Wohnsitzauflage: Für wen gilt sie und wie kann man sie aufheben?
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In Deutschland gibt es zahlreiche Regelungen im Aufenthaltsgesetz (AufenthG), die den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern betreffen. Eine dieser Regelungen ist die Wohnsitzauflage, die unter anderem bei der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland helfen soll. Gleichzeitig gibt es Möglichkeiten, die Wohnsitzauflage aufheben oder ändern zu lassen, wenn sich die Lebensumstände ändern. Der folgende Ratgeber erläutert die wichtigsten rechtlichen Aspekte rund um die Wohnsitzauflage.
Was ist die Wohnsitzauflage?
Die Wohnsitzauflage beziehungsweise Wohnsitzregelung ist eine Bestimmung, die festlegt, dass Schutzberechtigte und Geduldete ihren Wohnsitz in einem bestimmten Bundesland oder sogar in einer bestimmten Gemeinde beziehungsweise an einer bestimmten Adresse in der Gemeinde nehmen müssen. Die Wohnsitzauflage soll helfen, die Integration von Ausländern zu verbessern, und gleichzeitig eine Überlastung bestimmter Kommunen verhindern. Konkret soll sichergestellt werden, dass Geflüchtete gleichmäßiger auf die Bundesländer verteilt werden und somit bessere Chancen auf Integration sowie Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erhalten.
Bei der Wohnsitzauflage ist die positive und negative Wohnsitzzuweisung zu unterscheiden. Einige Bundesländer haben spezifische Regelungen erlassen, die entweder die Wohnsitznahme an einem bestimmten Ort vorschreiben (positive Wohnsitzzuweisung) oder sie an bestimmten Orten verbieten (negative Wohnsitzzuweisung).
Unterschied zur Residenzpflicht
Von der Wohnsitzauflage ist die Residenzpflicht abzugrenzen. Die Residenzpflicht wird häufig im Asylverfahren ausgesprochen. Sie regelt die physische Anwesenheit in einem bestimmten Gebiet und gilt in der Regel für die ersten Monate nach Ankunft in Deutschland, während die Wohnsitzauflage langfristiger die Wohnortwahl einschränkt (§ 56 Asylgesetz, AsylG).
Ferner sind während einer Residenzpflicht Reisen und Ausflüge von Ausländern ohne Einwilligung der zuständigen Ausländerbehörde ausgeschlossen. Die räumliche Beschränkung durch die Residenzpflicht und ihr Umfang – z. B. Stadt Bonn oder Rhein-Sieg-Kreis oder Bundesland Nordrhein-Westfalen – wird in den Nebenbestimmungen der Aufenthaltsgestattung beziehungsweise Duldung/Gestattung vermerkt.
Gesetzliche Grundlage für die Wohnsitzauflage
Wohnsitzauflagen kommen sowohl im Aufenthaltsgesetz als auch im Asylgesetz vor. Es ist danach zu unterscheiden, ob die betroffene Person eine Aufenthaltserlaubnis, eine Aufenthaltsgestattung oder eine Duldung besitzt.
Wohnsitzauflage bei Aufenthaltserlaubnis
Die gesetzlichen Grundlagen für die Wohnsitzauflage bei Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1–3 AufenthG (anerkannte Flüchtlinge, subsidiär Schutzberechtigte, Abschiebungsverbot), nach § 22 AufenthG (humanitäre Aufnahme im Einzelfall) oder nach § 23 AufenthG (Kontingentflüchtlinge) sind in der Vorschrift des § 12a Aufenthaltsgesetz zu finden. Die seit dem 01.01.2016 in das Aufenthaltsgesetz eingeführte Vorschrift des § 12a ermöglicht es den Behörden, bestimmten Personengruppen vorzuschreiben, ihren Wohnsitz zur Förderung einer nachhaltigen Integration in einem bestimmten Bundesland zu nehmen.
Wohnsitzauflage bei Duldung oder Aufenthaltsgestattung
Geduldete Personen, deren Abschiebung ausgesetzt ist, unterliegen in der Regel ebenfalls einer Wohnsitzauflage. Diese gilt so lange, wie die Duldung besteht (vgl. § 61 Abs. 1 sowie Abs. 1d AufenthG). Gleiches gilt für Personen mit einer Aufenthaltsgestattung, denen nach § 60 AsylG eine Wohnsitzauflage erteilt werden kann. Auch Ausländer, denen nur vorübergehend Schutz im Bundesgebiet gewährt wird (z. B. Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine), unterliegen einer Wohnsitzregelung und haben ihre Wohnung an dem ihnen zugewiesenen Ort zu nehmen (vgl. § 24 Aufenthaltsgesetz).
Nachfolgend sollen die Regelungen zur Wohnsitzauflage für Ausländer mit einer Aufenthaltserlaubnis dargestellt werden (§ 12a Aufenthaltsgesetz).
Wie lange gilt die Wohnsitzauflage?
Die Wohnsitzauflage gilt in der Regel drei Jahre ab dem Zeitpunkt der Anerkennung als Schutzberechtigter oder ab dem Zeitpunkt der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis (vgl. § 12a Abs. 1 S. 1 Aufenthaltsgesetz).
Wie kann man die Wohnsitzauflage ändern oder aufheben?
Es ist möglich, eine Änderung der Wohnsitzauflage zu beantragen, wenn sich die Lebensumstände ändern. Der Antrag auf Änderung der Wohnsitzauflage muss bei der zuständigen Ausländerbehörde gestellt werden.
Es gibt zudem verschiedene Möglichkeiten, die Wohnsitzauflage aufheben zu lassen. Zum Beispiel kann die Wohnsitzauflage aufgehoben werden, wenn der Betroffene
eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit mindestens 15 Stunden pro Woche aufnimmt, das Nettoeinkommen über ca. 763 € liegt und die Beschäftigung mehr als geringfügig ist (länger als drei Monate).
Hinweis: Das Einkommen muss mindestens dem Bedarf einer Einzelperson entsprechen, die Bürgergeld nach dem Sozialgesetzbuch II erhält. Da die Höhe des Bedarfs für Unterkunft und Heizung von Landkreis zu Landkreis variiert, kann das Nettoeinkommen, das zur Aufhebung der Wohnsitzauflage erforderlich ist, gegebenenfalls auch höher ausfallen.eine Berufsausbildung oder ein Studium aufnimmt (§ 12a Abs. 1 S. 2 Aufenthaltsgesetz).
an einer Weiterbildung wie einem Integrationskurs, einem Berufssprachkurs oder einer beruflichen Qualifizierungsmaßnahme teilnimmt, die zu einer Berufsanerkennung führt und mindestens drei Monate dauert. Voraussetzung ist, dass die Weiterbildung nicht an dem bisherigen Wohnsitz durchgeführt werden kann.
Auch humanitäre Gründe, wie die Pflege von Angehörigen, können eine Aufhebung rechtfertigen. Gleiches gilt, wenn die Aufhebung der Wohnsitzauflage zur Vermeidung einer Härte erforderlich ist. Dies ist unter anderem der Fall, wenn aus anderen dringenden persönlichen Gründen die Übernahme durch ein anderes Land zugesagt wurde oder für den Betroffenen aus sonstigen Gründen vergleichbare unzumutbare Einschränkungen entstehen.
Schließlich ist eine Wohnsitzauflage zur Wiederherstellung der Familieneinheit aufzuheben. Das ist der Fall, wenn Familienmitglieder, mit denen die aufgenommene Person zuvor in familiärer Lebensgemeinschaft gelebt hat, an einem anderen Ort wohnen.
Wohnsitzauflage und Reisen
Während einer Wohnsitzauflage sind Reisen innerhalb Deutschlands in der Regel nicht eingeschränkt. Allerdings müssen Aufenthalte außerhalb des zugewiesenen Wohnorts in der Regel bei der zuständigen Behörde gemeldet werden.
Verstoß gegen die Wohnsitzauflage
Ein Verstoß gegen die Wohnsitzauflage kann verschiedene rechtliche Folgen nach sich ziehen. Zunächst kann die Frist der gesetzlichen Wohnsitzverpflichtung von drei Jahren nach § 12a Abs. 1 S. 3 Aufenthaltsgesetz um den Zeitraum verlängert werden, für den der Ausländer dieser Verpflichtung nicht nachkommt. Nach der Gesetzesbegründung soll die Regelung Anreize beseitigen, den Wohnsitz rechtswidrig in einem anderen Land zu nehmen.
Ferner kann eine Wohnsitzverletzung zur Folge haben, dass Sozialleistungen gekürzt oder gestrichen werden, oder sie kann zu Schwierigkeiten bei der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis führen. Schließlich kann der Verstoß gegen die Wohnsitzauflage als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von bis zu 1000 € geahndet werden (§ 98 Abs. 3 Nr. 2b AufenthG).
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20.06.2022 Rechtsanwältin Jana Christina Hartmann„… § 60b Rn. 27]. Gemäß § 60b Abs. 5 S. 3 AufenthG unterliegt der Duldungsinhaber mit einer ungeklärten Identität einer Wohnsitzauflage nach § 61Abs. 1d AufenthG [hierzu auch Bergmann/Dienelt/ Dollinger …“ Weiterlesen
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17.11.2020 Rechtsanwältin Ann-Kathrin Ponwenger„… eine Wohnsitzauflage und ein Arbeitsverbot zu erteilen. Die Ausbildungsduldung kann nun auch für Assistenz- und Helferberufe erteilt werden. Voraussetzung für die Ausbildungsduldung ist, dass der Geduldete seit …“ Weiterlesen
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