„Wozu habe ich denn eigentlich eine Rechtsschutzversicherung?“

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Die titelgebende Frage bekommen wir in unserer Kanzlei leider immer häufiger zu hören und ist als Unmutsbekundung des Mandanten - des Versicherungsnehmers - gegenüber einem nicht erwartungsgemäßen Verhalten seiner Rechtsschutzversicherung zu verstehen.

Dazu möchten wir zunächst darauf hinweisen, dass wir aus anwaltlicher Sicht gute Erfahrungen mit den meisten Versicherungen gemacht haben und dass das Regulierungsverhalten der Versicherungen überwiegend reibungslos funktioniert.

Deshalb raten wir grundsätzlich dazu, den Abschluss einer Rechtsschutzversicherung in Betracht zu ziehen. Denn auch ohne eigenes Verschulden oder gar Zutun können Sie zum Beteiligten eines u. U. kostspieligen Rechtsstreits werden. In einem solchen Fall kann es sein, dass ein erhebliches Kostenrisiko in Form von Anwalts-, Sachverständigen- und Gerichtskosten auf Sie zukommt, bei dem Sie Gefahr laufen, eine anspruchsgerechte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung schlicht deshalb nicht betreiben zu können, weil Sie es nicht bezahlen können.

Jedoch bedeutet das leider nicht, dass es im Verhältnis des Mandanten zu seiner Versicherung nicht häufig Konflikte gibt, insbesondere weil unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich der Bedeutung der Worte „Rechtsschutz" und „Kostenschutzzusage" bestehen. Diese Probleme münden meist in einer Unzufriedenheit des Mandanten und dem erbosten Ausruf, der diesem Rechtstipp als Überschrift dient.

Der Mandant und Versicherungsnehmer denkt nämlich zunächst einmal, dass er eine ganz erhebliche Summe pro Jahr an das Versicherungsunternehmen bezahlt und diese Versicherung eigentlich nie braucht. Im Gegenzug erwartet der Mandant in der Regel eine Art Vollkasko durch die teure Police, die ihm Rechtsschutz in allen Sach- und Lebenslagen gewährt.

Der Versicherer hingegen weiß überwiegend ziemlich genau, was in dem Versicherungsvertrag steht und prüft, ob der Schadenfall überhaupt Vertragsbestandteil ist, oder ob nicht eine Selbstbeteiligung besteht.

Denn vielen Mandanten ist nicht (mehr) bewusst, dass einige Sachverhalte normalerweise nicht vom Versicherungsschutz gedeckt sind - und dass sie eine günstigere Versicherungsprämie nur deshalb erhalten haben, weil sie sich verpflichtet haben, zwischen 100 und 250 € der Kosten pro Rechtsfall selbst zu tragen.

Die Frage, welche Fälle vom Rechtsschutz umfasst sind, lässt sich dabei zwar nicht umfänglich pauschal beantworten, da die Versicherungsbedingungen individuell aushandelbar sind.

Die Grundsätze der ausgeschlossenen Rechtsangelegenheiten lassen sich jedoch dem § 3 der ARB, der Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherungen, entnehmen (vgl. http://www.gdv.de/Downloads/Bedingungen/Musterbedingung_Rechtsschutz_ARB2010_September2010.pdf).

Ohne hier auf diese Ausschlüsse im Einzelnen eingehen zu können, möchten wir einige davon besonders hervorheben, da diese den meisten Unmut unter einigen Mandanten hervorgerufen haben:

Rechtsschutz besteht nicht für Wahrnehmung rechtlicher Interessen

  • in ursächlichem Zusammenhang mit Urheber-, Marken-, Geschmacksmuster-, Patent-, Gebrauchsmusterrechten oder sonstigen Rechten aus geistigem Eigentum
  • aus dem Wettbewerbsrecht
  • zur Abwehr von Schadenersatzansprüchen, es sei denn, dass diese auf einer Vertragsverletzung beruhen
  • aus kollektivem Arbeits- oder Dienstrecht
  • aus dem Bereich des Familien-, Lebenspartnerschafts- und Erbrechts, soweit nicht Beratungs-Rechtsschutz besteht
  • in Ordnungswidrigkeiten- und Verwaltungsverfahren wegen eines Halt- oder Parkverstoßes

Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht für Taten, die vorsätzlich begangen werden oder nur vorsätzlich begangen werden können, keine Deckung zu erlangen ist. Dies betrifft auch und vor allem den Bereich des Verkehrsrechtschutzes.

Insbesondere also sind folgende Fälle nicht versichert:

  • wenn Sie eine Abmahnung oder gar Klage erhalten wegen angeblichen Filesharings in P2P-Netzwerken (so genannten Internet-Tauschbörsen) oder ähnlichen Urheberechtsverstößen im Internet
  • ebenso bei Rechtsverfolgung wegen Ihnen vorgeworfenen Wettbewerbsverstößen, z. B. im Rahmen von Online-Shops
  • im Arbeitsrecht, wenn Sie selbst kündigen wollen
  • im Falle etwa einer Ehescheidung (evtl. Beratungskostenschutz)
  • im Erbfall (evtl. Beratungskostenschutz)
  • wenn Ihr KFZ abgeschleppt wird, weil Sie falsch geparkt haben

All diese - hier nur angerissenen - Ausschlüsse sollten Ihnen als Versicherungsnehmer bewusst sein. Nur dann lässt sich in der Regel eine im Nachhinein entstehende Unzufriedenheit mit der Versicherung vermeiden. Das bedeutet aber auch, dass Ihnen diese Versicherungsbedingungen von Ihrer Versicherung im Rahmen eines ordnungsgemäßen Beratungsgespräches zur Kenntnis gebracht werden sollten.

Daran zeigt sich, dass Versicherungsschutz Vertrauenssache ist. Lassen Sie sich bei Vertragsschluss eingehend beraten und scheuen Sie sich nicht, bereits vor Abschluss die richtigen Fragen zu stellen. Auch kann es hilfreich sein, lieber mit der langjährigen Versicherung des Vertrauens in Verhandlung zu treten, als den rein preislichen Verlockungen irgendwelcher rein virtueller Anbieter zu folgen, die Ihnen weder eine Erläuterung der Vertragsbedingungen noch einen konkreten Ansprechpartner bieten können. Zusätzlich können für einen ersten Eindruck die einschlägigen Verbrauchermagazine und -portale hilfreich sein.

Nun möchten wir noch einige weitere Aspekte ansprechen, die im vorliegenden Zusammenhang eine wichtige Rolle spielen, aber immer wieder für unangenehme Überraschungen bei den Mandanten sorgen.

Als Versicherungsnehmer müssen Sie sich bewusst sein, dass die Versicherung theoretisch bereits nach der zweiten erteilten Kostenschutzzusage innerhalb von 12 Monaten berechtigt ist, den Versicherungsvertrag zu kündigen. Dann wird es insbesondere schwierig, eine neue - bezahlbare - Rechtsschutzversicherung abzuschließen.

Im Übrigen passiert es immer wieder, dass Mandanten vortragen, sie hätten bereits eine Kostenschutzzusage - nur weiß die Versicherung davon nichts. Das liegt daran, dass die betroffenen Mandanten ihren Versicherungsmakler angerufen haben, der sich - eigentlich unzulässig - zu einer Pauschalaussage hat hinreißen lassen, die so nicht stimmt, die der Mandant aber als Zusage missversteht. Tatsächlich besteht aber (noch) keine Zusage des Versicherers. Das sorgt insbesondere dann für Ärger, wenn die Zusage auch nachher nicht mehr erteilt werden kann.

Abschließend möchten wir aus realem Anlass darauf hinweisen, dass es nicht von der Verkehrsrechtschutzversicherung gedeckt ist, wenn Ihnen jemand mit dem KFZ die Vorfahrt nimmt und Sie darauf hin den berühmten Finger zeigen - und dann wegen Beleidigung verfolgt werden. Denn die Tat steht zwar in einem äußeren, aber in keinem inneren Verhältnis zum Straßenverkehr. Aber auch mit dem Strafrechtsschutz sieht es schlecht aus, denn die Beleidigung ist ein reines Vorsatzdelikt.

Dieser Rechtstipp stellt einen Überblick über das Thema dar und kann eine Beratung im Einzelfall nicht ersetzen. Für Ihre Fragen stehen wir gerne zur Verfügung. Als Interessenvertreter des Mandanten ist es immer unser Ziel, Ihre Rechte auch gegenüber der Rechtschutzversicherung optimal umzusetzen.

Rechtsanwalt Christoph Birk

Anwaltskanzlei Birk

Bremen, Bremen - Nord


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