Wird das Vermögen bei den Kosten einer Scheidung berücksichtigt?

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Die Kosten einer Scheidung berechnen sich nach dem Verfahrenswert, der in einem Scheidungsverfahren zugrunde gelegt wird. Dieser berechnet sich nach § 43 FamGKG. Danach wird der Verfahrenswert in Ehesachen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten nach Ermessen bestimmt. Für die Einkommensverhältnisse ist das dreifache Nettoeinkommen der Ehegatten zum Zeitpunkt der Einreichung des Scheidungsantrages maßgebend.

Aber ob und wie werden die Vermögensverhältnisse berücksichtigt? Das Oberlandesgericht Braunschweig hat sich mit dieser Frage beschäftigt. 


OLG Braunschweig Beschluss vom 17.07.2023 – 1 WF 41/23



Im amtlichen Leitsatz zu dieser Entscheidung heißt es:

Für den Wert der Scheidung ist dem aus den Einkünften folgenden Wert ein Anteil von 5 % des um Schulden und Freibeträge bereinigten Vermögens der Eheleute hinzuzurechnen. 2. Die Freibeträge werden für jeden Ehegatten in Höhe von 60.000 € und für jedes gemeinsame Kind, das noch nicht wirtschaftlich verselbständigt ist, in Höhe von 30.000 € angesetzt. Ein Kind ist regelmäßig noch nicht wirtschaftlich verselbständigt, wenn es noch im Kindergeldbezug steht.


Das Amtsgericht Braunschweig setzte den Wert der Scheidung auf 14.100 EUR und den Wert des Versorgungsausgleichs auf 9.870 EUR fest. Der Verfahrensbevollmächtigte des Ehemanns war damit nicht einverstanden und beantragte eine Erhöhung des Verfahrenswerts aufgrund der Vermögensverhältnisse, was teilweise erfolgreich war.


Das Oberlandesgericht Braunschweig entschied, dass das Vermögen der Eheleute bei der Berechnung des Verfahrenswerts zu berücksichtigen ist. Bei der Ausübung des Ermessens bei der Wertfestsetzung für Scheidungsverfahren sollte das Gericht verschiedene Umstände berücksichtigen. Eine ausschließliche Berücksichtigung des Einkommens der Beteiligten und die vollständige Vernachlässigung anderer Faktoren, insbesondere der Vermögensverhältnisse, wäre willkürlich und würde das Gleichbehandlungsrecht der Beteiligten nach Art. 3 Abs. 1 GG verletzen. Gemäß Sinn und Zweck von § 43 Abs. 1 FamGKG sollte die Gebührenbemessung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Ehegatten ausgerichtet sein. Das Nichtberücksichtigen des Vermögens würde dazu führen, dass vermögende und nichtvermögende Ehepaare mit gleichen Einkünften unterschiedlich behandelt würden. Eine unzureichende Wertbemessung würde zudem das Grundrecht des Verfahrensbevollmächtigten auf freie Berufsausübung gemäß Art. 12 Abs. 1 GG verletzen. Daher wird einhellig in der obergerichtlichen Rechtsprechung festgehalten, dass das Vermögen bei der Festsetzung des Verfahrenswerts für Scheidungen berücksichtigt werden sollte. 


Das Amtsgericht Braunschweig entschied, dass Freibeträge von 60.000 EUR pro Ehegatte und 30.000 EUR pro nicht wirtschaftlich verselbstständigtem Kind abgezogen vom Vermögen abgezogen werden können. Von dem so errechneten Vermögen wird ein Betrag von 5 % dem Wert des Verfahrenswertes hinzugerechnet. Das Gericht hielt einen Freibetrag von 30.000 EUR pro Kind für angemessen und berücksichtigte sowohl minderjährige als auch volljährige Kinder. Der Wert des Scheidungsverfahrens wurde nun auf 16.450 EUR festgesetzt, und zusammen mit dem Wert des Versorgungsausgleichs ergab sich ein Gesamtverfahrenswert von 26.320 EUR. Dieser Prozentsatz trägt dem Gebühreninteresse der Anwälte hinreichend Rechnung und berücksichtigt gleichzeitig den sozialen Aspekt einer Ausrichtung der Gebühren an den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten.


Foto(s): www.istockphoto.com - Gutzemberg, JillianSuzanne

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