AG München entscheidet: Grabpflege als höchstpersönliche Auflage im Erbrecht

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In einem bemerkenswerten Fall hat das Amtsgericht München (Urt. v. 27.10.2023, Az. 158 C 16069/22) eine Entscheidung getroffen, die für das Erbrecht von Bedeutung ist, insbesondere im Hinblick auf die Grabpflege als Teil eines Vermächtnisses. Der Fall betrifft die testamentarische Verfügung einer verstorbenen Frau und die daraus resultierenden Verpflichtungen zur Grabpflege.

Der Fall im Überblick

Ein Mann, der einzige Sohn und Alleinerbe seiner 2018 verstorbenen Mutter, hatte vor Gericht geklagt. Seine Mutter hatte ihrer Nichte 8.000 Euro mit der Auflage für die Grabpflege des Familiengrabes in Schrobenhausen vermacht. Nach dem Tod der Nichte forderte der Mann von deren Erben die Fortsetzung der Grabpflege.

Die Argumentation des Klägers

Der Kläger sah in der Geldzuweisung seiner Mutter ein Vermächtnis mit Auflage, welches auf die Erben der Nichte übergegangen sei. Er argumentierte, dass diese Auflage zeitlich unbegrenzt und nicht auf ein bestimmtes Kostenvolumen beschränkt sei.

Die Entscheidung des AG München

Das Amtsgericht München wies die Klage ab. Es interpretierte die testamentarische Verfügung dahingehend, dass es sich um ein Vermächtnis zugunsten der Nichte handelte, verbunden mit der Auflage der Grabpflege. Allerdings sei der Kläger nicht berechtigt, die Auflage zwangsweise durchzusetzen. Die Auflage sei höchstpersönlich und habe nur die Nichte treffen sollen, nicht ihre Erben.

Die Begründung des Gerichts

Das Gericht betonte, dass eine solche Auflage zur Grabpflege grundsätzlich passiv vererblich sei. Jedoch habe die Auflage in diesem speziellen Fall einen höchstpersönlichen Charakter gehabt, dies folge aus einer Auslegung nach §§ 1939, 1940 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Die verstorbene Mutter des Klägers kannte die späteren Erben ihrer Nichte nicht, und es bestand kein verwandtschaftliches Verhältnis zwischen ihnen. Der Kläger sei im Sinne von § 2194 BGB (Anspruch auf Vollziehung) nicht dazu berechtigt, die Auflage zwangsweise durchzusetzen. Die Auflage sei weder nach §§ 2161, 2187 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO; Haftung des Hauptvermächtnisnehmers) noch nach § 1922 BGB (Gesamtrechtsnachfolge) auf die beklagten Erben der Nichte übergegangen.

Bedeutung für das Erbrecht

Dieses Urteil unterstreicht die Wichtigkeit der genauen Formulierung in Testamenten, insbesondere bei Auflagen und Vermächtnissen. Es zeigt, dass die Gerichte die Intention des Erblassers und die persönliche Natur bestimmter Auflagen berücksichtigen. Für Erblasser bedeutet dies, dass sie bei der Abfassung ihres Testaments sorgfältig überlegen sollten, wie ihre Wünsche umgesetzt werden können, insbesondere wenn es um persönliche Angelegenheiten wie die Grabpflege geht.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, aber es bietet einen interessanten Einblick in die Interpretation von testamentarischen Auflagen im deutschen Erbrecht.

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Ihr Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht

Christian Keßler

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