Massenentlassung: Wie muss sie angezeigt werden und welche Möglichkeiten haben Arbeitnehmer?
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Arbeitgeber müssen den Betriebsrat über die Entlassung mehrerer Beschäftigter informieren und sie der Agentur für Arbeit anzeigen. Deren Bescheid heilt dabei keine Fehler der Massenentlassungsanzeige.
Definition: Wann spricht man von einer Massenentlassung?
Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) schreibt für Betriebe mit regelmäßig 21 bis 59 Arbeitnehmern, die mehr als fünf von ihnen innerhalb von 30 Kalendertagen entlassen wollen, ein besonderes Verfahren vor. Die Zahl der Entlassungen erhöht sich für Betriebsgrößen zwischen 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern auf ein Zehntel der Belegschaft oder mehr als 25 Entlassungen im genannten Zeitraum - ab 500 Arbeitnehmern sind es mindestens 30 Entlassungen. In diesen Fällen spricht man von Massenentlassungen.
Massenentlassung: Wem muss Sie angezeigt werden?
Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat den Beschäftigtenstand sowie Gründe, Anzahl und Zeitraum der geplanten Entlassungen rechtzeitig mitteilen. Auch die von ihnen betroffenen Berufsgruppen sowie die Kriterien der Auswahl und Abfindungsberechnung sind zu nennen. Der Arbeitgeber muss mit dem Betriebsrat außerdem über Alternativen zur Entlassung und mögliche sie mildernde Maßnahmen verhandeln.
Was mitgeteilt und besprochen wurde, ist anschließend der Agentur für Arbeit schriftlich mit der Stellungnahme des Betriebsrats zu übermitteln. Der Massenentlassungsanzeige beizufügen ist in der Regel auch ein Interessenausgleich. In diesem vereinbaren Betriebsrat und Arbeitgeber schriftlich, über alle Fragen, die mit den geplanten Entlassungen zusammenhängen, gesprochen zu haben. Ein fehlender Interessenausgleich birgt für den Arbeitgeber ein finanzielles Risiko. Denn betroffene Arbeitnehmer können aufgrunddessen einen Nachteilsausgleich verlangen. Zur Massenentlassungsanzeige zwingend erforderlich ist er jedoch nicht. Mit einer Liste der betroffenen Arbeitnehmer versehen kann er allerdings eine fehlende Stellungnahme ersetzen. In der Massenentlassungsanzeige selbst muss der Arbeitgeber noch weitere Informationen unter anderem über sich und die Betriebsart und -größe geben.
Massenentlassung & fehlerhafte Anzeige: Was sind die Folgen für Arbeitnehmer?
Fehler des Arbeitgebers werden durch den bestandskräftigen Bescheid der Agentur für Arbeit zur Massenentlassung nicht geheilt. In der Folge sind die Entlassungen unwirksam. Das hat nun das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden. Geklagt hatte ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitgeber in die Insolvenz geraten war. Der Insolvenzverwalter hatte daraufhin eine Massenentlassung vorgenommen. Allerdings ohne einen der Massenentlassungsanzeige beigefügten Interessenausgleich mit Namensliste oder einer Stellungnahme des Betriebsrats. Dieser hatte der Agentur für Arbeit lediglich mitgeteilt, über die Massenentlassungsanzeige informiert worden zu sein. Mangels eindeutiger, abschließender Meinungsäußerung war das nicht ordnungsgemäß. Trotz des Formfehlers kann man darauf nicht verzichten. Die Entlassung des Klägers war unwirksam.
(BAG, Urteil v. 28.06.2012, Az.: 6 AZR 780/10)
Häufige Fragen und Antworten zur Massenentlassung
Wann liegt eine Massenentlassung vor?
Eine Massenentlassung liegt immer dann vor, wenn innerhalb von 30 Tagen mehr als eine bestimmte Anzahl an Mitarbeitern entlassen werden. Der genaue Schwellenwert hängt von der Größe des Betriebs ab. Bei einem Betrieb mit bis zu 59 Arbeitnehmern liegt die Grenze z. B. bei mindestens sechs Arbeitnehmern, während sie bei einer Betriebsgröße von 370 Arbeitnehmern erst bei mindestens 26 Arbeitnehmern überschritten wird.
Welche Anforderungen muss eine Massenentlassung erfüllen?
Bei Überschreiten dieser Grenze muss der Arbeitgeber ein besonderes Verfahren durchlaufen und eng mit dem Betriebsrat zusammenarbeiten sowie die Massenentlassung bei der Agentur für Arbeit anzeigen. Fehler in diesem Verfahren, z. B. bei der Massenentlassungsanzeige, können die Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigungen zur Folge haben.
(GUE)
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