Abfindungsvertrag oder Kündigungsschutzklage?

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In unserer täglichen Praxis stellen wir häufig fest, dass viele Unternehmen von sich aus einem Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag mit einer Abfindung anbieten. In einigen Fällen wird dem Arbeitnehmer allerdings eine nur geringe Bedenkzeit von wenigen Tagen oder Stunden eingeräumt und mit der Kündigung gedroht, falls der Abfindungsvertrag nicht unterschrieben wird. Hierdurch fühlen sich die Betroffenen meist so unter Druck gesetzt, dass sie gewillt sind, den Vertrag ohne weitere Prüfung zu unterschreiben.

Vor solchen Kurzschlussreaktionen ist dringend zu warnen. Denn häufig wird eine künstliche Drucksituation erzeugt, weil viele Unternehmen Rechtsstreitigkeiten von vornherein zu vermeiden versuchen, da ihnen kein rechtlicher Kündigungsgrund zur Seite steht. In einer solchen Situation raten wir, umgehend einen Anwalt mit der rechtlichen Prüfung zu beauftragen. 

Im Beratungsgespräch stellen wir den Betroffenen oft die Frage, sich insbesondere die Abfindungssumme genauer anzusehen. Auf den ersten Blick kann es viel Geld sein, aber ist es wirklich so viel? Oftmals wird nämlich übersehen, dass Abfindungen zu versteuern sind und mit einem deutlichen Rentenabschlag zu rechnen ist. Ist der Arbeitnehmer nach Abschluss des Aufhebungsvertrages arbeitslos und wird bei der Arbeitsagentur vorstellig, kommt oftmals schnell eine weitere  Ernüchterung. Denn der Abschluss eines Aufhebungsvertrages ist das aktive Lösen des Arbeitsverhältnisses und wird einer Eigenkündigung gleichgestellt.

Die Verhängung einer dreimonatigen Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld I kann somit die Folge sein. Ausnahmen werden nur dann gemacht, wenn der Arbeitnehmer einen wichtigen Grund für den Abschluss eines Aufhebungsvertrages hatte. Ein solcher liegt aber nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer durch die Vertragsaufhebung einer ansonsten betriebsbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber zuvorkommen wollte. Ob tatsächlich betriebsbedingte Gründe für eine Kündigung vorliegen, kann von den Arbeitnehmern zumeist aber nicht eingeschätzt werden. Daher besteht ein erhebliches  Restrisiko für eine  Sperrzeitverhängung.

Bei einer schlechten Ausgangslage für den Arbeitgeber, raten wir aus den genannten Gründen nicht zum Abschluss eines Abfindungsvertrages, sondern zu einem Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht. Bestehen Zweifel an dem Vorliegen eines Kündigungsgrundes, kann der Gekündigte oft mehr als ein halbes Gehalt je Beschäftigungsjahr mit der Gegenseite aushandeln und riskiert keine Sperrzeitverhängung durch die Arbeitsagentur.

 


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