Wie wird man eine ungewollte Erbschaft wieder los ?

  • 4 Minuten Lesezeit

Bei der Annahme oder der Ausschlagung der Erbschaft gibt es wichtige Punkte zu beachten, eine falsche Entscheidung kann ruinös sein !


Die (potentiellen) Erben können selbstverständlich selbst entscheiden, ob sie die Erbschaft annehmen oder ausschlagen wollen. Dies gilt sowohl bei der Erbeinsetzung per Testament als auch bei der gesetzlichen Erbfolge.


Es gilt allerdings folgendes zu beachten: Schlägt der Erbe nicht innerhalb einer bestimmten Frist aus, gilt die Erbschaft als angenommen (§ 1943 BGB). Wer also nicht Erbe sein will, muss rechtzeitig tätig werden und aktiv die Erbschaft ausschlagen !


Es sollte also sehr genau überlegt werden, welche der beiden Möglichkeiten man als Erbe wählt, da immense Folgen daran geknüpft sind. Eine Rückgängigmachung der einmal getroffe­nen Entscheidung ist nämlich nur unter erschwerten Voraussetzungen möglich.


Was bewirkt eigentlich die Ausschlagung ?


Mit der Ausschlagung entfällt die Erbenstellung rückwirkend. D.h. anstelle des Ausschlagen­den treten die nächstberufenen Erben, in der Regel die eigenen Abkömmlinge. Im Testament können selbstverständlich auch sonstige Ersatzerben benannt werden.


Auch diese Ersatzerben können bzw. müssen dann die Erbschaft innerhalb einer bestimmten Frist ausschlagen (oder annehmen).


Es gilt hierbei zu berücksichtigen, dass das Nachlassgericht die Wirksamkeit der Ausschla­gung an dieser Stelle nicht prüft, es ergeht insbesondere keine Genehmigung o.ä. ! Eine Prü­fung der Ausschlagung erfolgt z.B. erst, wenn Gläubiger des Erblassers die Anfechtung für unwirksam halten und dennoch in das Vermögen des Erben vollstrecken möchten.


Welche Fristen sind zu beachten ?


Die Ausschlagung muss innerhalb einer Frist von 6 Wochen erklärt werden. Die Frist beginnt, sobald der Erbe weiß, dass er Erbe geworden ist.


Beruht die Erbschaft auf einem Testament, so beginnt die Frist ausnahmsweise frühestens mit der Bekanntgabe des Testaments durch das Nachlassgericht (Eröffnung des Testaments) zu laufen (§ 1944 Abs. 2 BGB, § 348 FamFG).


Ausnahmsweise beträgt die Frist 6 Monate, wenn der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hatte oder sich der Erbe bei Beginn der Frist im Ausland befunden hat.


Wie muss die Ausschlagung erklärt werden ?


Grundsätzlich kann man zum Nachlassgericht gehen und dort die Ausschlagung zur Nieder­schrift erklären. Zuständig ist in der Regel das Nachlassgericht, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten Wohnsitz gehabt hat oder das Nachlassgericht, in dessen Bezirk der Ausschla­gende seinen Wohnsitz hat.


Die Ausschlagung kann aber auch in notariell beglaubigter Form erklärt werden, eine notarielle Beurkundung ist hierbei nicht notwendig.


Hier ist aber zu beachten, dass die notariell beglaubigte Ausschlagung rechtzeitig an das zu­ständige Nachlassgericht übersandt werden muß. Hierbei sollten Sie das Gericht um Zusen­dung einer Eingangsbestätigung bitten.


Am kostengünstigsten ist es hierbei, die Ausschlagung vor dem Nachlassgericht zu erklären. Um hierbei auch unnötige Reisekosten zu vermeiden, bietet sich die Ausschlagung vor dem Amtsgericht an, in dessen Bezirk der Ausschlagende seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.


Wann ist eine Ausschlagung sinnvoll bzw. notwendig ?


Der weitaus überwiegende Grund für eine Ausschlagung ist die Angst der Erben, dass der Nachlass überschuldet ist, mithin also die Schulden des Erblassers größer sind als sein Gut­haben. Innerhalb der kurzen Ausschlagungsfrist von 6 Wochen ist eine umfassende eigene Prüfung des Wertes des Nachlasses aber so gut wie nie möglich.


Diese Besorgnisse der potentiellen Erben sind nicht ganz von der Hand zu weisen, denn grundsätzlich haftet der Erbe für die Verbindlichkeiten des Nachlasses auch mit seinem eige­nen Vermögen.


Grundsätzlich gilt: Wenn der Erbe die Erbschaft angenommen oder ausgeschlagen hat, gibt es erst mal kein Zurück mehr. Es ist nur unter engen Voraussetzungen möglich, die entspre­chenden Erklärungen wieder rückgängig zu machen, in der Regel durch eine sogenannte An­fechtung der Annahme bzw. der Ausschlagung. Eine solche Anfechtung ist z.B. möglich, wenn sich der Erbe über wesentliche Eigenschaften des Nachlasses geirrt hat.


Beispiel: Der Erblasser verstirbt in völliger Armut; erst Monate später stellt sich heraus, dass er Eigentümer von mehreren schuldenfreien Mehrfamilienhäusern ist, mithin also der Nachlass nicht über­schuldet gewesen ist.


Zu beachten ist auch hierbei, dass die Anfechtung den gleichen Fristen wie die Ausschlagung unterliegt, und zwar 6 Wochen ab Kenntnis von seinem Irrtum (vgl. § 1954 BGB).


Regelmäßig ist die Ausschlagung dann sinnvoll, wenn der Erbe von Anfang an Kenntnis von der Überschuldung des Nachlasses hat oder aus anderen (persönlichen) Gründen das Erbe nicht antreten will.


Sind Sie sich als potentieller Erbe über die Zusammensetzung des Nachlass nicht ganz sicher, sollte die Ausschlagung oder die Annahme nicht vorschnell erklärt werden. In solchen Situationen bietet sich die Beratung bei einem Erbrechtsspezialisten an, damit er mit Ihnen sämtliche rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten durchgeht und mit Ihnen die weitere Vorgehensweise bespricht.


Dann anschließend können Sie immer noch entscheiden, was für Sie sinnvoll ist.


Weitergehende Informationen finden Sie auch unter: www.erbschaft-regeln.de



Patrick M. Zagni

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Erbrecht

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

Foto(s): pixabay

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Patrick M. Zagni

Beiträge zum Thema