Zahlungspflicht der Bank Nutzungen i. H. v. 5 %, oder 2,5 % zu erstatten?

  • 4 Minuten Lesezeit

Die Bank hat einem Darlehensnehmer, der seinen Vertrag rechtswirksam widerrufen hat, auch Nutzungen zu ersetzen und auszubezahlen.

Der BGH hat dies in Fällen nicht grundpfandrechtlich abgesicherter Darlehen wiederholt in seinen Entscheidungen, zuletzt am 28.10.2014, Az.: XI ZR  348/13, bestätigt.

Das Oberlandesgericht Stuttgart wusste es besser. In einem Fall von Realkrediten wurde entschieden, dass wenigstens eine Nutzung i. H. v. 2, 5 % Punkten seitens eines Kreditinstitutes zu Gunsten des Darlehensnehmers zu erstatten sind. (OLG Stuttgart, Urteil vom 06.10.2015, Az. 6U148 14).

Die Begründung: Bei Immobiliendarlehen wäre der Vertragszinssatz (was richtig ist!) niedriger als bei Verbraucherkrediten,  ist ein interessanter Ansatz, der sich aber u. E. als Themaverfehlung herauskristallisiert.

Und so wäre ggf. folgende Gegenargumentation ermöglicht:

Es geht bei der Frage der Höhe der zu erstattenden Nutzungen um die abstrakte Bewertung der Frage was eine Bank mit den vereinnahmten Zins- und Tilgungsleistungen macht und welche Rendite sie insoweit vereinnahmt.

Es geht nicht darum, ob die Gewinnspanne bei einem Verbraucherdarlehen (Konsumentenkredit, grundpfandrechtlich nicht abgesichert) höher ist als beim Immobiliendarlehen. Und so argumentiert das OLG Stuttgart im Übrigen:

 Daneben schuldet die Beklagte gemäß § 346 Abs. 1 BGB die Herausgabe von Nutzungen im Wert von 12.236,63 EUR, die sie aus den Zinszahlungen des Klägers tatsächlich gezogen hat.

Weist die kreditgebende Bank keinen geringeren Wiederanlagezins nach und der Darlehensnehmer keinen höheren, ist der insoweit geschuldete Nutzungsersatz bei Immobiliardarlehen anhand einer Verzinsung mit 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu bemessen. Eine Kürzung wegen des Refinanzierungsaufwandes der Bank für den Kredit findet nicht statt.

Es besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Bank aus eingenommenen Geldern Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses gezogen hat (BGH v. 28.10.2014 -XI ZR 348/13; v. 24.4.2007 -XI ZR 17/06; v. 10.3.2009 -XI ZR 33/08; v. 12.5.1998 -XI ZR 79/97). Bei Immobiliardarlehensverträgen liegt der übliche Verzugszins gemäß § 497 Abs.1 S.2 BGB bei 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für das Jahr, sodass dieser Zinssatz für die Bemessung des geschuldeten Nutzungsersatzes maßgeblich ist. 

Im Rahmen einer kurzen Internetrecherche findet sich folgender Gesetzeswortlaut:

§ 497 BGB Verzug des Darlehensnehmers: (vgl. https://dejure.org/gesetze/BGB/497.html.)

 (1) Soweit der Darlehensnehmer mit Zahlungen, die er auf Grund des Verbraucherdarlehensvertrags schuldet, in Verzug kommt, hat er den geschuldeten Betrag nach § 288 Abs. 1 zu verzinsen. Im Einzelfall kann der Darlehensgeber einen höheren oder der Darlehensnehmer einen niedrigeren Schaden nachweisen.

§ 288 BGB bestimmt in der jetzigen Fassung: (https://dejure.org/gesetze/BGB/288.html)

für Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

Aber vielleicht ist unsere Kurzrecherche fehlerhaft. Jedenfalls ergibt sich ein weiterer Angriffspunkt wie folgt. So führt das OLG Stuttgart in seiner Entscheidung aus:

Die vom Bundesgerichtshof aufgestellte Beweisregel knüpft nicht an eine vom Gericht konkret festgestellte Vermutungsbasis zu den tatsächlichen Marktbedingungen an, unter denen eine Bank allgemein Nutzen aus ihren Einnahmen zieht, sondern beruht auf einer Übertragung der im Gesetz verankerten Regeln über die abstrakte Berechnung des Verzugsschadens (BGH v. 12.5.1998, XI ZR 79/97, Tz.24).

Und das ist auch gut so. Konkret irrt jedenfalls das OLG Stuttgart u. E. immer noch, dass es ermöglicht wäre, dass eine Bank in der Lage ist, Nutzungen in unterschiedlicher Größenordnung im Rahmen der tatsächlichen Wiederanlage zu erzielen. Wenn wir also unterstellen, dass das Gesetz für Verzugszinsen des Darlehensnehmers 2,5 % erzielt, hat dies immer noch nichts mit Nutzungen zu tun, die im Regelfall aus einem Wiederanlagegeschäft gezogen werden.

Und die Legaldefinition von Nutzungen findet sich hier:

§ 100 BGB Nutzungen

Nutzungen sind die Früchte einer Sache oder eines Rechts sowie die Vorteile, welche der Gebrauch der Sache oder des Rechts gewährt.

Das hat ersichtlich nichts mit Verzugszinsen eines Darlehensnehmers zu tun, die das OLG Stuttgart aber als maßgeblich der Berechnung von Nutzungen zu Grunde legen will. Damit verstößt das OLG Stuttgart u. E. gegen materielles Recht, Gesetze der Denklogik und die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes.

MJH Rechtsanwälte, Rechtsanwalt Martin Josef Haas meint: „Endlich mal ein Produkt, das ein Rechtsanwalt nicht nur als Krisen-Lösung für Darlehensnehmer anbieten kann, sondern als Gestaltungsmittel um Vermögensvorteile zu generieren.”

Gerne vertreten wir auch Ihre rechtlichen Interessen. Kontakt erwünscht? Übersenden Sie uns gerne via E-Mail (info@kanzlei-haas.de) Ihre Darlehensverträge und Widerrufsbelehrungen. Der Erstkontakt ist kostenfrei (begründet kein rechtsverbindliches Mandatsverhältnis). Bestehen aus unserer Sicht eher geringere Erfolgsaussichten, oder sogar die Gefahr, dass Sie durch den Widerruf schlechter gestellt sind, teilen wir dies mit und machen nix.

Wenn Sie uns die Arbeit erleichtern wollen bitten wir Sie das unter www.kanzlei-haas.de

zur Verfügung gestellte Aufnahmeblatt http://www.kanzlei-haas.de/bankrecht-kapitalmarktrecht.html. zu nutzen. Dann sind wir im Regelfall schneller.

Abschließend: Lassen Sie sich kein schlechtes Gewissen einreden: Das Gejammer der Banken, dass sich angeblich die Kreditnehmer mit dem Widerruf vertragsuntreu verhalten und das Gestaltungsmittel des Widerrufes nicht zur Erzielung von wirtschaftlichen Vorteilen genutzt werden darf hat jedenfalls bislang den Bundesgerichtshof noch nicht beeindruckt. Und wenn man von dieser Rechtsprechung abweichen will, muss man sich auch als Richter etwas einfallen lassen, was diese Abweichung rechtfertigt.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Martin J. Haas

Beiträge zum Thema