Abgasskandal der Volkswagen AG: Erneut Schadenersatz für VW-Bulli T6 mit Vierzylinder-Dieselmotor des Typs EA288

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Das Landgericht Freiburg hat die Volkswagen AG für die Installation einer schädlichen Motorsteuerung-Software zu Schadenersatz verurteilt. Streitgegenständlich war ein VW-Bulli T6.

Es ist immer wieder der sogenannte Bulli der Volkswagen AG, der im Fokus des Abgasskandals steht. Jetzt hat das Landgericht Freiburg die Volkswagen AG für die Manipulationen an dem Modell T6 verurteilt und den Streitwert auf 53.790 Euro festgesetzt. Das Gericht hat festgestellt, dass die Volkswagen AG verpflichtet ist, dem Kläger Schadensersatz für Schäden zu leisten, die aus der Installation derjenigen Software in der Motorsteuerung des in dem Fahrzeug verbauten Motors resultieren, bei denen es sich um eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne der einschlägigen Verordnung 715/2007/EG handelt.

„Der geschädigte Verbraucher trug vor, die Volkswagen AG habe in dem streitgegenständlichen VW-Bulli verschiedene Abschalteinrichtungen an verschiedenen Stellen des Fahrzeugs verwendet, um eine Überlistung der Emissionskontrollsysteme zu erreichen. Es seien in dem Fahrzeug ein Thermofenster, eine Zyklus- beziehungsweise Prüfstanderkennung, eine Aufwärmstrategie und Programme zur Manipulation von Warnmeldung der On-Board-Diagnose (OBD) und Manipulation des Batterieladevorgangs verbaut“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (www.hartung-rechtsanwaelte.de) mit Bezug zur entsprechenden Pressemitteilung. Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert. Dr. Gerrit W. Hartung gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde.

Die Volkswagen AG hatte diesen Vortrag wie üblich schlichtweg mit dem Argument bestritten, dass der streitgegenständliche Motor keine unzulässige Abschalteinrichtung in Form der aus den EA189-Verfahren bekannten Umschaltlogik enthalte. Ebenso stelle die sogenannte technische Konformitätsabweichung (Ki-Faktor) keine unzulässige Abschalteinrichtung da oder begründe eine vorsätzliche Täuschung oder gar sittenwidrige Schädigung des Klägers. Die Konformitätsabweichung führt zur Überschreitung des Euro-6-Grenzwertes für Stickoxide. Nach Messungen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) lagen die NOx-Werte aufgrund der Konformitätsabweichung bis zum 5,5-Fachen über dem Erlaubten.

„Das Gericht bezieht sich in seiner Begründung vor allem auf die technische Konformitätsabweichung im Sinne des verpflichtenden Rückrufs für Modelle des VW T6 unter dem Code 23Z7 durch das Kraftfahrt-Bundesamt KBA. Das Problem: Geschädigte Verbraucher wissen sie nicht, welche negativen Folgen ein Update haben kann. Zudem handelt es sich nicht um eine freiwillige Service-Aktion, sondern um einen verpflichtenden Rückruf durch das KBA. Das heißt, ohne Update droht dem betroffenen T6 der Verlust der Zulassung“, betont Verbraucherschutzanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.

Das Gericht stellte heraus, dass die Volkswagen AG ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen sei. Im Rahmen der sekundären Darlegungslast muss der Autohersteller sich von den Vorwürfen aktiv und mit weitreichenden Erklärungen zur Funktionsweise der Technologien entlasten. Entspricht das Unternehmen dieser sekundären Darlegungslast nicht, kann es auch keine Entlastung von den Vorwürfen geben. Damit zeigt sich einmal mehr, dass sich Auto- und Motorenhersteller nicht ohne Weiteres aus der Verantwortung im Dieselabgasskandal herausreden können.

Der Hintergrund: Die Volkswagen AG habe in einem Schriftsatz lediglich dargelegt, dass bei Überprüfungsprogramm Abweichungen in der Ki-Familienbildung bei bestimmten Fahrzeugmodellen aufgefallen seien, die Beklagte das Kraftfahrt-Bundesamt über die Konformitätsabweichung informiert habe und für die Konformitätsabweichung für die bereits ausgelieferten Fahrzeuge ein Software-Update im Rahmen einer vom Kraftfahrt-Bundesamt überwachten Aktion vorgeschlagen habe, wobei unklar geblieben sei, auf der Basis welcher Grundlage und in welchem Zusammenhang welcher konkrete Ki-Wert in Bezug auf den klägerischen Fahrzeugtyp dem Kraftfahrt-Bundesamt ursprünglich kommuniziert worden sei. „Letztlich schlussfolgert das Gericht, dass die Volkswagen AG gegenüber dem KBA unzutreffende Angaben über den Ki-Wert der Fahrzeuge des Typs VW T6 2.0 Diesel Euro 6 gemacht habe. Das bringt geschädigten Verbrauchern gerade im Falle von Software-Updates neue Argumente für Schadenersatzklagen wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB.“

Foto(s): Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH


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