Wohnungseigentum – Falsche Wohngeldabrechnung – Rückzahlungsanspruch bei geleisteter Zahlung
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Sollen Sie aufgrund der erstellten und gegen Ihre Stimme von der Gemeinschaft genehmigten, Wohngeld-Jahresabrechnung Nachzahlungen leisten, sind aber sicher, dass die Ihnen zugerechnete Position nicht von Ihnen zu bezahlen ist, sind Sie gut beraten folgendes zu tun:
- Sie zahlen den Betrag unter Vorbehalt ordnungsgemässer Abrechnung
- Sie erheben innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung über die Jahresrechnung Anfechtungsklage.
Sie werden sich jetzt fragen, warum Sie erst zahlen sollen, wenn doch nach Ihrer Auffassung die Ihnen zugerechneten Kosten gar nicht von Ihnen zu zahlen sind. Sie sind auch sicher, dass Sie vor Gericht Recht bekommen und lassen deshalb die Ihnen vom Verwalter gesetzte Zahlungsfrist verstreichen. Auch auf ein Mahnschreiben des mittlerweile von dem Verwalter beauftragten Rechtsanwaltes reagieren Sie nicht.
Was passiert aber nun.
Ich will Ihnen einen Fall schildern, den der Bundesgerichtshof in letzter und damit verbindlicher Instanz am 10.07.2020 entschieden hat (Aktenz.: V ZR 178/19)
Die Wohnungseigentümergemeinschaft stritt um die Verteilung von Kosten für eine Dachsanierung. Nach der Jahresabrechnung sollte ein Miteigentümer eine Nachzahlung von 1.434,86 Euro leisten. Da er sicher war, dass er nicht zur Zahlung verpflichtet war, griff er die Jahresrechnung vor Gericht mit einer Anfechtungsklage an. In der Zwischenzeit hatte der Verwalter ebenfalls ein Gericht angerufen, um die 1.434,86 Euro einzuklagen, hinzu kamen noch Anwaltskosten und Zinsen, sodass sich die Forderung auf 1.684,77 Euro belief.
Nachdem das Gericht im Oktober des Jahres den Miteigentümer aufgrund der vorliegenden Jahresabrechnung zur Zahlung verurteilt hatte, leistete dieser die Dachsanierungskosten, Anwaltskosten und Zinsen alles zusammen € 1.684,77.
Die laufende Anfechtungsklage des Miteigentümers, entschied das Gericht erst im Februar des darauf folgenden Jahres. In dieser Klage entschied das Gericht, dass die Dachsanierungskosten ungerechtfertigt vom Miteigentümer erhoben worden seien.
Ich erspare Ihnen die prozessualen Feinheiten, nur bekam der Miteigentümer sein Geld nicht ohne weiteres zurück.
Vielmehr hatte er zunächst nur einen Anspruch auf Erstellung einer neuen Jahresabrechnung. Solange aber die alte, letztendlich fehlerhafte Jahresabrechnung, noch nicht für ungültig erklärt worden ist, sind hierauf Zahlungen zu leisten, bez. würde ein Anspruch auf Auszahlung bestehen, wenn sie mit einem Guthaben abschliesst.
Der Bundesgerichtshof begründet dies damit, dass gewährleistet sein soll, dass die für die Bewirtschaftung der Anlage notwendigen Mittel bereitstehen. Dazu dienen die laufenden Vorauszahlungen, wie der BGH bereits in einem Urteil vom 1.Juni 2012 festgestellt hat. Da die Abrechnung der Anpassung der laufenden Vorschüsse an die tatsächlichen Kosten dient sichert sie die laufende Bewirtschaftung.
Der Bundesgerichtshof führte dazu aus:
„ Führte die erfolgreiche Anfechtung eines Beschlusses über die Jahresabrechnung oder den Wirtschaftsplan im Nachhinein dazu, dass die Beitragspflicht von Anfang an entfiele, würde durch die Einleitung eines erfolgversprechenden Beschlussanfechtungsverfahrens für alle Wohnungseigentümer ein Anreiz gesetzt, die Zahlung zurückzuhalten; die säumigen Wohnungseigentümer stünden sich sanktionslos besser als diejenigen, die die ihnen obliegenden Pflichten erfüllen und die beschlossenen Zahlungen leisten. Umgekehrt könnte sich der Verband (die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Erkl. d. Autors) davon abhalten lassen, die bestehenden Zahlungspflichten durchzusetzen. Dies ist mit Blick auf §16 Abs.2 WEG nicht gewollt und widerspräche dem Ziel des Gesetzgebers, die Leistungsfähigkeit des Verbands sicherzustellen.“
Wie geht es aber jetzt weiter.
Wenn ein Beschluss ex tunc (von Anfang an) für ungültig erklärt wird, könnte darauf geschlossen werden, dass die Verzugsfolgen rückwirkend entfallen. Eine solche Rückwirkung tritt nämlich bei einer Aufrechnung oder einer Anfechtung von Willenserklärungen (vgl. §142 Abs.1 BGB) ein.
Nicht jedoch in diesem Fall. Zwar tritt die Wirkung, dass der Beschluss von Anfang an nichtig war, rückwirkend ein, aber erst durch die Rechtskraft des Urteil entfällt auch die Zahlungspflicht, so dass bis dahin entstandene Verzugsschäden weiterhin ersetzt werden müssen.
Wenn Sie also nicht zahlen, trotz später festgestellter unrichtige Jahresabrechnung und die übrigen Miteigentümer, bzw. der Verwalter im Auftrag der Gemeinschaft einen Anwalt einschalten, das Gericht bemühen und auf Ihren Beitrag warten müssen, haben Sie keinen Anspruch die Kosten für Anwalt, Gericht und Zinsen zurückzuerhalten.
Was Sie sicherlich am meisten interessiert, bekommen Sie Ihr Geld zurück, das Sie aufgrund der fehlerhaften Abrechnung geleistet haben.
Hierauf ein klares Jein.
Sie haben zunächst einen Rechtsanspruch auf Erstellung einer korrekten Jahresrechnung. Die dort dann ausgewiesenen Beträge – zu Ihren Gunsten und/oder zu Ihren Lasten- sind im Wege der nunmehr neu erstellen Jahresabrechnung auszugleichen. Dies folgt dem Prinzip, des „Vorrang des Innenausgleich“
Juristisch hat das folgende Konsequenzen, wie der Bundesgerichtshof schon 1988 festgestellt hat (Aktenz.: V ZB 10/87)
Leistet ein Wohnungseigentümer Wohngeldvorschüsse, obwohl eine wirksame Beschlussfassung über einen Wirtschaftsplan nicht besteht, so ist ein Bereicherungsanspruch gegen die übrigen Wohnungseigentümer im Hinblick auf den Vorrang des Innenausgleichs durch das Instrument der Jahresabrechnung ausgeschlossen. Die Vorschrift des § 426 BGB wird i.Ü. im Innenverhältnis der Wohnungseigentümer durch das Wirtschaftswesen der Gemeinschaft, wie es sich aus den §§ 16 und 28 WEG ergibt, verdrängt.
Fazit: Wenn Sie glauben, dass die Jahresabrechnung fehlerhaft ist, empfehle ich Ihnen:
1. Erheben Sie in der Eigentümerversammlung Widerspruch
2. Falls Sie eine Nachzahlung leisten sollen, zahlen Sie unter Vorbehalt.
3. Erheben Sie innerhalb eines Monats Anfechtungsklage
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