Abgasskandal: VW-Motor EA189 – heute noch erfolgreich Ansprüche gegen Volkswagen AG durchsetzen

  • 4 Minuten Lesezeit

Auch im Jahr 2020, vor allem nach Beendigung der Musterfeststellungsklage gegen die Volkswagen AG durch Vergleich, stellen sich Eigentümer von PKW, welche die Volkswagen AG mit dem Motor EA189 - dem 1. Skandal Motor mit manipuliertem Emissionskontrollsystem - ausgestattet hatte, die Frage nach ihren Rechten.  Dieser Motor-Typ EA189 hatte im Jahr 2015 den Diesel-Abgas-Skandal eingeleitet. Viele Eigentümer solcher PKW wollen jetzt erst ihre Rechte gegen die Volkswagen AG prüfen und Schadensersatz geltend machen.  

Viele dieser rechtssuchenden PKW-Eigentümer sind zwar nicht der Musterfeststellungsklage gegen die Volkswagen AG beigetreten und haben auch sonst bis heute nichts gegen die Volkswagen AG unternommen. 

Die Erfolgsaussichten, auch heute noch Schadenersatz von der Volkswagen AG zu erhalten, sind dennoch auch für diese Eigentümer nach wie vor sehr gut, wie bereits vielfache von Rechtsanwalt Felix Fehrenbach durchgeführte rechtliche Prüfungen zeigen. 

Voraussetzung für gute Erfolgsaussichten ist, dass der Schadensersatzanspruch nicht verjährt ist.

Die Verjährungsfrist von Schadenersatzansprüchen beginnt grundsätzlich zum Ende des Jahres, in welchem das Tatereignis stattfand und der Geschädigte hiervon Kenntnis hatte oder bei Beachtung der üblichen Sorgfalt hätte haben müssen.

Grundsätzlich, und hiervon gehen viele erstinstanzliche Gerichte aus, musste eine Kenntnis bei den Verbrauchern über den Diesel-Abgas-Betrug jedenfalls im Jahr 2016 vorhanden gewesen sein. Denn ab Herbst 2015 ging die Volkswagen AG mit dem Dieselskandal an die Öffentlichkeit. Zudem richtete die Volkswagen AG ab Herbst 2015 eine Internet-Plattform ein, über welche sich Verbraucher zum Dieselskandal informieren und über ihre Fahrzeugidentifikationsnummer eine Abfrage über eine konkrete Betroffenheit durchführen konnten. Womit bei einer 3-jährigen Verjährungsfrist, für welche die Volkswagen AG plädiert, spätestens Ende 2019 Schadensersatzansprüche der Eigentümer verjährt wären.

Die Gerichte entscheiden zu dieser Rechtsfrage mittlerweile aber zunehmend zu Gunsten der geschädigten Eigentümer.  

Das Oberlandesgericht Koblenz hat zum Beispiel mit einem richtungsweisenden Urteil vom 3. April 2020 – 8 U 1956/19 - entschieden, dass einem Eigentümer eines PKW, der mit dem Motor EA 189 ausgestattet ist und der erst im Oktober 2017 zu einem marktüblichen Preis gekauft wurde, ein Schadensersatzanspruch gegen die Volkswagen AG nach wie vor zusteht. Das Oberlandesgericht hat sich in seinem Urteil insbesondere damit ausgesetzt, dass es für den Verjährungsbeginn nicht darauf ankommt, dass bereits seit Herbst 2015 auf Initiative der Volkswagen AG in den Medien über den VW-Abgasbetrug berichtet wurde.

Denn der Eigentümer, so das Oberlandesgericht, konnte im Oktober 2017 zum Zeitpunkt des Fahrzeugkaufs  keine hinreichende Kenntnis davon haben, dass das von ihm erworbene Fahrzeug schadhaft ist aufgrund der verbauten unzulässigen Abschalteinrichtung. Denn es entspricht allgemeiner Lebenserfahrung, dass ein durchschnittlicher Käufer jedenfalls grundsätzlich kein Fahrzeug zu einem marktüblichen Preis erwirbt, wenn der Käufer weiß oder damit rechnet , dass dieses Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen ist und folglich der Entzug der Typ-Genehmigung und eine mögliche Stilllegung droht.

Das Oberlandesgericht begründet seine Entscheidung weiter damit, dass die damals ab dem Jahr 2015 in die Wege geleiteten Öffentlichkeits-Informationen der Volkswagen AG nicht ausreichen, dass beim Eigentümer eine Kenntnis über die Mangelhaftigkeit seines Fahrzeugs im Zeitpunkt des Kaufs angenommen werden konnte. Denn weder in der Ad-hoc-Mitteilung von September 2015 noch bei der Erteilung von Informationen, welche die von der Volkswagen AG eingerichtete Suchmaske begleiteten, hat die Volkswagen AG offen gelegt und eingeräumt, dass durch die Verwendung der Abschaltsoftware die Stilllegung solcher betroffener Fahrzeuge droht.

Informationsmaßnahmen über die Website der Volkswagen AG mit der theoretischen Möglichkeit einer Abfrage über die Fahrzeugidentifikationsnummer und sonstige Aufklärungsmaßnahmen der Volkswagen AG genügen somit nicht , so das Oberlandesgericht, dass vor Kauf des Fahrzeugs im Oktober 2017 eine konkrete Kenntnis über die Betroffenheit dieses Fahrzeugs vom Diesel-Abgaskanal beim Eigentümer angenommen werden kann.

Vor dieser Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz haben bereits einige Monate zuvor das Oberlandesgericht Oldenburg und das Oberlandesgericht Hamm entsprechend entschieden, dass sich die Volkswagen AG nicht einfach durch ihre Öffentlichkeitsmaßnahmen aus der Verantwortung ziehen kann und nicht der geschädigte Verbraucher das Risiko trägt, dass ihm Informations-maßnahmen der Volkswagen AG nicht erreicht haben.

Fazit und Empfehlung: 

Eine allgemeine Kenntnisnahme vom Diesel-Abgasskandal ist für die erfolgreiche Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen die Volkswagen AG grundsätzlich unschädlich.

Auch heute noch können deshalb Eigentümer von PKW mit dem Skandal-Motor EA189 zu ihrem Recht kommen.

Selbst wenn mit dem PKW bereits viele Kilometer gefahren wurden, kann eine hohe Schadensersatzzahlung erreicht werden. Denn neben einem Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises gegen die Volkswagen AG minus Nutzungsvorteil für gefahrene Kilometer gegen Übergabe des PKW kann dem Eigentümer ein Anspruch auf die Zahlung von Deliktzinsen zustehen: 4 % Zinsen pro Jahr auf den Kaufpreis ab Zahlung des Kaufpreises sind nicht zu vernachlässigen.

 Eine Prüfung der Ansprüche lohnt sich deshalb nach wie vor! 



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Felix Fehrenbach

Beiträge zum Thema