Sittenwidriger Bierliefervertrag: Malus-Regelung der Paulaner

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Viele Gastronomen stellen sich die grundsätzliche Frage zu der Wirksamkeit ihrer Bierlieferverträge. Dabei spielen insbesondere Regelungen zur Vertragslaufzeit und zur Mindestabnahmemenge eine Rolle.

Die Frage der Sittenwidrigkeit des Bierliefervertrages stellt sich auch bei der Paulaner Brauerei Gruppe GmbH & Co. KGaA. Anknüpfungspunkt ist hierbei eine sogenannte Malus-Regelung, wenn der Gastwirt die vereinbarte Mindestabnahmemenge nicht erreicht. Denn hierzu enthält der Vertrag zwei Bestimmungen, einmal in Bezug auf die Rückzahlung des gewährten Darlehens, und einmal als quasi Vertragsstrafe.

Der Bundesgerichtshof erkennt in ständiger Rechtsprechung an, dass Bezugsverpflichtungen und Mindestabnahmemengen in Getränkelieferungsverträgen eine Gegenleistung für die Bereitstellung und Gewährung von Darlehen bilden können und beide Leistungen eine wirtschaftliche Einheit bilden. Eine solche Gegenleistung des Getränkelieferanten in Form eines Darlehens bestimmt bei der Prüfung, ob eine Mindestabnahmeverpflichtung gemäß § 138 Abs. 1 BGB wirksam vereinbart ist, im besonderen Maße die Ausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung.

Nach dieser Rechtsprechung sind Malus-Regelungen zwar im Grundsatz unbedenklich, sofern sie die Kalkulationsgrundlage für das vertraglich gewährte Darlehen darstellt und der Vertragspartner dementsprechend einen Ausgleich dafür zu zahlen hat, soweit sich die von der Brauerei bei der Kalkulation der Leistung zugrunde gelegte jährliche Absatzmenge zu Lasten der Brauerei als unrichtig erweist.

So liegt der Fall bei der Vertragsgestaltung bei der Quasi-Vertragsstrafe durch die Paulaner aber nicht. Denn die Kalkulation der Quasi-Vertragsstrafe geht nicht zu Lasten der Paulaner. Denn bei den Verträgen der Paulaner führt bereits der Leistungsaustausch wegen Mindertilgung dazu, dass die Kalkulation der Brauerei aufgeht.

Zur Klarstellung: Nach der Systematik des Vertrages der Paulaner gibt es zwei Regelungen: Erstens eine Regelung in dem Vertrag betreffend der Rückführung des Darlehens. Hier ist (in Ziffer 1.1) geregelt, dass sich das Darlehen durch Mindestabnahmemengen „amortisiert“ – und wenn die Mindestabnahmemengen nicht abgenommen werden, die Differenz in Rechnung gestellt wird. Das heißt, dass bereits mit dieser Regelung ein deckungsgleicher Rückfluss des gewährten Darlehens enthalten ist. Darüber hinaus gibt es aber eine zweite Regelung in dem Vertrag (Ziffer II. 1.3), dass einen Leistungsausgleich bei Minderbezug in Höhe von 25,00 EUR je Hektoliter (HL) zuzüglich MwSt zu zahlen ist, sollte die Mindestmenge nicht abgenommen werden.

Und dann kommt es, wie es kommen muss: Die Mindestabnahmemengen können nicht eingehalten werden. Das heißt, gemäß Ziffer 1 des Vertrages wird wegen der Mindertilung des Darlehens die Differenz in Rechnung gestellt. Nach Beendigung des Vertrages wird darüber hinaus aber auch quasi als „Vertragsstrafe“ der Minderbezug gemäß Ziffer II.1.3 in Rechnung gestellt.

Eben jene Klausel betreffend des Minderbezuges halten wir für sittenwidrig, da es ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung ergibt, also einem Zinswucher.

Zahlen sie diese Rechnung nicht ungeprüft, sondern konsultieren Sie einen Anwalt. Und noch etwas: Die Paulaner versucht mit dieser angeblichen Forderung den Gastwirt für einen nächsten Vertrag zu binden, indem Sie dem Gastronomen eine Vertragsverlängerung anbietet. In Höhe der Malus-Rechnung wird dem Gastwirt ein Kostenzuschuss gewährt, der aber nicht zur Auszahlung gelangt, sondern mit den „Schulden“ durch Zeitablauf „verrechnet“ wird. Geht der Gastronom darauf ein, hat die Paulaner gewonnen: Zeit ist Geld!

Sollten Sie aber überlegen, sich von den angeblichen Verbindlichkeiten zu befreien, prüfen wir für Sie gerne, ob ein sittenwidriger Sachverhalt dargelegt und notfalls vor Gericht bewiesen werden kann.

Aber auch wenn kein vorstehender Fall vorliegt, heißt das nicht, dass der Bierliefervertrag nicht aus anderen Gründen unwirksam ist, sondern beschreibt nur einen Grund, wie sich die Brauereien auf Kosten der Gastronomen Vorteile versprechen lassen.

Wir beraten Sie gerne. Besuchen Sie uns auf unserer Kanzlei-Website.

Ihr Rechtsanwalt Kai Jüdemann


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