Allergischer Schock ist Unfall

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Der Bundesgerichtshof hatte am 23.10.2013 (Az. IV ZR 98/12) gleich über 2 Kernfragen des privaten Unfallversicherungsrechts zu entscheiden, nämlich zum einen über die Frage, wann ein bedingungsgemäßer Unfall vorliegt. Zum anderen war strittig, ob von einer leistungsmindernden Krankheit bzw. einem leistungsmindernden Gebrechen auszugehen ist.

Zu Grunde lag folgender Sachverhalt: Ein 15-jähriges Mädchen litt an einer angeborenen schweren Entwicklungsstörung, Asthma und diversen Allergien. Am stärksten ausgeprägt war eine Nussallergie. Bereits bloßer Hautkontakt konnte schwere allergische Reaktionen auslösen. Am Heiligabend 2009 hatte das Mädchen einige Stücke möglicherweise nusshaltiger Schokolade gegessen. Es erlitt kurz darauf einen tödlichen Kreislaufzusammenbruch.

Die von den Eltern für ihr Kind abgeschlossene Unfallversicherung lehnte eine Zahlung ab, weil der tragische Vorfall kein Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen gewesen sei. Der Bundesgerichtshof sah dagegen die Versicherung grundsätzlich in der Pflicht, weil es sich beim Essen der Schokolade um ein von außen einwirkendes Ereignis, also um einen Unfall, handele.

Dass das Kind möglicherweise willentlich zur Schokolade gegriffen habe, falle dabei nicht ins Gewicht. Das lässt allenfalls den Vorwurf einer fahrlässigen Selbstschädigung (ohne Leistungsminderung), nicht aber den Schluss auf eine freiwillige Herbeiführung der Todesfolge zu.

Allerdings, so urteilte der Bundesgerichtshof, müssten die Regeln über die Mitwirkung von Krankheiten und Gebrechen an der durch den Unfall verursachten Gesundheitsschädigung zur Anwendung kommen. Die Nahrungsmittel- und Nussallergie des Kindes liege wegen ihrer Ausprägung klar außerhalb jeder medizinischen Norm und sei daher als Gebrechen zu bewerten.

Die Vorinstanz, das Oberlandesgericht München, muss nun klären, inwieweit die Allergie des Kindes an dessen Tod mitgewirkt hat. Dies sei entscheident für die Frage, ob die Versicherung ihre Leistungspflicht kürzen dürfe.

Brandt, Rechtsanwalt

Fachanwalt für Versicherungsrecht


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