Wie suche ich mir den richtigen Anwalt aus?

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Wie wähle ich den besten Strafverteidiger (Pflichtverteidiger oder Wahlverteidiger) aus? Könnte mich auch eine weibliche Anwältin/Strafverteidigerin in einem Sexualstrafverfahren verteidigen? Was sagen Bewertungen von Anwälten aus? Wieso meldet sich mein Anwalt so selten?

Diesen und anderen Fragen gehen wir auf den Grund.


Die Auswahl des richtigen Anwalts oder der richtigen Anwältin kann überfordern. Ist man in dieser Situation, hat man in der Regel auch ein konkretes Anliegen, welches einen bereits Einiges abverlangt. Jetzt noch die richtige Wahl des Helfenden zu treffen, kann oftmals viel Druck und Unsicherheiten auslösen. 

Sind Sie in dieser Situation, nehmen Sie sich bitte ein paar Minuten mehr Zeit, da Sie durch die Wahl eines Anwaltes eine Vertrauensperson wählen. Mit dieser Person verbringen Sie je nach Situation auch einiges an belastender Zeit zusammen. Diese Person soll für Sie kämpfen und für Sie da sein.

Um Ihnen vorweg etwas Mut zu machen: in dieser Branche gibt es wirklich viele sehr kompetente und sympathische Menschen, die das beste für Sie wollen. Selbstredend gibt es auch ein paar schwarze Schafe, aber im Großen und Ganzen können wir unseren teils schlechten Anwaltsruf Lügen strafen. Wenn Sie ein gutes Gefühl bei Ihrer Wahl haben, dann hatten Sie sicherlich bewusst und unterbewusst einen guten Riecher.


Um für die noch Unentschlossenen und Suchenden etwas Struktur in die Auswahl zu bekommen, hier ein paar Anhaltspunkte:


Kompetenz und Expertise

Es klingt so simpel und trotz dessen kann man sich an dieser Stelle doch ungemein täuschen lassen: Wie gut beherrscht mein Anwalt sein Fach? Und dabei geht es insbesondere um den Bereich, der für Sie relevant ist. Sicherlich kann ein spezialisierter Anwalt mehr Risiken in "seinem" Fachbereich abfangen als der Allgemeinjurist. Dafür hat der Allgemeinjurist möglicherweise den Vorteil, Sie in mehr Bereichen Ihres Lebens zu begleiten. So oder so - Achten Sie genau darauf, dass Ihr Anwalt sich in Ihrem Bereich auskennt. Bei einem Herzklappenfehler gehen Sie ja auch nicht zum Orthopäden. Lassen Sie sich nicht durch einen schillernden Auftritt blenden, sondern schauen Sie genau hin. Die Website bzw. der Internetauftritt sagt hierzu in der Regel schon einiges aus. Lesen Sie sich ggf. in Aufsätze der Person ein oder rufen Sie im Zweifel die Kanzlei selbst einmal an, um ein Gefühl für die Person zu bekommen. Tasten Sie sich vor, ob hinter dem großen Auftritt auch hinreichendes Wissen steckt. Ob rationale Expertise das Mandat nach vorne bringen wird oder der Fall vielleicht doch nur Medienwirksamkeit oder schnelles Geld schaffen soll. 


Sympathie und Empathie

Da Sie ein Vertrauensverhältnis zu Ihrem Anwalt aufbauen müssen, bringt es nichts, sich jemanden an die Seite zu holen, den oder die Sie nicht riechen können. Gerade im Strafrecht. Das Zwischenmenschliche ist wichtiger, als man vielleicht denken mag. Fühlen Sie sich außerordentlich gehemmt vor Ihrem Anwalt? Fühlen Sie sich verurteilt? Werden Sie nur als Aktenzeichen angesehen? Fühlen Sie sich als nicht Person gesehen? Findet keine vernünftige Kommunikation auf Augenhöhe statt? Alles Signale eines gestörten Vertrauensverhältnisses. Professionelle Distanz und Empathie schließen sich nicht aus. Ein respektvolles Miteinander auf beiden Seiten ist essenzielle Voraussetzung für eine gelungene gemeinsame Arbeit. 

 

Ehrlichkeit und Vertrauenswürdigkeit

Fühlen Sie genau hin, wie vertrauenswürdig der Anwalt sein mag. Werden Sie überredet oder beraten? Haben Sie das Gefühl, Ihnen werden Informationen vorenthalten? Haben Sie das Gefühl, Situationen werden aus finanziellem Nutzen beschönigt oder dramatisiert? Wird Ihnen die Möglichkeit gegeben, über Entscheidungen (im Rahmen des Möglichen) nachzudenken und Ihre Entscheidungsfreiheit ausüben zu können? Erreichen Sie die Kanzlei nur, wenn es um den Mandatsschluss und Geld geht und ansonsten kaum? Sprechen Sie immer wieder mit unterschiedlichen Anwälten der Kanzlei oder haben Sie konkrete Bezugspersonen? Überlegen Sie, ob Sie den Anwalt Ihrer Tochter empfehlen würden, um ein besseren Empfinden in diesem Bereich zu bekommen.


Geschlecht

Kann mich eine weibliche Strafverteidigerin verteidigen, vor allen Dingen in Sexualdelikten? Kann mich ein männlicher Familienrechtler im Bereich der Mediation vertreten? Ja. Selbstverständlich. Denn Kompetenz hängt sicherlich nicht vom Geschlecht ab, sondern den hier aufgeführten geschlechtsunabhängigen Attributen. Gehen Sie nach Fachwissen und Charakter, statt dem Geschlecht. Sicherlich kann nicht von der Hand zu weisen sein, dass wir alle hinsichtlich geschlechtlicher Fähigkeiten unterbewusst geprägt wurden. Doch hinterfragen Sie, was Ihnen wirklich wichtig ist: Klischee oder handfeste Anhaltspunkte?


Charakterliches/Persönliches

Jeder Person sind unterschiedliche Attribute wichtig. Dem einen ist es wichtig, dass zugehört wird und eine praxisgerechte Lösung erarbeitet wird. Dem anderen ist es wichtig, auf den Putz zu hauen. Überlegen Sie genau, was Ihnen wichtig ist. Unterschiedliche Anwälte haben unterschiedliche Werte, Ziele, Charakterzüge.

Lassen Sie sich dabei nicht von Anwälten blenden, die in jedem Fall auf Krawall gebürstet sind - selbst wenn sich dies möglicherweise am sichersten anfühlt. Ein guter Anwalt weiß, wann welche Strategie und welcher Auftritt sinnvoll und geboten ist. Suchen Sie sich einen Anwalt, der für den Mandanten arbeitet, nicht für den großen Auftritt. Nehmen Sie die Person, mit der Sie sich hinsichtlich der aufgeführten Kriterien am wohlsten fühlen, nicht die, die am lautesten "Freispruch" schreit.


Bewertungen und Rezensionen

Auch Bewertungen und Rezensionen können die Wahl erleichtern oder jedenfalls Licht ins Dunkeln bringen. Vergessen Sie jedoch nicht, dass viele Mandanten wie herkömmliche Kunden auch eine gute Bewertung oftmals schlichtweg vergessen. So kommen gute Erfahrungen nur in Bruchteilen auch in den Bewertungsportalen an, obgleich viel Zufriedenheit herrscht. Das zeigt jedenfalls das allgemeine Meinungsbild in der Branche (und sicherlich auch bei anderen Dienstleistern). Lassen Sie sich also nicht von der Anzahl der Rezensionen verunsichern. Fragen Sie sich, wann Sie das letzte mal etwas im Internet bewertet haben, das Ihnen gut gefiel. Schauen Sie also lieber, was den Bewertungen sodann zugrunde liegt. Bekommen Sie ein Gefühl dafür, welche Rezensionen ggf. "fake" oder überdramatisiert sein könnten. 


Taten sagen mehr als 1000 Worte

Lassen Sie sich jedenfalls durch die Handlungen des Anwalts überzeugen. Nutzen Sie die Möglichkeit von Erstberatungen, um sich Ihren Anwalt einmal unverbindlich genauer anzuschauen. 


Anwaltswechsel:

Liegt nicht gerade eine Pflichtverteidigung oder "Unzeit" vor, ist der Wechsel eines Anwalts oft ohne größere Probleme oder Hürden möglich. Ist Ihr Anwalt aktiv? Setzt er sich im Laufe regelmäßig mit Ihnen in Verbindung? Können Sie die Kanzlei gut erreichen? Erkennen Sie hinter Schriftsätzen, Terminen, Gesprächen und Lösungsansätzen das Fachwissen? Verläuft die Kommunikation auf Augenhöhe? Haben Sie ein sicheres Gefühl, wenn Sie an den Anwalt bzw. die Anwältin denken? Dann sind Sie bereits in besten Händen. Fehlen diese Punkte, lohnt sich möglicherweise ein Wechsel.


Ein kurzes Wort an dieser Stelle zur Anwaltsaktivität:

Verfahren dauern lange. Viele Monate, nicht selten Jahre. Selbstredend wird sich Ihr Anwalt nicht jede Woche bei Ihnen melden können, wenn es nichts neues gibt. Das bedeutet jedoch nicht, dass dieser nicht für Sie arbeitet oder er das Verfahren aus welchen Gründen auch immer verzögert. Juristische Mühlen mahlen langsam. Ein guter Anwalt wird sich im angemessenen Umfang regelmäßig bei Ihnen melden und auch insb. dann, wenn es Neuigkeiten gibt und ansonsten im Hintergrund für Sie arbeiten. Das kann nicht oft genug wiederholt werden. Sie sind nicht alleine. Natürlich wissen wir, dass Sie das Verfahren vermutlich jeden Tag quält. Den Prozess jedoch mit einer Peitsche voranzutreiben, könnte der Strategie jedoch möglicherweise sehr schaden und sollte es geboten sein, wird es auch so durchgeführt. Seien Sie also gerade mit Blick auf die Verfahrensdauer nicht allzu panisch. "Langwierigkeit" ist oft normal und gerade in aller Regel keine "red flag". Bei tatsächlich überlangen Verfahren hat auch der Anwalt ein Auge drauf.


Kommunikation:

Bleiben Sie aber aufmerksam: Sollte sich Ihr Anwalt auf Ihre Rückfragen gar nicht mehr melden oder Ihnen die Zeit unverhältnismäßig lange vorkommen, suchen Sie das Gespräch  bzw. eine für Sie sinnvolle Lösung. Eine gute Kommunikation ist hier das A und O und erspart in der Regel auch viele Sorgen.


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Rechtsanwältin Hannah Funke

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Foto(s): Hannah Funke

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