Airbus Defence and Space: Betriebsrentner klagen gegen unterbliebene Erhöhung ihrer Betriebsrenten

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Im Juli 2023 haben tausende Betriebsrentner/innen der Airbus Defence and Space GmbH die Mitteilung bekommen, dass ihre Betriebsrenten zum 1.7.2023 nicht erhöht werden sollen, nachdem sie auch 2020 keine Erhöhung erhalten haben. In dem Schreiben, das hier vorliegt, beschreibt die Airbus-Tochter mit dünnen Worten, dass sie zu einer Anpassung im Sinne des § 16 Abs. 2 Nr. 1 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) aus wirtschaftlichen Gründen nicht verpflichtet sei. Der Bayerische Rundfunk hatte hierüber bereits berichtet und hält diese Vorgehensweise gar für nicht anfechtbar:  (Bericht des BR).

Betriebsrentenanpassung nicht zu Recht unterblieben?

In dem o.g. Beitrag wird allerdings ausgeblendet, dass es schon keinen Hinweis über das Widerspruchsrecht und die Folgen eines nicht erfolgten Widerspruchs gem. § 16 Abs. 4 BetrAVG gab. Auf die sog. Fiktionswirkung der Vorschrift kann sich die Airbus Defence and Space also schon mal nicht berufen. D.h., dass Erhöhung der Betriebsrenten nicht aus gesetzlichen Gründen ausgeschlossen ist.

Eine Anpassung der Betriebsrenten darf indes nur unterbleiben, wenn die wirtschaftliche Lage des Unternehmens einer Erhöhung der Betriebsrente entgegensteht, weil sonst z.B. eine Auszehrung des Eigenkapitals oder die Wettbewerbsfähigkeit oder gar Arbeitsplätze gefährdet würden. Hierfür reicht ein pauschaler Verweis auf eine schlechte wirtschaftliche Lage allerdings nicht aus, denn das Unternehmen muss eine Prognose über die wirtschaftliche Lage für den Anpassungszeitraum (hier 2023 - 2026) anstellen. Das Unternehmen muss darlegen, inwieweit die Erträge des Unternehmens in den nächsten 3 Jahren seit dem Anpassungsstichtag nicht ausreichen, um die Erhöhung der Betriebsrenten zu finanzieren. Eine solche Prognose ist in dem ablehnenden Schreiben der Airbus Defence and Space vom Juli 2023 nicht erkennbar.

Klagen bereits anhängig, weitere Klagen folgen

Rechtsanwalt Volkan Ulukaya von der Kanzlei RVU Arbeitsrecht aus Frankfurt am Main vertritt mehrere Betriebsrentner/innen der Airbus Defence and Space GmbH und hat bereits Klagen gegen die unterbliebene Anpassung der Betriebsrente seiner Mandant/innen u.a. vor dem Arbeitsgericht München (Kammer Ingolstadt) eingereicht, weitere Klagen sind in der Vorbereitung. 

Der Standpunkt der Airbus Defence and Space GmbH kann - jedenfalls auf Grundlage der Mitteilung in dem o.g. Schreiben aus Juli 2023 - nicht nachvollzogen werden. Das Unternehmen (das nach hiesiger Meinung mindestens teilweise durch die Konzernmutter Airbus SE beherrscht wird) hat eine Prognose erkennbar nicht oder nicht vollständig nachvollziehbar angestellt. Denn tatsächlich teilt das Unternehmen in dem Schreiben auch mit, dass die zeitliche Verzögerung von bereits vorhandenen Aufträgen die Ablehnung rechtfertige. Das kann aber auch dahingehend ausgelegt werden, dass das Unternehmen für die nächsten Jahren lukrative Aufträge hat, diese jedoch verzögert erfüllt. Angesichts der (leider) weltweit stark gestiegenen Nachfrage an Rüstungsgütern ist das auch naheliegend. 

Airbus Defence and Space reagiert und löst Frist zum Widerspruch aus

Eine erste Reaktion von Seiten des Unternehmens bestand darin, im November 2023 ein weiteres ablehnendes Schreiben an die Betriebsrentner/innen zu versenden und in diesem ausdrücklich auf das Widerspruchsrecht der Betroffenen hinzuweisen. Damit ist grundsätzlich eine Widerspruchsfrist von 3 Monaten ausgelöst worden, d.h. dass die Betriebsrentner/innen der Airbus Defence and Space GmbH innerhalb von 3 Monaten seit Erhalt des o.g. Schreibens schriftlich ihren Widerspruch erklären müssen. Laut Erklärung des Unternehmens soll dies auch dann gelten, wenn bereits vorher ein Widerspruch eingelegt wurde. Ob diese Auffassung gerechtfertigt ist, wird sich im Zweifelsfall nach richterlichen Prüfung herausstellen. Allerdings sollte sicherheitshalber erneut Widerspruch eingelegt werden.

Tun Betroffene dies nicht rechtzeitig, kann die unterbliebene Anpassung als zurecht unterblieben im Sinne des § 16 Abs. 4 BetrAVG gelten, was zur Folge hat, dass der Kaufkraftverlust für den Zeitraum 2020 - 2023 auch zukünftig nicht verlangt werden kann. Deshalb sollten Betroffene unbedingt vor Ablauf der o.g. Frist Widerspruch einlegen, um etwaige Rechte zu sichern.

Ablehnung nicht unanfechtbar

In dem neuen Schreiben aus November 2023 teilt das Unternehmen mit teils drastischen Worten und Zahlen sinngemäß mit, dass die Airbus Defence and Space GmbH nur durch Zahlungen der Konzernmutter "gerettet" worden und ansonsten erheblich defizitär sei. Besonders bemerkenswert ist hierbei, dass es vor Kurzem eine Verschmelzung eines äußerst profitablen Unternehmens auf die Airbus Defence and Space GmbH gegeben haben soll. Da stellt sich nach hiesiger Meinung durchaus die Frage, wieso für einen Unternehmenskauf/Verschmelzung genug Geld da sein soll, aber nicht für dem gesetzlich vorgesehenen Ausgleich des Kaufkraftverlustes der Betriebsrentner/innen.

Für diejenigen, die die Ablehnungsgründe ebenfalls nicht überzeugend finden und ihre Chancen auf einen Ausgleich des Kaufkraftverlustes wahren möchten, ist eine Klage gegen die Anpassungsentscheidung überlegenswert. Sie befinden sich damit in guter Gesellschaft, denn es haben sich inzwischen zahlreiche Betroffene gemeldet, die sich dem Verfahren nun anschließen möchten. Hierzu kann ich Sie gern beraten.

Die Ablehnung kann gerichtlich geprüft und ggf. auch revidiert werden. Mitnichten ist die Entscheidung der Airbus Defence and Space GmbH damit unanfechtbar.

Foto(s): iStock.de/malamus-UK

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