10 Scheidungsirrtümer - Lesen Sie hier, was wirklich stimmt!

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10 beliebte Scheidungsirrtümer

Hartnäckig halten sich viele Gerüchte zum Thema Scheidung. Der folgende Artikel gibt Aufschluss, was tatsächlich stimmt und welche Irrtümer zu Unrecht noch immer weit verbreitet sind.

1. Per Mausklick zur Scheidung: die Online-Scheidung

Viele Kanzleien bieten die Durchführung einer Online-Scheidung an. Immer mehr Mandanten glauben, die Scheidung lasse sich dadurch quasi per Mausklick herbeiführen. Das stimmt so nicht. Jedem Scheidungsantrag folgt zwingend ein Scheidungstermin, in dem in der Regel beide Ehepartner vor Gericht erscheinen müssen. Eine Ausnahme kann z.B. gelten, wenn ein Ehepartner im Ausland wohnt. Das Gericht hat dann die Möglichkeit, diesen Ehepartner von der Pflicht bei Gericht zu erscheinen, zu entbinden.

Online Scheidung bedeutet also nur, dass die gesamte Kommunikation mit dem Anwalt vor dem Scheidungstermin online erfolgt. Das kann sinnvoll und zeitsparend sein, wenn es sich um eine einvernehmliche Scheidung handelt.

Oft ist bei einer Scheidung aber mehr zu klären, beispielsweise Fragen zu Kindesunterhalt, Ehegattenunterhalt, Ehewohnung, Zugewinn etc. In diesen Fällen halten wir ein Beratungsgespräch mit einem Anwalt für sinnvoll, das im Übrigen auch keine weiteren Kosten verursacht, sondern auf die ohnehin entstehende Verfahrensgebühr angerechnet wird. In jedem Fall gibt ein persönliches und individuelles Gespräch mit einem Anwalt Aufschluss über viele offene Fragen. Aus Erfahrung können wir sagen, dass gerade in Scheidungsfällen ein anwaltliches Beratungsgespräch vielen Mandanten eine große Last nimmt. Kein Rechtsportal kann eine individuelle anwaltliche Beratung ersetzen.

2. Eine Online-Scheidung ist günstiger

Ein klares Nein. Die Scheidungsgebühren sind gesetzlich festgelegt und dürfen nicht unterschritten werden. Egal ob Sie eine Online-Scheidung durchführen oder nicht, die Kosten bleiben gleich. Mehr zum Thema Kosten einer Scheidung erfahren Sie hier.

3. Ich hafte für die Schulden meines Ehegatten

Hier ist zunächst zu unterscheiden zwischen Schulden, die vor und die während der Ehe gemacht werden.

Für Schulden vor der Ehe haftet jeder Ehepartner alleine. Der andere Ehepartner wird durch die Ehe nicht zum Mitschuldner.

Für Schulden während der Ehe gilt folgendes: Lediglich für Dinge, die zur Deckung des Lebensbedarfes angeschafft werden, haften beide Ehepartner. Dies kann zum Beispiel ein Fernseher sein, die Telefonrechnung oder Kosten für einen Kühlschrank. Handelt es sich aber um Luxusgüter, die mit der Deckung des Lebensbedarfs nichts mehr zu tun haben, haftet der andere Ehegatte nicht. Was noch als Deckung des Lebensbedarfs gilt, ist von Ehe zu Ehe unterschiedlich zu beurteilen und hängt im Wesentlichen von den Einkommensverhältnissen und dem Lebensstil der Ehepartner ab.

Beide Ehepartner haften allerdings dann, wenn sie sich vertraglich zur Haftung bereit erklären, z.B. als weiterer Vertragspartner oder als Bürge.

4. Nach der Ehe bekommt jeder die Hälfte

Hier kommt der juristische Begriff des Zugewinnausgleichs ins Spiel, der für den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gilt. Haben die Ehepartner keinen Ehevertrag geschlossen, so leben sie automatisch in dem gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Es gilt dann der Grundsatz, dass der während der Ehe erwirtschaftete Zugewinn zu teilen ist. Also nur was in der Ehe erwirtschaftet wurde, muss geteilt werden.

Hierzu folgendes Beispiel:

Der Ehemann hat vor der Ehe ein Vermögen von einer halben Million EUR und zum Zeitpunkt der Scheidung von 600.000 EUR, die Ehefrau hat vor der Ehe kein Vermögen und zum Zeitpunkt der Scheidung ein Vermögen von 150.000 EUR. Die Differenz des Vermögens beträgt damit 450.000 EUR. Man könnte meinen, der Ehemann muss der Ehefrau die Hälfte hiervon, also 225.000 EUR ausgleichen. Diese Berechnung ist grob falsch.

Vielmehr hat die Frau an ihren Mann 25.000 EUR auszugleichen. Denn es kommt darauf an, was während der Ehe erwirtschaftet wurde. Und in obigem Beispiel hat die Ehefrau 50.000 EUR mehr als der Mann erwirtschaftet. Sie muss daher die Hälfte hiervon an den Mann ausgleichen. Dass der Ehemann vor der Ehe ein Vermögen von einer halben Million EUR hatte und die Ehefrau kein Vermögen, bleibt bei dieser Berechnung also komplett außer Acht, denn dem Zugewinn unterfällt nur, was in der Ehe erwirtschaftet wurde.

Zeitpunkt für die Berechnung des Zugewinns ist die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags. Lebt ein Ehepaar seit mindestens drei Jahren getrennt, kann auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns geklagt werden, ohne dass ein Scheidungsverfahren eingeleitet wird.

5. Erst bei Einreichung des Scheidungsantrags habe ich Anspruch auf Auskunftserteilung über das Vermögen des anderen Ehegatten

Ein solcher Anspruch besteht bereits nach der Trennung und soll Schutz bieten vor illoyalen Vermögensverschiebungen. Der Ehepartner kann eine vollständige Aufstellung aller Vermögensposten, die für die Berechnung des Zugewinnausgleichs relevant sind, verlangen.

Dieser Anspruch bietet folgenden prozessualen Vorteil: Ist das Vermögen zum (späteren) Zeitpunkt des Scheidungsantrags geringer, muss der andere Ehegatte darlegen und beweisen, dass die Vermögensverminderung nicht aufgrund von illoyalen Vermögensverschiebungen eingetreten ist. Wenn dieser Beweis nicht gelingt, wird eine illegale Vermögensverminderung gesetzlich vermutet und das verringerte Vermögen dem Endvermögen wieder hinzugerechnet, was eine höhere Ausgleichsforderung zur Folge hat.

Getrenntlebenden Ehegatten ist daher dringend zu empfehlen, bereits nach der Trennung den anderen Ehegatten aufzufordern, Auskunft über sein Vermögen im Zeitpunkt der Trennung zu erteilen.

6. Bei einvernehmlicher Scheidung brauche ich keinen Anwalt

Ein beliebter Irrtum ist, dass wenn sich beide Ehepartner scheiden lassen wollen, ein Anwalt nicht erforderlich ist. Richtig ist, dass bei jeder Scheidung zumindest ein Ehepartner anwaltlich vertreten sein muss und zwar der, der den Scheidungsantrag stellt. Aber auch für den anderen Ehepartner ist in vielen Fällen die Hinzuziehung eines Anwalts sinnvoll. Etwa wenn vor Gericht eigene Anträge beispielsweise auf Unterhalt oder Zuweisung der Ehewohnung gestellt werden sollen. Mehr zum Thema Anwaltszwang hier.

7. Eine Scheidung ist sehr teuer

Auch diese Aussage ist so pauschal nicht richtig. Die Anwalts- und Gerichtskosten einer Scheidung hängen zunächst vom Einkommen der Eheleute ab, da das dreifache Nettoeinkommen beider Eheleute den Gegenstandswert bildet. Nach diesem Gegenstandswert werden die Anwalts- und die Gerichtskosten berechnet. Eine Doppel-Verdienerehe scheiden zu lassen, ist also teurer, als wenn nur ein Ehepartner arbeitet. Wird ein Versorgungsausgleich durchgeführt, so erhöht auch dies den Gegenstandswert. Werden weitere Streitpunkte vor Gericht verhandelt wie zum Beispiel Sorgerecht, Zuweisung der Ehewohnung oder Zugewinn erhöht dies natürlich auch den Gegenstandswert. Oftmals kann bei diesen Punkten eine außergerichtliche Einigung herbeigeführt werden.

Ein Beispiel zur Berechnung der Anwaltskosten einer Scheidung, bei der der Ehemann netto 2.000,- EUR verdient und Alleinverdiener ist und ein Versorgungsausgleich nicht durchgeführt werden soll:

Der Gegenstandswert beträgt in diesem Fall das dreifache Nettoeinkommen: 6.000,- EUR. Die Anwaltskosten belaufen sich auf 1.076,95 EUR (brutto) und beinhaltet die Verfahrenskosten, die Kosten für den Termin und die allgemeine Unkostenpauschale.

Wer nicht in der Lage ist, die Kosten einer Scheidung zu tragen, hat die Möglichkeit Verfahrenskostenhilfe zu beantragen.

Sie möchten wissen, wie teuer Ihre Scheidung ist? Erfahren Sie hier mehr.

8. Ein Ehevertrag muss vor der Ehe geschlossen werden

Ein Ehevertrag kann zu jedem Zeitpunkt – egal ob vor oder während der Ehe – geschlossen werden. Dabei muss man nicht unbedingt den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft aufgeben. Der gesetzliche Güterstand kann auch lediglich geändert, also „modifiziert“ werden. Zum Beispiel kann vereinbart werden, dass einzelne Vermögenswerte wie Immobilien oder ein Unternehmen nicht dem Zugewinn unterliegen sollen.

Wer einen Ehevertrag abgeschlossen hat, tut gut daran, diesen in regelmäßigen Abständen überprüfen und neuen Begebenheiten anpassen zu lassen (z.B. neue Kinder) und zu prüfen, ob der Vertrag noch in Einklang mit der geltenden Rechtslage steht.

9. Trennungsjahr bedeutet, dass die Ehepartner ein Jahr in getrennten Haushalten leben müssen

Nein. Auch innerhalb eines Haushalts können die Ehepartner getrennt leben. Welche Anforderungen an eine Trennung innerhalb eines Haushalts gestellt werden, hängt von den jeweiligen Gerichtsgepflogenheiten ab. Getrenntes Schlafen und Essen genügt in der Regel aber nicht. Jeder Ehepartner muss sich auch selbst versorgen und mit eigener Kasse wirtschaften. Die gemeinschaftlichen Räume der Wohnung können von den Eheleuten natürlich weiterhin genutzt werden.

10. Nach der Scheidung erhält die Frau das Sorgerecht für die Kinder

Vater und Mutter steht das Sorgerecht auch nach der Scheidung gemeinsam zu. Alle wichtigen Entscheidungen, die das Wohl des Kindes berühren, werden daher weiterhin gemeinsam getroffen.

Alleinige Sorge erhält ein Elternteil nur dann, wenn der andere Elternteil auf sein Sorgerecht verzichtet oder das Wohl des Kindes das alleinige Sorgerecht rechtfertigt.

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