Amazon-Konto gesperrt: Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung

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Die Sperrung eines Kontos bei Amazon kann einen Missbrauch einer

marktbeherrschenden Stellung darstellen.

Zur Begründung führte das Landgericht Hannover mit Beschluss vom 22 Juli 2021 - 25 O 221/21

unter anderem an, dass Amazon durch den pauschalen Verweis auf einen angeblichen Verstoß gegen seine Nutzungsbedingungen den Anforderungen der „Plattform-to-Business-Verordnung“ (kurz: P2B-Verordnung) nicht genügt habe.

Das Urteil reiht sich damit ein in die aktuellen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes mit seinen Urteilen vom 29. Juli 2021 - III ZR 179/20 und III ZR 192/20, in der es ebenfalls um eine Kontosperrung, dort aber wegen einer Hassrede im Internet ging. Das heißt, alle Plattformbetreiber müssen ihren Nutzern der Grund für die Sperrung mitteilen und eine Möglichkeit zur Gegenäußerung eingeräumt werden, an die sich eine Neubescheidung anschließt.  

Die genannten Urteile finden mithin Anwendung auf alle großen Plattformbetreiber – und damit auch auf Influencer, Blogger und Politiker, die bei Facebook, Google, Google AdSense, Twitter und nun eben auch auf Amazon gesperrt werden.

In dem Verfahren vor dem Landgericht Hannover ging es um den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung. Das Gericht führte aus, dass es im Wege der einstweiligen Verfügung gemäß § 935 ZPO einen durchsetzbaren Anspruch auf Rückgängigmachung der Deaktivierung des Verkäuferkontos gem. §§ 33 Abs. 1 Alternative 2, 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB, §§ 3, 3a, 12 Abs. 2 UWG in Verbindung mit dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertriebsvertrag gebe. Denn Amazon habe ihre Verpflichtung zur Begründung der Sperrung des Händlerkontos durch die nur pauschale Angabe, es seien Verstöße gegen die Nutzungsbedingungen seitens Amazon, nicht erfüllt.

Amazon wurde entsprechend aufgegeben, „das bei ihr geführte …-Konto der Antragstellerin „…“, Verkäufer – ID … - zu entsperren und ihr die Nutzung des Kontos wieder zu ermöglichen.

Vor dem Hintergrund der oben genannten BGH-Rechtsprechung macht es aber keinen Unterschied, ob der Missbrauch sich aufgrund einer marktbeherrschenden Stellung, oder aus den Nutzungsbedingungen ergibt. In der Sache geht es mithin immer um die Grenzen von privaten Plattformbetreibern, die bestimmen, was ist im Staat noch rechtmäßig ist, was ist nicht mehr rechtmäßig ist, was der Schutz der Meinungsfreiheit ist. Denn eben dies tun die Plattformbetreiber, wenn sie dies nach ihren eigenen Regelungen regulieren und meinen, regulieren zu dürfen.

Die Reichweite dieser Urteile dürfte daher weit über den konkreten Sachverhalt hinausgehen. So sind nahezu alle gesperrten Accounts im Internet betroffen, bei dem Nutzern lediglich mitgeteilt wird, dass eine Verhaltensweise gegen irgendwelche „interne Richtlinien“ verstoßen würden, ohne den genauen Grund der Sperrung mitzuteilen, wie etwa die Sperrung eines Google AdSense Accounts, der Twitter-Account eines Influencers oder eines Amazon Händlers ist.

Derartige Account-Sperrungen sind grundsätzlich rechtswidrig. Den Betroffenen kann daher einen Anspruch auf Unterlassung der Sperre zustehen, wenn im Ergebnis völlig unklar ist, auf welche Äußerung sich die Sperrung bezieht. Der BGH hat nun entschieden, dass den Nutzern das Recht zur Stellungnahme gewährt werden muss. Dies setzt aber nicht lediglich ein formales Prüfverfahren voraus. Vielmehr muss dem Nutzer der Grund für die Sperrung mitgeteilt werden und eine Möglichkeit zur Gegenäußerung eingeräumt werden, an die sich eine Neubescheidung anschließt.  

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Ihr Rechtsanwalt Kai Jüdemann


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