Zinsen bei Unterhaltsschulden

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Unterhalt sichert den Lebensunterhalt der unterhaltsberechtigten Person. Es versteht sich, dass Unterhalt deshalb pünktlich gezahlt werden sollte. Kommt der Unterhaltspflichtige mit den Unterhaltszahlungen aber in Verzug, stellt sich die Frage, inwieweit für die Unterhaltsschulden Zinsen zu entrichten sind und wie sich diese Zinsen berechnen.

Wann können Zinsen berechnet werden?

Zinsen bei Unterhaltsschulden sind Verzugszinsen. Zinsen können daher ab dem Zeitpunkt berechnet werden, ab dem der Unterhaltspflichtige (Unterhaltsschuldner) mit seinen Unterhaltszahlungen in Verzug gerät. Verzug ist in § 1613 BGB als „Unterhalt für die Vergangenheit“ definiert.

Fordern Sie Unterhalt (Kindesunterhalt, Trennungs- oder Ehegattenunterhalt) können Sie für die Vergangenheit Unterhalt nur von dem Zeitpunkt an verlangen, 

  • zu welchem der Unterhaltsschuldner aufgefordert wurde, im Hinblick auf die Unterhaltspflicht Auskunft über seine Einkünfte und sein Vermögen zu erteilen oder
  • zu dem Sie den Unterhaltsschuldner aufgefordert haben, Unterhalt für Ihr Kind oder sich selbst zu zahlen oder
  • Sie Ihren Unterhaltsanspruch gerichtlich geltend gemacht und der Unterhaltsanspruch dadurch rechtshängig geworden ist.

Normalerweise ist Unterhalt monatlich im Voraus zu zahlen (§ 1612 Abs. III BGB). Zahlt der Unterhaltsschuldner nicht fristgerecht, kommt er umgangssprachlich zwar in Verzug. Rechtlich betrachtet kommt er aber erst dann in Verzug, wenn Sie ihn/sie im Hinblick auf die vorstehenden gesetzlichen Regelungen ordnungsgemäß in Verzug gesetzt haben.

Durch die Inverzugsetzung ist der Unterhalt dann ab dem Ersten des Monats geschuldet, in den eines der zuvor bezeichneten Ereignisse gefallen ist. Haben Sie den Unterhaltsschuldner also formal ordnungsgemäß in Verzug gesetzt, muss der Unterhaltsschuldner ab dem dafür maßgeblichen Zeitpunkt über den reinen Unterhalt hinaus auch noch Verzugszinsen zahlen.

Beispiel:

Sie fordern den Unterhaltsschuldner am 27. März auf, Auskunft über seine Einkünfte zu erteilen oder alternativ Kindesunterhalt für Ihr gemeinsames Kind zu zahlen. Ihre Aufforderung begründet bereits ab dem Ersten des folgenden Monats, als zum 1. April, den Verzug des Unterhaltsschuldners. Ab diesem Zeitpunkt müssen Unterhaltsschulden verzinst werden.

Spielt ein Unterhaltstitel bei der Verzinsung eine Rolle?

Fordern Sie Unterhalt, haben Sie zunächst keine Handhabe, wenn der Unterhaltsschuldner den Unterhalt nicht freiwillig zahlt. Der Unterhaltsanspruch ist bis zu diesem Zeitpunkt nicht rechtsverbindlich festgestellt, sprich nicht tituliert.

Kindesunterhalt kann dadurch tituliert werden, dass der Unterhaltsschuldner den Unterhaltsanspruch gegenüber dem Kind in einer Jugendamtsurkunde anerkennt oder seine Pflicht zur Unterhaltszahlung notariell beurkundet. Gleiches gilt, wenn Sie Unterhaltsansprüche, sei es für Ihr Kind oder für sich selbst, gerichtlich geltend machen und das Familiengericht per Beschluss feststellt, dass der Unterhaltsschuldner Unterhalt zahlen muss. In all diesen Fällen ist der Anspruch dann tituliert. In der Urkunde, in der der Unterhalt tituliert wird, wird regelmäßig auch die Verzinsung der Forderung festgestellt.

Wie werden Zahlungen auf Unterhaltsrückstände und Zinsen verrechnet?

Leistet der Unterhaltsschuldner Zahlungen, die aber nicht ausreichen, die Unterhaltsrückstände und die Zinsen vollständig abzudecken, werden die Zahlungen zunächst auf die Zinsen und zuletzt auf die Unterhaltsrückstände angerechnet (§ 367 BGB). Im ungünstigsten Fall zahlt der Unterhaltsschuldner also nur auf die Zinsen, ohne dass die Unterhaltsrückstände abgebaut werden.

Welche Zinsen sind bei Unterhaltsrückstand zu zahlen?

Ist der Unterhaltsschuldner in Zahlungsverzug, sind die Rückstände zu verzinsen. Bestenfalls ist Ihr Unterhaltsanspruch samt Verzinsung rechtsverbindlich festgestellt und tituliert. Dann sind die Unterhaltsrückstände während des Verzugs für das Jahr mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Was heißt das?

Der Basiszinssatz ist variabel und wird von der Deutschen Bundesbank jeweils am 1. Januar und zum 1. Juli im Bundesanzeiger bekannt gegeben. Zum 01.01.2022 betrug der Basiszinssatz minus 0,88 %. Wichtig: Der Basiszinssatz liegt in den letzten Jahren immer im Minusbereich. Dies führt dazu, dass der Verzugszins von fünf Prozentpunkten unter dem Wert von 5 % liegt. (Quelle: Pressemitteilung der Deutschen Bundesbank vom 28. Dezember 2021).

Beispiel für Verzinsung eines Rückstands von 1.000 EUR

Der Unterhaltsrückstand beträgt 1.000 Euro. Der Rückstand ist mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz von - 0,88 %, also mit 4,12 % zu verzinsen, und zwar ab dem Zeitpunkt, zu dem der Unterhaltsschuldner formell ordnungsgemäß in Verzug gesetzt wurde. Ab dem Zeitpunkt, zu dem der Basiszinssatz neu festgesetzt wird, ergibt sich eine andere Verzinsung. Dann ist die Verzinsung neu zu berechnen.

Ausgangsdaten:

  • Betrag: 1.000,00 EUR
  • Von: Sa., 01.01.2022
  • Bis: Mo., 28.02.2022
  • Verzugszinssatz: 5 %
ZeitraumTageZinssatzZinsertrag
01.01.2022-28.02.2022594,12 %6,6597 EUR
Total:
01.01.2022-28.02.202259Zinsen:6,6597 EUR
Ausgangsforderung:+1000,00 EUR
Gesamtforderung:=1006,6597 EUR
Jeder Tag ab 01.03.202214,12 %0,1129 EUR

Praxistipp: Anwaltskanzleien rechnen schneller

Die Zinsberechnung ist eine mathematische Herausforderung. Idealerweise übertragen Sie die Zinsberechnung Ihrem Anwalt. Gut ausgestattete Anwaltskanzleien verfügen über die entsprechende Software, die eine aktuelle Forderungsaufstellung ermöglicht und nach Maßgabe der eingegebenen Daten auf die Kommastelle genau die Zinsen ausrechnet.

Zinseszinsverbot auf Unterhaltsschulden

Ist der Unterhaltsschuldner mit der Zahlung des Unterhalts und der Zinsen in Verzug, werden auf die Zinsen keine Verzugszinsen entrichtet. § 289 BGB bestimmt ein Zinseszinsverbot. Damit soll vermieden werden, dass Zahlungsrückstände über die Zinsen und Zinseszinsen hinaus ins Unermessliche auflaufen.

Keine Zinsen bei Unterhaltsvorschuss

Hat das Jugendamt Ihrem Kind Unterhaltsvorschuss gewährt, müssen Sie als unterhaltspflichtiger Elternteil den staatlichen Vorschuss zurückzahlen. Die zuständige Behörde ist haushaltsrechtlich verpflichtet, den Unterhaltsvorschuss zurückzufordern und wird Sie jedes Jahr anschreiben und Auskunft über Ihre Einkommensbehältnisse einfordern. Ignorieren Sie die Aufforderung, darf die Behörde einen fiktiven Betrag annehmen und unterstellen, dass Sie diesen Betrag verdienen und Sie zur Rückzahlung des Unterhaltsvorschusses verpflichten. Im Regelfall wird die Behörde jedoch nur den verauslagten Betrag zurückfordern und keine Zinsen einfordern.

Unterhaltsschulden in der Privatinsolvenz

Bei nicht wenigen Unterhaltsschuldner laufende Unterhaltsschulden immer weiter auf. Ist der Schuldner völlig überschuldet, könnte die Privatinsolvenz einen Ausweg aus der Verschuldung bieten. Allerdings ist es so, dass vorsätzlich und pflichtwidrig nicht gezahlt Unterhaltsschulden im Privatinsolvenzverfahren keine Restschuldbefreiung erlangen. Auch wenn der Schuldner die Restschuldbefreiung erreicht, musste die Unterhaltsrückstände dennoch bezahlen.

Vorsätzlich handelt derjenige, der in Kenntnis seiner Zahlungsverpflichtung kein Unterhalt zahlt, obwohl er finanziell dazu in der Lage wäre, die Unterhaltspflicht aber mutwillig vereitelt. Soweit der Unterhaltsschuldner tatsächlich finanziell und aufgrund seiner Lebensumstände außerstande war, die Unterhaltsrückstände zu zahlen, kommt ausnahmsweise die Restschuldbefreiung in Betracht. Unterhaltsrückstände die jedoch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen, werden im Verfahren nicht mehr berücksichtigt.

Praxistipp: Zahlungsvereinbarung immer besser als Krieg

Haben Sie nach Ihrer Privatinsolvenz die Restschuldbefreiung erreicht, ohne dass Ihre Unterhaltsschulden erfasst wurden, sollten Sie mit der unterhaltsberechtigten Person eine Zahlungsvereinbarung treffen. Sie vermeiden damit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und vermeiden, dass die Rückstände infolge der Verzinsung noch weiter auflaufen.

Alles in allem

Sind Sie unterhaltspflichtig, stehen Sie in einer besonderen Verantwortung. Möchten Sie vermeiden, dass Unterhaltsrückstände nebst Zinsen fortlaufend auflaufen, sollten Sie versuchen, nach Maßgabe Ihrer finanziellen Möglichkeiten wenigstens eine Zahlungsvereinbarung zu treffen. Im Zweifel lassen Sich anwaltlich beraten.

Foto(s): iurFRIEND

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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