Zur eigenmächtigen Gehaltserhöhung durch den Geschäftsführer

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Wenn sich die Wege eines nicht gesellschaftsrechtlich mit dem Unternehmen verbundenen Geschäftsführer und dem Unternehmen trennen, kommt es nicht selten zu Streitigkeiten, die dann vor Gericht ausgetragen werden. Dabei werden die vorhandenen vertraglichen Bindungen der Parteien häufig erstmals durch die involvierten Rechtsanwälte juristisch geprüft. Sofern diese- wie insbesondere im Mittelstand häufig festzustellen – Ansatzpunkte für Ansprüche gewähren folgen daraus nicht selten langwierige Rechtsstreitigkeiten, wie eine jüngere Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15.4.2014 (Az. II ZR 44/13) zeigt.

Sachverhalt

Der zu entscheidende Sachverhalt ähnelt dabei der typischen Gestaltung eines mittelständischen Unternehmens.

Der Kläger war seit 1996 Geschäftsführer einer GmbH, die Komplementärin der beklagten Kommanditgesellschaft ist. Einziger Kommanditist und Gesellschafter der GmbH war der E. Im Verhältnis zur GmbH war der Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit, d. h. er konnte als Vertreter der Gesellschaft mit sich selbst wirksam Rechtsgeschäfte abschließen. Im Verhältnis zur Kommanditgesellschaft, die durch die Komplementärin und dadurch von dem Geschäftsführer vertreten wurde, war eine Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB nicht vereinbart.

Unter dem 01.01.1997 unterzeichnete der Kläger für die Kommanditgesellschaft und für sich selbst einen Anstellungsvertrag mit einem Jahresgehalt von 72.000 DM (36.813,02 EUR). Das Jahresgehalt wurde durch gesonderte Vereinbarungen in den Folgejahren auf zuletzt 132.000 EUR erhöht.

Im Jahre 2009 wurde der Kläger als Geschäftsführer abberufen und das Anstellungsverhältnis kurze Zeit später aus wichtigem Grund gekündigt.

Mit der Klage machte der Kläger sein rückständiges Gehalt geltend, und zwar für einen Zeitraum der teilweise vor der Kündigung lag und bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist dauerte.

Die Beklagte verlangte im Gegenzug im Wege der Widerklage u.a. die Rückzahlung der gesamten Bezüge ab dem Jahre 2006 im Umfang von ca. 385.000 EUR.

Das Berufungsgericht hatte der Klage insoweit stattgegeben, als dass es den Anspruch des Klägers bis zum Zeitpunkt der fristlosen Kündigung anerkannt hat. Die Widerklage wurde abgewiesen.

Auf die Berufung wurde das Urteil aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an das Kammergericht zurückverwiesen, um weiteren Sachverhalt aufzuklären.

Entscheidung

Grundlage der Entscheidung war die für viele vielleicht überraschende Feststellung, dass es einen wirksamen Geschäftsführeranstellungsvertrag nicht gab. Denn da der Geschäftsführer im Verhältnis zur Kommanditgesellschaft als seiner Vertragspartnerin nicht vom § 181 BGB befreit war, war der Vertrag schwebend unwirksam und hätte von der Kommanditgesellschaft genehmigt werden müssen. Dies ist jedoch nicht ausdrücklich erfolgt. Auch die Vertragsänderungen hätten danach durch die Gesellschafterversammlung der Kommanditgesellschaft genehmigt werden müssen.

Allerdings war durch das Berufungsgericht festgestellt worden, dass der Gesellschafter E zumindest Kenntnis von der Tatsache hatte, dass der Kläger als Geschäftsführer tätig wurde und ihm ursprünglich ein Gehalt von 72.000 DM gezahlt wurde.

Nach Ansicht des BGH stellt aber allein diese Kenntnis noch keine Genehmigung dar.

Der BGH hat allerdings entsprechend seiner bisherigen Rechtsprechung anerkannt, dass die Rückabwicklung des Rechtsverhältnisses über das Bereicherungsrecht nicht praktikabel wäre und die Grundsätze des faktischen Arbeitsverhältnisses auch auf den Anstellungsvertrag angewandt. Folge hiervon ist, dass der Vertrag bis zur Kündigung als wirksam angesehen wurde, jedoch mit der Kündigung automatisch ohne weitere Frist endete.

Fraglich war dann aber die Höhe der geschuldeten Vergütung. Aufgrund der Feststellungen konnte nur davon ausgegangen werden, dass die ursprüngliche Vergütungshöhe dem Gesellschafter bekannt war. Ob die Erhöhungen ihm bekannt waren – der Kläger hatte dargelegt, dass die Erhöhungen abgestimmt gewesen seien – muss jetzt von dem Berufungsgericht durch Beweisaufnahme geklärt werden. Wenn dem Gesellschafter aber die Erhöhung bekannt war und er die weitere Tätigkeit nicht unterbunden hat, soll die Gesellschaft das erhöhte Gehalt schulden.

Stellungnahme

Das Urteil hat bereits einige Kritik erfahren. Ansatzpunkt ist hierbei insbesondere, dass der BGH de facto anerkannt hat, dass der Geschäftsführer eigenmächtig unter Überschreitung seiner Vertretungsmacht sein Gehalt erhöhen kann, wenn nur ein Gesellschafter Kenntnis von der Erhöhung hat und gegen die weitere Tätigkeitsausübung nicht vorgeht.

Dies widerspricht allerdings objektiv betrachtet den sonstigen Regelungen im Falle der Überschreitung von Vollmachten. Auch stellt sich die Frage, ob der Geschäftsführer in diesem Fall wirklich schutzbedürftig ist.

In der Praxis der Instanzengerichte wird durch die Rechtsprechung aber immerhin ein Wertungsspielraum eröffnet, wenn die bestehenden Vertragswerke fehlerhaft erstellt sind. Dies ist jedenfalls im Recht der GmbH und GmbH & Co. KG nicht selten festzustellen.

Fehlerquellen sind dort häufig, dass die Anstellungsverhältnisse für die Gesellschaft nicht von den richtigen Vertretern abgeschlossen werden. Im Rahmen der GmbH ist dies grundsätzlich die Gesellschafterversammlung, die einen Vertreter bestimmen muss, der den Anstellungsvertrag mit dem Geschäftsführer schließt. Häufig erfolgt der Vertragsschluss aber durch den Geschäftsführer selbst oder weitere Geschäftsführer.

Sollten Unsicherheiten bestehen, müssten also die bestehenden Verträge sicherheitshalber in der Gesellschafterversammlung genehmigt werden und dies auch im Protokoll festgehalten werden.

Ein weiterer Punkt, der überprüft werden sollte, ist, abzuklären, inwieweit die Befreiungen vom § 181 BGB in der Bestellung und im Anstellungsvertrag übereinstimmen.

Jedenfalls sollte das Urteil Anlass sein, die eigenen Vertragswerke einmal auch im eigenen Interesse auf die Wirksamkeit hin zu überprüfen.

RA Heiko Effelsberg, LL.M.

Fachanwalt für Versicherungsrecht



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