Alkohol im Straßenverkehr: Rechtlich relevant erst ab 0,5 Promille?

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Die Antwort vorweg: Nein! Sogar mit noch geringeren Alkoholmengen im Blut läuft man Gefahr, nicht nur wegen einer Ordnungswidrigkeit, sondern sogar strafrechtlich verfolgt zu werden.

Fall:

Ein Pkw-Fahrer wird von einer Polizeistreife im öffentlichen Straßenverkehr angehalten: Er sei „auffällig“ gefahren. Nachdem die Beamten Alkoholgeruch in der Atemluft des Fahrers festgestellt haben und dieser die Frage der Beamten nach dem Trinken von Alkohol bejaht hatte, wurde dieser zur Blutentnahme gebracht. Ergebnis: 0,43 Promille. Noch einmal Glück gehabt?

Gemäß § 24 a Abs. 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) handelt ordnungswidrig, wer

im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt.

 

Gemäß Abs. 2 handelt im Übrigen gleichsam ordnungswidrig, wer unter dem Einfluss anderer in einer Anlage benannter Drogen ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr führt.

In unserem Fall hatte der Fahrer keine 0,5 Promille im Blut. Nach Abs. 1 reicht es aber auch aus, wenn man eine solche Alkoholmenge im Körper hat. Da der Alkohol im Körper nach der Aufnahme erst einmal quasi verarbeitet (resorbiert) werden muss, kann es sein, dass bei einer frühen Messung nach Trinkende diese Menge noch gar nicht im Blut vollständig nachweisbar ist; der Betroffene befindet sich noch in der sog. Anflut-/Resorptionphase. Derartiges kann aber regelmäßig mangels weiterer Beweismittel (etwa konkrete Angabe zur Trinkmenge) nur mittels einer weiteren späteren Blutentnahme festgestellt werden. Wenn solche Beweismittel nicht vorliegen, ist eine Ordnungswidrigkeit, mithin im Erstfall 250,00 € Geldbuße und 1 Monat Fahrverbot nicht gegeben.

Aber damit ist die Prüfung des Staatsanwaltes/Amtsanwaltes noch nicht zu Ende. Es kommt in derartigen Fällen sogar das Vorliegen einer Straftat iSv. § 316 des Strafgesetzbuches (StGB) in Betracht, nämlich die sog. einfache Trunkenheitsfahrt (Gegensatz: qualifizierte Trunkenheitsfahrt, § 315 c StGB, z. B. wenn mit Unfallfolge).

Im Strafrecht gibt es keine gesetzlich festgelegten Alkoholgrenzen. Nach Entscheidungen des medizinisch beratenen Bundesgerichtshofes (BGH) ist jedoch eine solche Grenze bei 1,1 Promille angenommen worden. Ab diesem Promillewert gilt jedermann als absolut fahruntüchtig, sei er nun trinkgewohnt oder nicht.

Also: Ordnungswidrigkeit im Bereich von 0,5 – 1,09 Promille, ab 1,1 Promille dann Straftat?

Nein! Es gibt nämlich noch den Bereich – so die weiteren richterlichen Festlegungen – der sog. relativen Fahruntüchtigkeit. Dieser beginnt bei 0,3 Promille. Reicht bei Promillewerten über 1,1 deren bloße ärztliche Feststellung zur Strafverfolgung aus, muss im Bereich der relativen Fahruntüchtigkeit die alkoholische Beeinflussung des Fahrzeugführers gesondert festgestellt werden, etwa durch das Vorliegen alkoholtypischer Ausfallerscheinungen oder das Vorliegen sog. alkoholbedingter Fahrfehler, wie z. B. dem Fahren in Schlangenlinien.

Je geringer die gemessene Alkoholmenge ist, desto mehr solcher Beweisanzeichen müssen für den Nachweis einer relativen Fahruntüchtigkeit vorliegen, was anders herum aber genauso gilt: Je dichter die festgestellte Alkoholmenge sich dem Wert von 1,1 Promille nähert, um so weniger weitere Beweisanzeichen für eine alkoholische Beeinflussung sind für eine Strafverfolgung notwendig.

Zum Nachweis einer solchen alkoholischen Beeinflussung ist jedoch nicht jeder Fahrfehler geeignet, da eben auch nüchterne Autofahrer solche machen. Wer also schon nüchtern nur schlecht einparken kann, dem wird es unter dem Einfluss alkoholischer Getränke kaum nachweisbar anders gehen. Auch zu schnelles Fahren ist kein sicheres Anzeichen für eine alkoholische Beeinflussung bzw. Enthemmung.

In unserem Fall müsste also die Strafverfolgungsbehörde schon genauer darlegen, was denn an dem Fahrverhalten des Fahrzeugführers „auffällig“ war. War dieses dann typischer Weise durch Alkohol bedingt, wird der Betroffene also auch bei Promillewerten ab 0,3 mit einem Strafverfahren und einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (vgl. § 111 a StPO) rechnen müssen.

Auch hier gilt es, den Anwalt so schnell wie möglich mit der Verteidigung zu betrauen, damit dieser an Hand der Ermittlungsakte prüfen kann, ob tatsächlich ein Fall der relativen Fahruntüchtigkeit vorliegt.

RA Bernd Michalski


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