Air Berlin – Eurowings – Kündigung / Betriebsübergang – Was ist zu tun?

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Die Rheinische Post zitiert den Lufthansa-Chef Carsten Spohr in einem Beitrag vom 17.10.2017 u. a. mit dem folgenden Worten:

„Die Air-Berlin-Crews sind Top-Leute, bei denen wir uns freuen können, wenn wir möglichst viele zu uns holen. Deswegen werden wir jetzt auch mit den Gewerkschaften beraten, wie wir eine Lösung hinbekommen.“ Spohr habe bei einer Versammlung bestritten, dass Air-Berlin-Mitarbeiter von der Lufthansa als Berufsanfänger eingestuft würden: „Wir können die Mitarbeiter natürlich nicht zu Air-Berlin-Konditionen, sondern zu Eurowings-Konditionen einstellen, wollen dabei aber fairerweise die Erfahrung und die Seniorität berücksichtigen. Ich fände es nicht fair, wenn wir alle auf der untersten Gehaltsstufe einstellen würden. Und Fairness ist ein Begriff, auf den wir hier bei Lufthansa stolz sind.“

„Top-Leuten“ sollte man jedoch auch „Top-Arbeitsbedingungen“ bieten. Was bedeutet es also arbeitsrechtlich, wenn noch nicht einmal die bisherigen Arbeitsbedingungen gehalten werden sollen? Hierzu möchten wir die betroffenen Air-Berlin-Mitarbeiter mit einigen Antworten auf die folgenden Fragen, die uns in bisherigen Beratungsgesprächen regelmäßig gestellt worden sind, unterstützen:

1. Muss ich mich als Air-Berlin-Mitarbeiter darauf einlassen, ggf. schlechtere Arbeitsbedingungen der Eurowings, bspw. ein niedrigeres Gehalt, zu akzeptieren?

Sofern ein sog. Betriebs- oder Betriebsteilübergang vorliegt, ist der neue Arbeitgeber (hier bspw. Eurowings) verpflichtet, die Arbeitnehmer zu übernehmen. Das bedeutet, dass Eurowings im Grundsatz die Arbeitsverträge inkl. der wesentlichen „Air-Berlin-Konditionen“ übernehmen muss. Im Falle eines Betriebs- oder Betriebsteilübergangs kann der Erwerber (hier Eurowings) jedenfalls nicht willkürlich den zu übernehmenden Arbeitnehmern andere – eigene – Arbeitsbedingungen auferlegen. Das wiederum bedeutet, dass Sie als Air-Berlin-Mitarbeiter im Falle des Vorliegens eines Betriebs- oder Betriebsteilübergangs grundsätzlich keine schlechteren Arbeitsbedingungen akzeptieren müssen. Inwieweit Abweichungen aufgrund von bestehenden bzw. neuen Tarifverträgen und/oder Betriebsvereinbarungen zulässig sind, ist Gegenstand umfangreicher Rechtsprechung. Grundsätzlich könnten Sie jedoch darauf bestehen, dass man Sie zu ihren bisherigen Arbeitsbedingungen weiter beschäftigt. Oftmals versuchen Käufer dies natürlich zu umgehen und setzen die Arbeitnehmer entsprechend unter Druck auf „freiwilliger Basis“ schlechtere Bedingungen zu akzeptieren.

2. Wann liegt ein Betriebs- oder Betriebsteilübergang vor?

§ 613a BGB lautet wie folgt: „Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein.“ Leider äußert sich das Gesetz an dieser Stelle nicht konkret dazu, wann genau ein solcher Betriebsübergang vorliegt. Die Rechtsprechung hierzu ist äußerst umfangreich. Nach der Rechtsprechung kommt es darauf an, ob der Betrieb in seinem wesentlichen „Gepräge“ auf den Erwerber übergeht. Hier wäre also zunächst zu beurteilen, was das wesentliche Gepräge einer Fluggesellschaft ausmacht. Neben den Flugzeugen als solchen dürften auch die Start- und Landerechte von entscheidender Bedeutung sein. Zudem ist zu vermuten, dass der Käufer auch Personal übernehmen wird, da er kaum in so kurzer Zeit eigenes Personal abstellen kann, um die erworbenen Flugzeugen zu betreiben. Wenn also Flugzeuge, Start- und Landerechte sowie Personal übernommen wird, sprechen erhebliche Indizien für das Vorliegen eines Betriebs- bzw. Betriebsteilübergangs. Die Folge wäre, dass grundsätzlich auch die alten Arbeitsbedingungen der übergehenden Air-Berlin-mitarbeiter übernommen werden müssten.

3. Was passiert, wenn ich eine Änderungsvereinbarung, einen neuen Arbeitsvertrag oder eine Überleitungsvereinbarung unterschreibe?

Oftmals wird versucht, auf die Mitarbeiter Druck auszuüben, sie mögen einen neuen Vertrag unterschreiben. Dies sei nur zu ihrem Besten etc., andernfalls könne man sie nicht weiterbeschäftigen und es drohe eine Kündigung. Bevor Sie irgendetwas unterschreiben, kontaktieren Sie bitte einen Fachanwalt für Arbeitsrecht und lassen Sie die zu unterschreibenden Schriftstücke prüfen. Wenn Sie einmal mit Ihrer Unterschrift neue – geänderte – Arbeitsbedingungen akzeptiert haben, ist es grundsätzlich schwierig, diese Vereinbarung im Nachhinein anzufechten. Grundsätzlich hat diese Vereinbarung dann erst einmal Bestand und Sie haben ggf. schlechtere Arbeitsbedingungen akzeptiert, obwohl dies ggf. gar nicht notwendig war. Gehen Sie mit Ihrer Unterschrift in solchen Konstellationen daher bitte äußerst behutsam um. Und lassen Sie sich nicht unter Druck setzen. Ein paar Tage Bedenkzeit – darauf sollten Sie stets bestehen. Andernfalls ist es in der Regel kein seriöses Angebot. Kontaktieren Sie neben einem Fachanwalt für Arbeitsrecht im Zweifel auch den Betriebsrat.

4. Kann mir wirksam gekündigt werden?

Sofern bezüglich des Betriebsteils, in dem Sie beschäftigt sind, keine Einstellung des Geschäftsbetriebs erfolgt, sondern dieser fortgeführt wird, kann Ihnen grundsätzlich nicht wirksam betriebsbedingt gekündigt werden. Eine wirksame betriebsbedingte Kündigung setzt nämlich den Wegfall des Beschäftigungsbedarfs, z. B. durch Stilllegung des Betriebs, voraus. Viele Leute denken, diese Voraussetzung sei erfüllt, da Air Berlin ja den Flugbetrieb einstellt. Darauf kommt es aber bei Vorliegen eines Betriebs- bzw. Betriebsteilübergangs – für den hier Vieles spricht – nicht an, da voraussichtlich eine andere Fluggesellschaft (z. B. Lufthansa/Eurowings) den Flugbetrieb fortführen wird. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es für eine Betriebsfortführung bzw. die Wirksamkeit der betriebsbedingten Kündigung unerheblich ist, wer den Betrieb fortführt, solange der Betrieb überhaupt fortgeführt wird. Bei Fortführung durch ein anderes Unternehmen können Arbeitnehmer dann bei diesem Unternehmen auf Weiterbeschäftigung zu bisherigen Bedingungen klagen. Es lohnt sich daher immer, die Wirksamkeit einer Kündigung von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht überprüfen zu lassen.

5. Wie muss ich mich verhalten, wenn ich eine Kündigung erhalte?

Bitte denken Sie unbedingt daran, dass Sie nur innerhalb von drei Wochen ab Zugang der Kündigung Klage einlegen können (Klage muss dann bei Gericht eingegangen sein). Kontaktieren Sie daher möglichst zeitnah einen Fachanwalt für Arbeitsrecht.

Wir unterstützen Sie gerne – unabhängig davon, ob Sie eine Kündigung erhalten haben oder sonstige Fragen zum aktuellen Geschehen Ihres Arbeitgebers haben, bspw. zur Höhe einer Abfindung, zur Sperrzeit-Problematik, zum Insolvenzgeld etc.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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