Wochenende ist Wochenende oder Was ist unverzüglich im Sinne von § 377 HGB?

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Im Handel zwischen Kaufleuten gelten besondere Regeln. Da der Handelskauf auf Schnelligkeit und Effektivität ausgerichtet ist, trifft den Kaufmann eine Untersuchungs- und Rügepflicht, die jeweils unverzüglich erfolgen muss, § 377 HGB. Häufig wird sich bereits über den Umfang der Untersuchungspflicht gestritten. Aber auch der Zeitpunkt der Untersuchung und die sich daran anschließende Rüge beim Verkäufer wegen des festgestellten Mangels kann problematisch sein.

Das Gesetz gibt dem Kaufmann auf, die Untersuchung auf Mängel unverzüglich – jedenfalls soweit dies nach ordnungsgemäßen Geschäftsgang tunlich ist – durchzuführen. Wenn sich ein Mangel zeigt, ist die Anzeige des Mangels ebenfalls unverzüglich zu rügen.

Unter unverzüglich versteht der Jurist „ohne schuldhaftes Zögern“, § 121 Abs. 1. S. 1 BGB. Dies ist bei der Frage, wann eine Untersuchung erfolgen muss mit dem Verweis auf den ordnungsgemäßen Geschäftsgang vielleicht noch einfach zu bestimmen. Aber wie ist es mit der Unverzüglichkeit der Rüge, wenn zwischen Kenntnis des Mangels und der Rüge an den Verkäufer mehrere Tage liegen.

Die Rechtsprechung nimmt wegen der Schnelllebigkeit des Handelsverkehrs und vor dem Hintergrund der modernen Kommunikationsmittel eine Frist von ein bis drei Tagen an. Ein am Montag gefundener Mangel wäre damit spätestens am Donnerstag anzuzeigen.

Allerdings ist dies auch nur eine Faustformel, wie eine Entscheidung des OLG Frankfurt zeigt. Dort hat sich ein Mangel an einem Tischbohrwerk am 07.01.2016, einem Donnerstag gezeigt. Der Mangel war so schwerwiegend, dass das Tischbohrwerk nicht nur unbrauchbar war, sonder ein erheblicher weiterer Schaden entstanden ist. Die Mängelrüge erfolgt per E-Mail am 12.01.2016 – einem Dienstag.

Der Versuch des Verkäufers sich der Mängelgewährleistung mit dem Argument zu entziehen, dass die Rüge verspätet war, folgt das Gericht nicht. Vielmehr führte es aus:

"Im Streitfall trat der Schaden an der Maschine am 7. Januar 2016, einem Donnerstag, auf und wurde an diesem Tag durch die Klägerin erkannt. Am 12. Januar 2016, einem Dienstag, zeigte ihr Geschäftsführer den Mangel der Beklagten per E-Mail an. Damit wurde der Mangel am dritten Tag nach dem Erkennen anzeigt, wenn man das Wochenende außer Betracht lässt. Dies ist noch unverzüglich im Sinne des § 377 Abs. 3 Halbsatz 1 HGB."

Damit bestätigte das OLG die Rechtsprechung anderer Gerichte, einschließlich des BGH, dass bei der Wertung der Unverzüglichkeit ein Wochenende außer Acht gelassen werden kann.

tl;dr:

Im ordentlichen Geschäftsgang zwischen Kaufleuten hat eine Untersuchung des Kaufgegenstandes auf Mängel ohne schuldhaftes Zögern im Rahmen des ordnungsgemäßen Geschäftsganges zu erfolgen. Findet sich ein Mangel, ist dieser unverzüglich anzuzeigen. Dass bedeutet aber nicht, dass auch an Wochenenden gerügt werden muss. Ohne besondere Umstände gilt: Wochenende ist Wochenende – auch für Kaufleute.


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