10 Fragen und Antworten zu Kurzarbeit wegen Coronavirus

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1.  Was bedeutet Kurzarbeit und was ist Kurzarbeitergeld?

Wenn aufgrund der Einschränkungen, wie derzeit durch das Coronavirus, Betriebe weniger Aufträge haben oder sogar vollständig geschlossen werden müssen, gibt es die Möglichkeit, den Ausfall über das Mittel der Kurzarbeit zumindest teilweise zu kompensieren. Die Bundesagentur für Arbeit zahlt das Kurzarbeitergeld als teilweisen Ersatz des ausfallenden Arbeitseinkommens.

Durch Kurzarbeit wird die Arbeitszeit reduziert, das kann bei vollständigem Arbeitsausfall auch einen Arbeitsausfall von 100 % (sog. Kurzarbeit null) sein.  

2. In welcher Höhe wird das Kurzarbeitergeld gezahlt?

Für die Höhe des Kurzarbeitergeldes kommt es darauf an, wie hoch der sog. Nettoentgeltausfall ist, wie viel weniger der Arbeitnehmer also aufgrund der reduzierten Arbeitszeit netto verdient. Von dieser Nettoentgeltdifferenz werden 60 % durch das Kurzarbeitergeld ausgeglichen. Wenn im Haushalt des Arbeitnehmers mindestens ein Kind lebt, dann erhält er 67 % des ausgefallenen Nettoentgelts. Beträgt das Nettogehalt bei voller Arbeit beispielsweise 2.000 € und aufgrund der eingeführten Kurzarbeit nur noch 1.000 €, dann beträgt das Kurzarbeitergeld der Bundesagentur für Arbeit also 600 € (= 60 %) oder 670 € (= 67 %).

Vom Arbeitgeber erhält der Arbeitnehmer in diesem Beispiel also 1.000 € und von der Bundesagentur für Arbeit 600 € bzw. 670 € Kurzarbeitergeld.

Die genaue Berechnung erfolgt anhand eines pauschalierten Nettoentgelts, Tabellen für die genaue Berechnung sind von der Bundesagentur für Arbeit veröffentlicht.

3. Darf ich einen Nebenjob ausüben und hinzuverdienen?

Wenn der Arbeitnehmer schon vorher einen Nebenjob ausgeübt hat, dann darf er diesen auch weiterhin ausüben und der Hinzuverdienst wird nicht angerechnet. Der Nebenjob darf während der Kurzarbeit auch aufgestockt werden, ich kann also auch einen größeren Hinzuverdienst anrechnungsfrei erzielen.

Den Nebenjob muss ich vor dem Eintritt der Kurzarbeit schon ausgeübt haben. Maßgeblich für den Beginn der Kurzarbeit ist der erste Abrechnungsmonat.

Nehme ich erst während der Kurzarbeit einen Nebenjob auf, wird das daraus erzielte Einkommen aber von der Bundesagentur für Arbeit voll angerechnet.

4. Kann der Arbeitgeber mich zur Kurzarbeit zwingen?

Grundsätzlich gilt der geschlossene Arbeitsvertrag mit den darin vorgesehenen Wochenarbeitsstunden. Der Arbeitgeber kann nicht einseitig wirksam Kurzarbeit anordnen. Er muss sich mit jedem Arbeitnehmer über die Einführung und die Einzelheiten der Kurzarbeit einigen. Gelingt eine Einigung nicht, kann der Arbeitgeber die Änderung nur mit einer sog. Änderungskündigung erreichen. Dafür müssen aber die Kündigungsfristen eingehalten werden, eine kurzfristige Einführung ist damit in den meisten Fällen nicht zu erreichen.

Besteht im Betrieb ein Betriebsrat, muss dieser bei der Einführung von Kurzarbeit zwingend nach § 87 BetrVG beteiligt werden. Einigen sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht, entscheidet die sog. Einigungsstelle, wie in allen Fällen des § 87 BetrVG. Es gilt nicht die Ausnahme, dass der Arbeitgeber in notstandsartigen Situationen in den Fällen des § 87 BetrVG erst einmal ohne Zustimmung wirksam allein entscheiden kann. Eine solche Ausnahme liegt bei den Auswirkungen der Pandemie aufgrund des Coronavirus nicht vor, es ist keine Entscheidung genau in der Minute zu treffen.

Einigen sich Arbeitgeber und Betriebsrat in Form einer Betriebsvereinbarung kann damit auch gegen den Willen der Arbeitnehmer wirksam Kurzarbeit eingeführt werden. In diesem Fall ist die Zustimmung der einzelnen Arbeitnehmer also nicht mehr Voraussetzung für die wirksame Einführung von Kurzarbeit.

5. Muss ich meinen Urlaub vor der Kurzarbeit nehmen und Überstunden vorher abbauen?

Wenn noch Urlaubsansprüche aus dem Vorjahr bestehen, dann ist dieser zunächst zu nehmen. Der Urlaubsanspruch des laufenden Jahres muss nicht vorher erfüllt sein. Grundsätzlich ist der Abbau von positiven Arbeitszeitsalden erforderlich. Neu ist, dass auf den Aufbau von Negativsalden nicht verlangt wird. Es gibt aber auch geschützte Arbeitszeitsalden, nämlich solche, die

  • vertraglich ausschließlich zur Überbrückung von Arbeitsausfällen außerhalb der Schlechtwetterzeit bestimmt sind und 50 Stunden nicht übersteigen,
  • ausschließlich für die in § 7c Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) genannten Zwecke bestimmt sind (Verwendung von Wertguthaben),
  • zur Vermeidung der Inanspruchnahme von Saison-Kurzarbeitergeld angespart worden sind und den Umfang von 150 Stunden nicht übersteigen,
  • den Umfang von zehn Prozent der ohne Mehrarbeit geschuldeten Jahresarbeitszeit eines Arbeitnehmers übersteigen (d. h., Zeitguthaben ist auf jeden Fall bis zur Höhe von 10 v. H. der geschuldeten Jahresarbeitszeit einzubringen),
  • länger als ein Jahr unverändert bestanden haben.

6. Darf der Arbeitgeber einen Zuschuss zum Kurzarbeitergeld zahlen?

Der Arbeitgeber kann den Einkommensverlust des Arbeitnehmers dadurch verringern, dass er einen Zuschuss zum Kurzarbeitergeld zahlt. Dieser Zuschuss bleibt bei der Zahlung des Kurzarbeitergeldes durch die Bundesagentur für Arbeit anrechnungsfrei.

7. Müssen alle im Betrieb von Kurzarbeit betroffen sein?

Kurzarbeit muss nicht in allen Abteilungen des Betriebs eingeführt werden, die Kurzarbeit muss auch nicht für jeden Arbeitnehmer in derselben Höhe eingeführt werden. Die Voraussetzung für die Einführung von Kurzarbeit ist insoweit gerade durch den Gesetzgeber geändert worden. Vorher musste mindestens ein Drittel der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sein, nunmehr reicht es aus, wenn 10 % von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als zehn Prozent betroffen sind.

8. Verringert sich mein Anspruch auf Arbeitslosengeld durch das Kurzarbeitergeld?

Kurzarbeit soll helfen, den Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen zu vermeiden. Wird der Arbeitnehmer gleichwohl arbeitslos, hat der vorherige Bezug von Kurzarbeitergeld keine negativen Auswirkungen auf das Arbeitslosengeld. Die Zeiten der Beschäftigung im Rahmen der Kurzarbeit zählen genauso als Beschäftigungszeiten, um einen Anspruch auf Arbeitslosengeld überhaupt zu begründen. Die Höhe des Arbeitslosengeldes berechnet sich nach dem Arbeitslohn, der ohne Kurzarbeit erzielt worden wäre.

9. Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes

Kurzarbeitergeld kann bis zum Ablauf von zwölf Monaten seit dem ersten Kalendermonat gewährt werden, für den Kurzarbeitergeld gezahlt wird.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann bei außergewöhnlichen Verhältnissen auf dem gesamten Arbeitsmarkt diese Bezugsdauer bis auf 24 Monate verlängern.

10. Wie wirkt sich Kurzarbeit auf Arbeitsunfähigkeit aus?

Anspruch auf Kurzarbeitergeld haben auch arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer

  • wenn die Arbeitsunfähigkeit während des Bezuges von Kurzarbeitergeld eintritt und
  • solange Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfall besteht oder ohne den Arbeitsausfall bestehen würde.

Ist die Arbeitsunfähigkeit durch das Verschulden eines Dritten eingetreten (z. B. Verkehrsunfall), geht der Anspruch des Verletzten in Höhe des Kurzarbeitergeldes gemäß § 116 SGB X auf die Bundesagentur für Arbeit über.


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