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Wiederherstellung der Dienstfähigkeit - Reaktivierung von Beamten

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Wer als Beamtin oder Beamter vorzeitig wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wird, ist damit noch nicht automatisch seiner beamtenrechtlichen Pflichten entbunden und insbesondere nicht uneingeschränkt frei, einer anderen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Manche Beamte erleben mitunter unliebsame Überraschungen, wenn der Dienstherr auf die Idee kommt, nach teilweise jahrzehntelangem Ruhestand eine ärztliche Untersuchung zur Überprüfung der Dienstfähigkeit anzuordnen.


Diese Untersuchungsanordnungen sind (von seltenen Ausnahmen abgesehen) nach aktueller Rechtsprechung auch dann rechtmäßig, wenn Sie erstmals viele Jahre nach der Zurruhesetzung erfolgen. Die Beamtengesetze des Bundes und der Länder gestatten den Dienstherren, in regelmäßigen Abständen zu überprüfen, ob die gesundheitlichen Einschränkungen, die zur vorzeitigen Zurruhesetzung geführt haben, noch vorliegen. Teilweise besteht sogar eine ausdrückliche Verpflichtung, die Überprüfung regelmäßig vorzunehmen.


So z.B. in § 46 Abs. 1 Satz 2 BBG unter der Überschrift „Wiederherstellung der Dienstfähigkeit“: „Der Dienstherr ist verpflichtet, in regelmäßigen Abständen das Vorliegen der Voraussetzungen für die Dienstunfähigkeit zu überprüfen, es sei denn, nach den Umständen des Einzelfalls kommt eine erneute Berufung in das Beamtenverhältnis nicht in Betracht.“


Siehe hierzu auch meinen Artikel: Beamtenrecht: Reaktivierung nach Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit          


Diese Pflicht zur Überprüfung der Dienstfähigkeit besteht selbst dann, wenn die Zurruhesetzung bereits Jahrzehnte zurückliegt. Dies hat aktuell das Verwaltungsgericht Köln entschieden. In dem Fall ging es um einen ehemaligen Beamten der Deutschen Telekom AG, der im Jahr 1996 in den Ruhestand versetzt worden war. Im März 2024 ordnete die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation, die die Dienstherrenbefugnisse für die Ruhestandsbeamten ausübt, eine ärztliche Untersuchung zur Überprüfung der Dienstfähigkeit an. Der Beamte beantragte dagegen beim VG Köln, im Wegen einer einstweiligen Anordnung festzustellen, dass der Beamte vorläufig bis zur Klärung in einem sog. Hauptsacheverfahren nicht verpflichtet ist, sich auf der Grundlage der Untersuchungsanordnung vom März 2024 ärztlich untersuchen zu lassen. Das Verwaltungsgericht lehnte diesen Antrag aus folgenden Gründen ab:


  • Es bestehe ein hinreichender Anlass für eine aktuelle Untersuchung, ob die Voraussetzungen, die zur Bejahung seiner Dienstunfähigkeit geführt haben, weiterhin vorliegen. Es sei nichts dafür ersichtlich, dass eine erneute Berufung des Beamten in das Beamtenverhältnis nicht in Betracht käme.
  • Ferner hat sie dem Gutachter nähere Angaben zum Amt des Beamten übersandt.
  • Eine weitere Konkretisierung des Untersuchungsauftrags sei der Behörde nicht möglich, weil sie nicht über aktuelle Erkenntnisse darüber verfüge, ob und unter welchen gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Antragsteller heute noch leidet und ob diese weiterhin seine Dienstunfähigkeit begründen.

Die Einwände des Beamten gegen die Rechtmäßigkeit der Untersuchungsanordnung würden nicht durchgreifen:

  • Zum Zeitpunkt seiner Zurruhesetzung (1996) galt zwar eine Rechtslage, wonach ein wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzter Beamter nach Ablauf von fünf Jahren seit Eintritt in den Ruhestand nur mit seiner Zustimmung erneut in das Beamtenverhältnis berufen werden durfte. Daraus könne er aber nichts für sich herleiten.
  • Die Behörde habe das Recht eine Untersuchung anzuordnen, auch nicht verwirkt. Die Gesetzeslage sei zwingend. Für eine Verwirkung sei deshalb kein Raum.
  • Selbst, wenn dies anders zu bewerten sein sollte, würde der Einwand der Verwirkung nicht durchgreifen. Denn die Voraussetzungen für eine Verwirkung würden nicht vorliegen. Verwirkung bedeutet, dass ein Recht nicht mehr ausgeübt werden darf, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen würde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete auch tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt würde (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde. Alleine die Tatsache, dass sich der Berechtigte verspätet auf sein Recht beruft, führt noch nicht zur Verwirkung.
  • Daran gemessen fehle es hier an dem für eine Verwirkung erforderlichen Umstandsmoment. Die Behörde als Dienstherrin sei zwar über einen ganz erheblichen Zeitraum nicht der Frage nachgegangen, ob die Dienstunfähigkeit des Beamten fortbesteht. Im Übrigen sei jedoch kein Verhalten der Behörde gegenüber dem Antragsteller ersichtlich, aufgrund dessen dieser in schutzwürdiger Weise darauf hätte vertrauen dürfen, dass die Behörde generell kein Interesse mehr an seiner Dienstleistung hätte mit der Folge, dass sie auch keine Untersuchung seines Gesundheitszustands mehr anordnen würde. Der Dienstherr sei seit der Zurruhesetzung des Beamten im Jahr 1996  seinen eigenen Pflichten, namentlich derPflicht zur Alimentierung, nachgekommen. Sie habe umgekehrt nicht zu erkennen gegeben, dass sie auf die Erfüllung der Dienstleistungspflicht durch den Antragsteller für den Fall verzichtet, dass er seine Dienstfähigkeit wiedererlangt.
  • Die Untersuchungsanordnung sei auch nicht unverhältnismäßig. Der Einwand des Antragstellers, die Telekom habe kein Interesse an seiner Dienstleistung und die Untersuchung erfolge mangels freier Planstelle ins Blaue hinein, greife nicht durch. Die gesetzliche Pflicht des Dienstherrn, das Vorliegen der Voraussetzungen für die Dienstunfähigkeit zu überprüfen, stehe nicht unter dem Vorbehalt, dass eine konkrete (Plan-)Stelle oder ein konkreter Dienstposten für den Beamten bereits identifiziert worden wäre. Die Frage der Verwendung des Beamten stelle sich nach der gesetzlichen Systematik des Reaktivierungsverfahrens vielmehr erst im Anschluss an seine Untersuchung, mit welcher ggf. seine Dienstfähigkeit festgestellt wird. Ferner könne auch nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass im Bereich der Telekom kein Interesse an einer Dienstleistung des Beamten bestünde. Zwar gebe es dort, wie gerichtsbekannt ist, teils Personalüberhänge. Zugleich seien aber viele tausend Beamte im operativen Geschäft tätig. Deswegen könne nicht pauschal zugrunde gelegt werden, dass für den Beamten keine Verwendungsmöglichkeit bestünde. Schließlich sei nicht ausgeschlossen, den Beamten in einem ganz anderen Bereich einzusetzen.

VG Köln – Beschluss vom 28.03.2024 – 15 L 545/24


Dieser Beitrag dient zur allgemeinen Information und entspricht dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung. Eine individuelle Beratung wird dadurch nicht ersetzt. Jeder einzelne Fall erfordert fachbezogenen Rat unter Berücksichtigung seiner konkreten Umstände. Ohne detaillierte Beratung kann keine Haftung für die Richtigkeit übernommen werden. Vervielfältigung und Verbreitung nur mit schriftlicher Genehmigung des Verfassers.


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