Zu früh lacht, wer zu früh lacht – keine Störerhaftung mit offenem WLAN?

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In manchen Branchen haben die Mauern kurz gewackelt, als kürzlich die Meldung durch alle Medien kursierte, die Störerhaftung solle demnächst mit Einführung des offenen WLAN entfallen.

Aufgeschreckt sind sicherlich die Musik- und Filmbranche und noch mehr die Filesharing abmahnenden Kanzleien (z. B. Waldorf Frommer in München). Die Künstler – also die Urheber – werden eher nüchtern reagiert haben, da sie bislang, wenn überhaupt, ohnehin wenig vom Kuchen (Summe aus Lizenzschaden und Anwaltskosten) erhielten (PS: eigentlich gar nichts, sondern allenfalls und theoretisch auf mittelbarem Weg).

Noch einmal: Wer als Privatperson einen Router mit WLAN hat, soll nach Inkrafttreten der vorgesehenen Gesetzesänderung, also künftig – und nicht schon jetzt – diesen frei zugänglich machen können, ohne Gefahr zu laufen, als möglicher Störer in die Haftung genommen zu werden. Denkbar sind wie bisher Haftungsfälle wegen Urheberrechtsverletzungen aller Art, insbesondere Filesharing. Wer also künftig eine Horde Jugendlicher vor einem Haus ertappt – richtig: ein Haus mit offenem WLAN –, der vermutet aufgrund des Anscheinsbeweises vollkommen zu Recht, dass diese Jugendlichen massenweise Blockbuster „filesharen“!

Ob die Störerhaftung tatsächlich entfallen wird, steht noch nicht fest. Da wird es auf die gesetzliche Regelung ankommen. Das entsprechende Gesetz ist – glaube ich – noch nicht fertig und noch lange nicht in Kraft getreten.

Sollte es tatsächlich Gesetz werden, so kommt ein weiteres Risikomoment ins Spiel: die Rechtsprechung. Denn keiner weiß, wie die Gerichtsbarkeit – etwa Amts- und Landgericht München – künftig entscheiden wird. Irgendwann werden dann Fälle auch beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe (BGH) landen, der dann weitere Jahre später eine weitere Filesharing-Entscheidung treffen wird.

Eins steht fest: Der Eigentümer des WLAN-Routers, der ihn frei zugänglich macht, ist und bleibt Anschlussinhaber. Bei Rechtsverletzungen wird bekanntermaßen der Anschlussinhaber ermittelt (IP-Adresse, dann der Name). Deshalb erhielt auch immer der Anschlussinhaber als erstes ein Abmahnschreiben im Fall einer (vermeintlichen) Urheberrechtsverletzung.

Was soll sich daran ändern? Nichts. Nach Erhalt des Abmahnschreibens wird er sich zur Wehr setzen, sich darauf berufen, ein offenes WLAN zu betreiben, und sich in Sicherheit wiegen.

Ich kann schon jetzt die zu erwartenden Antwortschreiben der bekannten Abmahnkanzleien erahnen. Sinngemäß wird zu lesen sein: „… die bloße Behauptung, ein offenes WLAN zu betreiben, genügt nicht der sekundären Darlegungslast. Selbst der Nachweis eines offenen WLAN kann Sie nicht entlasten. Denn das kann ja jeder behaupten. Sie müssen darlegen und beweisen, zum Tatzeitpunkt das WLAN nicht selbst genutzt zu haben, und dass auch ein Familienangehöriger oder sonstige Dritte in Ihrer Wohnung den WLAN-Anschluss zum Tatzeitpunkt nicht genutzt haben.“

Fazit

Die Störerhaftung ist in der Praxis ja gar nicht das Problem, sondern der von den Gerichten behauptete Anscheinsbeweis für die Täterschaft des Anschlussinhabers. Und deshalb ist das eingangs erwähnte Beben der Mauern nur von kurzer Dauer gewesen.

Tipp: Gesetzestext abwarten. Denn: Wer zu früh lacht, lacht zu früh.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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