Künstliche Intelligenz (KI) am Arbeitsplatz und die arbeitsrechtlichen Risiken für Arbeitnehmer:innen

  • 5 Minuten Lesezeit
Künstliche Intelligenz am Arbeitsplatz

Die künstliche Intelligenz (deutsch: KI, englisch: AI) ist auf dem Vormarsch. Auch auf Gebieten, die vormals nur der menschlichen Arbeitskraft vorbehalten waren. Die Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten bieten sowohl Arbeitgebern, als auch Arbeitnehmer:innen die Option, bestimmte Aufgaben an die KI auszulagern. Allerdings gilt dies nicht uneingeschränkt. Unter welchen Voraussetzungen Arbeitnehmer:innen KI am Arbeitsplatz verwenden dürfen und welche arbeitsrechtlichen Risiken bei nicht sachgemäßer Verwendung oder Fehlern durch den Einsatz drohen, lesen Sie in diesem kurzen Überblick.

Einsatz von KI nicht ohne vorherige Zustimmung des Arbeitgebers

Schnell einen Report erstellen lassen, diverse Daten zusammenfassend wiedergeben oder eine Präsentation mit eindrucksvollen Grafiken erstellen, die Anwendungsmöglichkeiten einer KI sind vielfältig und verlockend. Wer allerdings gehofft hat, lästige Aufgaben am Arbeitsplatz demnächst einfach auf Knopfdruck erledigen zu lassen, sollte sich vorher Gedanken über die arbeitsrechtlichen Risiken gemacht haben. 

Ohne Zustimmung des Arbeitgebers ist der Einsatz von KI am Arbeitsplatz nämlich ein Verstoss gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten. Denn gemäß § 611 Abs. 1 BGB verpflichtet sich der/die Arbeitnehmer:in ggü. dem Arbeitgeber zur Leistung der im Arbeitsvertrag versprochenen Dienste. In der Regel bedeutet dies, dass Arbeitnehmer:innen diese Dienste höchstpersönlich leisten müssen und diese nicht durch Dritte - also auch nicht durch eine KI - erledigt werden dürfen. Wer also ohne Wissen und ohne Zustimmung des Arbeitgebers arbeitsvertragliche Aufgaben durch eine KI (auch nur teilweise) erledigen lässt, verstößt gegen diese Pflicht und setzt sich empfindlichen arbeitsrechtlichen Risiken aus.

Die Konsequenzen können von einer Abmahnung, bis hin zum Vorwurf des Arbeitszeitbetrugs reichen. Denn für die Zeit, in der eine KI die arbeitsvertraglichen Aufgaben erledigt, kann ein/e Arbeitnehmer:in dem Grunde nach keine Vergütung verlangen, weil tatsächlich keine vergütungspflichtige Arbeitsleistung der/des Beschäftigten vorliegt. Damit steht der Vorwurf des Arbeitszeitbetrugs im Raum, der in den meisten Fällen eine Kündigung nach sich zieht.

KI und Datenschutz am Arbeitsplatz

Schwierig wird es für Arbeitnehmer:innen bereits dann, wenn eine KI auf betriebsinterne Daten zugreift. Die meisten KI-Anwendungen verarbeiten diese Daten nämlich auf Servern, die außerhalb der EU stehen und sind damit dem Zugriff und der Kontrolle des Arbeitgebers entzogen. Das allein kann schon als (bewusster) Datenschutzverstoss des/der Beschäftigten bewertet werden und schwere Konsequenzen bis hin zur Kündigung nach sich ziehen. Denn die meisten Arbeitnehmer:innen verpflichten sich bei Unterzeichnung des Arbeitsvertrags gleichzeitig zur Einhaltung diverser (teils unfangreicher) Datenschutzrichtlinien. Diese sehen meist vor, dass Daten nicht auf externe Server (va. nicht ins EU-Ausland) übertragen und/oder dort verarbeitet werden dürfen. 

Desweiteren ist die Funktionsweise einer KI Anwendung zu beachten. Verarbeitet die KI die zugänglich gemachten Daten einmalig und löscht diese dann? Speichert die KI die Daten für weitere Lernprozesse? Sind persönliche/sensible Daten des Arbeitgebers oder anderer Arbeitskolleg/innen vor dem Zugriff unbefugter Dritter geschützt? Diese Fragen sollten geklärt sein, bevor man der KI leichtfertig den Zugang zu Daten verschafft. 

Besonders bei Daten, die der Arbeitgeber als Geschäftsgeheimnis deklariert hat, sollte man Vorsicht walten lassen. Arbeitnehmer:innen sind auch ohne gesonderte Vereinbarung zum Schutz der Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebers verpflichtet. Wer also eine KI mit Umsatzzahlen oder Kundenlisten des Arbeitgebers füttert, um daraus den nächsten Quartalsbericht erstellen zu lassen, sollte sich das vorher gut überlegt haben.

Wer haftet für Fehler der KI?

Doch selbst mit Zustimmung des Arbeitgebers bleibt der Einsatz einer KI für den/die Arbeitnehmer:in nicht risikolos. Für Fehler der KI haften - nach derzeitiger Rechtslage - die Verwender:innen.

Als Beispiel sei ein spektakuläres Beispiel aus den USA genannt: ein US-amerikanischer Anwalt hatte einen Schriftsatz durch eine prominente KI-Software erstellen lassen. Diese KI erfand kurzerhand nicht existente Gerichtsurteile, ohne dass dies dem Anwalt auffiel. Die Sache flog auf, als das Gericht die Urteile recherchierte. Dem Anwalt drohen jetzt nicht nur die Klageabweisung, sondern auch berufsrechtliche Disziplinarmaßnahmen.

Auch wenn das o.g. Beispiel nicht aus Deutschland stammt, kommt auch hierzulande eine Haftung des/der Beschäftigten in Betracht. Eine von einer KI erledigte Aufgabe kann und sollte nicht ungeprüft verwendet werden. Fallen dem/der Arbeitnehmer:in die durch die KI gemachten Fehler nicht auf und entsteht dem Arbeitgeber dadurch ein Schaden, ist eine Haftung grundsätzlich möglich. 

Der Umfang der Haftung richtet sich nach der Fahrlässigkeit des/der Beschäftigten bei der Verwendung der KI. So dürften offensichtliche Fehler, die einem ins Auge springen, bereits eine Haftung wegen grober Fahrlässigkeit begründen. Grundsätzlich können sich Arbeitnehmer:innen nicht damit entschuldigen, dass nicht sie, sondern die KI den Fehler gemacht hat. Es empfiehlt sich daher die Ergebnisse immer selbst zu überprüfen.

Wem gehören die von einer KI erstellten Arbeitsergebnisse?

Diese nicht ganz unerhebliche (und bisher nicht abschliessend geklärte) Fragestellung kann sich auch im Arbeitsrecht auswirken. Soweit die KI z.B. nämlich auf urheberrechtsgeschützte Texte, Bilder, Fotos, etc zugreift und diese - ohne Quellenangabe - verwendet, droht eine Haftung des Arbeitgebers wegen einer möglichen Urheberrechtsverletzung. Das gilt selbst dann, wenn die KI z.B. aus vorhandenen Daten neue Ergebnisse (z.B. in der Forschung) erarbeitet.

Dies kann dann nachfolgend zu Schadensersatzansprüchen des Arbeitgebers ggü. dem/der Arbeitnehmer:in führen. Darüberhinaus drohen dem/der Arbeitnehmer:in weitere arbeitsrechtliche Sanktionen, wegen einer Verletzung seiner Nebenpflichten gemäß § 241 Abs. 2 BGB, wonach ihm/ihr die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Rechtsgüter des Arbeitgebers obliegt. Setzt der/die Arbeitnehmer:in den Arbeitgeber also leichtfertig Schadensersatzansprüchen wegen Verwendung urheberrechtsgeschützten Inhalten durch die KI aus, kann dies als Nebenpflichtsverletzung zu Abmahnung und sogar Kündigung führen.

Fazit

Der Einsatz von KI ist für Arbeitnehmer:innen mit Vorsicht zu genießen. Die Zustimmung des Arbeitgebers vorausgesetzt, entbindet es Arbeitnehmer:innen nicht von ihren Sorgfalts- und Rücksichtsnahmepflichten. 

Für Fehler der KI haftet der/die Arbeitnehmer:innen grundsätzlich genauso wie für mögliche Urheberrechtsverletzungen. 

Nach derzeitigem Stand der Technik und der Rechtslage empfiehlt sich ein Einsatz von KI durch Arbeitnehmer:innen daher nur in begrenzter Form und nur bei sorgfältiger Überwachung der Ergebnisse. 

KI kann für Arbeitnehmer:innen wie für Arbeitgeber ein machtvolles Hilfsinstrument sein, von einem vollumfänglichen und bedenkenlosen Einsatz kann aber aus arbeitsrechtlicher Sicht allerdings nur abgeraten werden.

Foto(s): Bildnachweis: Shutthiphong Chandaeng, iStockphoto.com

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Volkan Ulukaya

Beiträge zum Thema