das Mobilfunkgerät diktiert und Verfügungen werden vom Computer in Echtzeit ausgeführt.

Über eine Webakte hat der Anwalt jederzeit Zugriff auf seine Akten und auf gegnerische Schriftsätze, der Computer selbst erstellt Erwiderungsvorschläge. In einigen Teilbereichen haben wir diese Vision mit unserer Kanzleisoftware Legalvisio bereits realisiert. In den nächsten Jahren werden wir hart daran arbeiten, die Digitalisierung für alle Anwälte weiter voranzutreiben.

Vor wenigen Wochen wurde die Ladenkette H&M mit einem Bußgeld in der Rekordhöhe von 35 Millionen Euro belegt, weil sie Mitarbeiter ausgespäht haben soll. Wurde hier ein Exempel statuiert?

Das Bußgeld ist ja noch relativ gering, wenn man sich die Bußgelder anschaut, die in Frankreich gegen Google verhängt worden sind. Es ist schon ganz in Ordnung, dass in Europa der Schutz unserer Daten großgeschrieben wird.

Schade ist natürlich, dass damit an manchen Stellen noch ein Wettbewerbsnachteil verbunden ist. Amerikanische Unternehmen, die sich aktuell weniger an den Datenschutz halten, wachsen nachweislich schneller als beispielsweise deutsche Start-ups.

Anderseits können unsere erlernten hohen Datenschutzstandards auch schon bald zum Exportschlager werden. Erste Ansätze in Kalifornien zeigen: So verkehrt liegen wir mit unserem Datenschutzrecht in Europa nicht.

Und letztlich muss man sagen: Die Umsetzung der Regeln ist in den meisten Fällen auch machbar. Ich schaue jedenfalls zuversichtlich in die digitale Zukunft.

anwalt.de zeigt, wie mit Kanzleimarketing der perfekte Außenauftritt gelingt – und worauf es bei effektiver Mandantenbindung, Auffindbarkeit und Profilierung ankommtMehr über Deutschlands große Anwaltsplattform erfahren Sie in anwalt.de im Überblick.

(FPR; ZGRA)

Foto(s): ©Christian Solmecke

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