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Abgasskandal: Kundin bekommt Prozesskostenhilfe für Klage auf Lieferung eines neuen Fahrzeugs

  • 2 Minuten Lesezeit
Ferdinand Mang anwalt.de-Redaktion

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Eine Kundin hatte einen VW Polo mit Dieselmotor bei dem Hersteller erworben, der im September 2011 an sie ausgeliefert wurde. Dieses Fahrzeug war vom sogenannten Abgasskandal betroffen, d. h.,  hier wurde eine illegale Abschalteinrichtung in der Motorsteuerung von Diesel-Fahrzeugen verwendet, um die US-amerikanischen Abgasnormen zu umgehen. Die Kundin hat hiervon im Oktober 2015 erfahren. Da sie darin einen Mangel sah, verlangte sie von dem Hersteller die Lieferung eines neuen mangelfreien Fahrzeugs und setzte zur Lieferung eine Frist. Die Frist lief ab, ohne dass ein neues Fahrzeug geliefert wurde. Die Kundin hatte nicht die finanziellen Mittel, um direkt Klage auf Lieferung eines neuen mangelfreien Fahrzeuges erheben zu können, und beantragte daher zunächst bei dem Landgericht Essen Prozesskostenhilfe. Wird ein Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt, prüft das Gericht, ob die Klage hinreichend Aussicht auf Erfolg hat.

Antrag auf Prozesskostenhilfe vom Landgericht abgelehnt

Der Hersteller berief sich darauf, dass sie auch eine Überarbeitung des Motors anbietet. Die Überarbeitung würde deutlich weniger als 100 € betragen, während die Kosten einer Lieferung eines neuen Fahrzeugs sich auf etwa 19.300 € belaufen würden. Folglich dürfe die Kundin nicht die viel teurere Lieferung eines neuen Fahrzeugs verlangen, da dies unverhältnismäßig sei. Der Hersteller könne daher die Lieferung eines neuen Fahrzeugs verweigern. Das Gericht stimmte dem Hersteller zu und lehnte den Antrag auf Prozesskostenhilfe ab, da eine Klage keine Aussicht auf Erfolg habe. Prozesskostenhilferechner: Die Kundin legte gegen diese Entscheidung sofortige Beschwerde ein.

Sofortige Beschwerde hatte Erfolg

Die Beschwerde wurde dem Oberlandesgericht (OLG) Hamm vorgelegt. Dieses hat der Beschwerde zugestimmt und die Prozesskostenhilfe bewilligt. Die Richter des OLG gaben der Kundin recht: Die Installation einer Manipulationssoftware stellt einen Mangel dar, der grundsätzlich einen Anspruch auf Lieferung eines neuen Fahrzeugs begründet. Ob der Hersteller die Lieferung eines neuen Fahrzeugs verweigern darf, ist aber erst im Verfahren nach Erhebung der Klage zu prüfen.

Das OLG hat darauf hingewiesen, dass der Hersteller bisher nicht vorgetragen hatte, bis zu welchem Zeitpunkt die von ihm angebotene Überarbeitung des Motors durchgeführt werden könnte. Daher bestanden aus Sicht des Gerichts Zweifel, ob sich die Kundin mit der angebotenen Überarbeitung des Motors begnügen muss, wenn diese nicht innerhalb einer angemessenen Frist durchgeführt werden kann. Auch dieser Umstand wird erst im Verfahren nach Erhebung der Klage zu klären und zu bewerten sein. Folglich hat eine Klage der Kundin hinreichend Aussicht auf Erfolg und es ist Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Fazit: Das OLG hat zugunsten der Kundin entschieden. Allerdings handelt es sich bei dieser Entscheidung um eine sogenannte „summarische Prüfung“. Die für diesen Fall wesentlichen Fragen werden erst im Verfahren nach Erhebung der Klage geklärt werden.

(OLG Hamm Beschluss v. 21.06.2016, Az.: 28 W 14/16)

(FMA)

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