Veröffentlicht von:

Sozialplanabfindung höher als vorher unterschriebener Abfindungsvertrag – anfechtbar?

  • 1 Minuten Lesezeit

Wenn Massenentlassungen anstehen und die Betriebspartner Interessenausgleich und Sozialplan verhandeln, werden kündigungswilligen Arbeitnehmern häufig Abfindungen für ein vorzeitiges Ausscheiden angeboten. In einem Fall vor dem Arbeitsgericht Leipzig (4 Ca 202/15) hatte die Klägerin während der bereits wochenlangen Sozialplanverhandlungen einen Aufhebungsvertrag gegen eine Abfindung unterschrieben. Zwei Wochen später wurden Interessenausgleich / Sozialplan beschlossen mit mehrfach höheren Abfindungen. Konnte die Klägerin den Aufhebungsvertrag anfechten?

Nein – sagt das Arbeitsgericht Leipzig in einem rechtskräftig gewordenen Urteil vom 24.06.15 (4 Ca 202/15). Auch wenn ein neuer Sozialplan mit günstigeren Entschädigungsregeln schon kurz vor Unterzeichnung stand, bleibt der ungünstigere, bereits unterzeichnete Aufhebungs- und Abfindungsvertrag rechtsgültig. Das beklagte Unternehmen sei vor Unterzeichnung des Sozialplans nicht gehalten gewesen, die Klägerin auf die Höhe der zu erwartenden Sozialplanabfindung hinzuweisen; weswegen eine arglistige Täuschung gem. § 123 BGB ausschied.

Auch die Stichtagsregelung im Sozialplan, d.h. der Ausschluss der Arbeitnehmer, welche (auch kurz) zuvor aufgrund der Betriebsschließungsankündigung der Beklagten das Unternehmen verlassen haben, verstößt nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot.

Die Nichtinformation der Klägerin über die zu erwartenden Entlassungsentschädigungen nach den kurz vor Abschluss stehenden Sozialplanverhandlungen sei auch kein Verschulden des beklagten Unternehmens bei Vertragsschluss gem. §§ 280 I, 311 II, 241 II BGB.

Damit unterlag die Klägerin (Arbeitsgericht Leipzig, Urteil v. 24.06.15, 4 Ca 202/15).

Und jeder Arbeitnehmer sollte sich bei laufenden Sozialplanverhandlungen gut überlegen, ob er einen Aufhebungsvertrag unterzeichnet.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Martin Vogel

Beiträge zum Thema