ABFINDUNG im Arbeitsrecht!!!

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Um es gleich zu Beginn klar und deutlich zu sagen: Nicht jede Beendigung eines Arbeitsverhältnisses hat auch immer eine Abfindung zur Folge!!!

In der Praxis werde ich als Arbeitsrechtler oft von Arbeitnehmern mit der Frage konfrontiert: "Wie hoch ist meine Abfindung?" dies dann noch gepaart mit den vergleichenden Ausführungen "mein Kollege hat aber eine höhere Abfindung bekommen".

In diesen Fällen darf ich immer darauf hinweisen, dass es grundsätzlich keinen gesetzlichen Abfindungsanspruch gibt und jeder konkrete Einzelfall für sich zu betrachten ist. Ob tatsächlich eine Abfindung erzielt werden kann, hängt von zahlreichen Faktoren ab. Neben rechtlichen Überlegungen spielt auch sehr oft das Verhandlungsgeschick eine große Rolle.

Abfindungen ergeben sich in der Praxis sehr häufig aus den Drucksituationen, denen sich die einzelnen Parteien ausgesetzt sehen. Dabei ist sowohl die Seite des Arbeitgebers als auch die Seite des Arbeitnehmers zu betrachten. Hier sind unterschiedliche Interessen und Befindlichkeiten vorhanden.

Auf Arbeitgeberseite stellt sich dabei zunächst die Frage, möchte ich mich vom Arbeitnehmer trennen und was sind die Gründe.  Hat der Arbeitgeber Kündigungsgründe und halten diese einer rechtlichen Überprüfung durch ein Arbeitsgericht stand und wie wirksam ist eine Kündigung? Auch der wirtschaftliche Aspekt (Was kostet der AN den AG weiterhin noch?) spielt gerade bei bestehender Arbeitsunfähigkeit eine Rolle. Für den Arbeitgeber ist auch sehr wichtig, ob er sich im Annahmeverzug befindet und ihm aufgrund des Annahmeverzuges noch weitere Kosten drohen. Annahmeverzug bedeutet für den Arbeitgeber die ungünstige Position, dass er weiter Vergütung für den Arbeitnehmer zahlen muss, ohnen von ihm eine Gegenleistung in Form seiner Arbeitsleistung zu erbringen.

Als grober Anhaltspunkt darf man festhalten, dass je eher die Kündigung unwirksam ist, desto mehr eine entsprechende Abfindung verhandelt werden kann. Dies alles allerdings immer bis zur Grenze, dass der Arbeitgeber irgendwann entscheidet, dass die ganze Angelegenheit für ihn zu teuer wird und er die Kündigung zurück nimmt. Hier ist zu beachten, dass einen Kündigung eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung ist, die nach Zugang nicht mehr einseitig vom Arbeitgeber zurückgenommen werden kann. Die Kündigungsrücknahme ist somit ein Angebot des AG auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses an den AN, welches der Annahme durch den AN bedarf. Deshalb findet sich hier häufig die Erklärung, dass beide Seiten aus der Kündigung keine Rechte mehr herleiten und das Arbeitsverhältnis ungekündigt fortgesetzt wird.

Auf Arbeitnehmerseite kommt nach erfolgter Kündigung häufig die Frage auf, ob er das Arbeitsverhältnis überhaupt noch fortsetzen möchte. Mit einer Kündigungsschutzklage begehrt der Arbeitnehmer auf dem Papier die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung und damit die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Mit einem obsiegenden Urteil beim Arbeitsgericht behält er weiterhin seinen Arbeitsplatz beim jetzigen Arbeitgeber. Eine Abfindung erhält jedoch durch Urteil nicht. 

Damit der Arbeitnehmer bei einer Kündigung überhaupt in die Situation von Abfindungsverhandlungen gelangt, ist es notwendig, dass er innerhalb der Frist von drei Wochen ab Zugang der Kündigung, gegen selbige zum Arbeitsgericht klagt. Nur dann wird überhaupt noch geprüft, ob die Kündigung wirksam ist oder nicht. Nur dann ist der Arbeitgeber auch weiterhin dem Druck ausgesetzt, dass seine Kündigung unwirksam ist, er seinen AN weiter behält und ggfs. sich einem Annahmeverzuglohnrisiko aussetzt.

Häufig werden spätestens im Gütetermin beim Arbeitsgericht Vergleichsgespräche auch über eine Beendigung mit Abfindung geführt, nachdem das Gericht seine erste Einschätzung zu den Erfolgsaussichten gegeben hat. Auch wenn die jeweiligen Parteien durch ihre Rechtsanwälte stets nachvollziehbar das Gegenteil ausführen, will meistens weder der AG nach erfolgter Kündigung den AN zurück, noch will der AN wieder sein Arbeitsverhältnis haben. Dies ist dann der ideale Keimboden für lösungsorientierte Abfindungsverhandlungen.

Für die Höhe der jeweiligen Abfindung sind dann wieder die konkreten Parameter des Einzelfalls maßgeblich wie z.B. Dauer der Betriebszugehörigkeit, Kündigungsgründe, Sonderkündigungsschutz, Verdienst usw. Als Orientierungspunkt kann dabei oft die sogenannte Faustformel dienen, die von den Arbeitsgerichten dann herangezogen wird, wenn der Ausgang der Kundigungsstreitigkeit offen ist. Faustformel bedeutet 0,5 Bruttomonatsverdienste pro Beschäftigungsjahr. Dies ist tatsächlich aber nur ein Anhaltspunkt und ist jeweils im konkreten Fall und in der jeweiligen Verfahrenssituation zu bewerten. Deshalb sind Abfindung auch unter verschiedenen Arbeitnehmern nur sehr schwer zu vergleichen, weil es immer unterschiedliche Ausgangssituationen gibt (Unterschiedliche Betriebszugehörigkeit, unterschiedliche Verdienste, Abmahnungen - keine Abmahnungen usw.).

Deshalb ist es von grundlegender Bedeutung, dass für den konkreten Einzelfall rechtzeitig die Prüfung und Einschätzung der Möglichkeiten und des weiteren Vorgehens durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht erfolgt. Auch der Arbeitgeber sollte bevor eine Kündigung ausspricht mit dem Anwalt seiner Wahl Rücksprache halten und die einzelnen Vorgehensweisen erörtern. Dies kann häufig überstürztes, unüberlegtes Handeln vermeiden und letztlich bares Geld wert sein.

Michael Walther

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kanzlei Görhardt Kohlmorgen Hemmer Walther

Offenburg


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