Anerkennung und Zwangsvollstreckung der Urteile der BRD in der Ukraine (2. Teil)

  • 7 Minuten Lesezeit

Beendigung des Rechtstipps (s. 1. Teil)

Gemäß Artikel 465 der ZPO der Ukraine wird die Erteilung einer Genehmigung für Zwangsvollstreckung einer ausländischen Gerichtsentscheidung direkt vom Beitreibenden (seinem Vertreter) oder von einer anderen Person (ihrem Vertreter) beantragt laut dem internationalen Abkommen, deren Verbindlichkeit für die Ukraine von dem ukrainischen Parlament gebilligt ist. Wenn es keine Regelung dieser Verhältnisse durch ein internationales Abkommen gibt, wird die Anerkennung und Vollstreckung der Entscheidung der BRD vom Beitreibenden oder seinem Vertreter beantragt, der nach dem Gesetz der Ukraine ab 01.01.2019 nur ein Rechtsanwalt sein darf.

Das Gericht kann auf Antrag der Person, die die Genehmigung für Zwangsvollstreckung der ausländischen Gerichtsentscheidung beantragt, die Maßnahmen zur Sicherung des Antrages ergreifen, die von dieser ZPO festgelegt wurden.

Die folgenden Unterlagen sind einem Antrag auf Anerkennung und Genehmigung für Vollstreckung einer ausländischen Gerichtsentscheidung beigefügt:

- eine nach dem festgelegten Verfahren beglaubigte Kopie der ausländischen Gerichtsentscheidung, deren Antrag auf Zwangsvollstreckung vorgelegt wird;

- ein amtliches Dokument, das die Rechtskraft der ausländischen Gerichtsentscheidung nachweist, falls sich dies der Entscheidung selbst nicht entnehmen lässt;

- ein Nachweis darüber, dass die Partei, hinsichtlich deren die ausländische Gerichtsentscheidung getroffen wurde und die am Gerichtsverfahren nicht teilgenommen hat, über Termin und Ort der Gerichtsverhandlung ordnungsgemäß benachrichtigt wurde;

- ein Nachweis, ab welchem Datum oder hinsichtlich welchen Teils die ausländische Gerichtsentscheidung der Vollstreckung unterliegt, wenn die Entscheidung schon vorher vollstreckt wurde;

- ein Nachweis der Vollmacht des Vertreters vom Kläger, wenn dieser Antrag von einem Vertreter vorgelegt wurde;

- eine amtlich beglaubigte ukrainische Übersetzung der oben genannten Unterlagen.

Um die Gerichtsentscheidung der BRD anzuerkennen, für die keine Vollstreckung erforderlich ist, gemäß Artikel 472 der ZPO der Ukraine ist folgendes beigefügt:

- eine nach dem festgelegten Verfahren beglaubigte Kopie der ausländischen Gerichtsentscheidung, deren Antrag auf Zwangsvollstreckung vorgelegt wird;

- ein amtliches Dokument, dass die Rechtskraft der Entscheidung des ausländischen Gerichts nachweist (falls sich dies der Entscheidung selbst nicht entnehmen lässt);

- ein Nachweis der Vollmacht des Vertreters vom Kläger (wenn dieser Antrag von einem Vertreter vorgelegt wurde);

- eine amtlich beglaubigte Übersetzung der oben genannten Unterlagen ins Ukrainische.

Infolge von Verhandlung eines Antrags auf Anerkennung und Vollstreckung des Urteils der BRD kann der Antrag gemäß Artikel 468 aus folgenden Gründen aufgehoben werden:

(1) Die Entscheidung ist in Rechtskraft getreten. Falls die ausländische Gerichtsentscheidung nach den Gesetzen des Staates, auf dessen Territorium sie getroffen wurde, nicht in Rechtskraft getreten ist;

(2) Die ordnungsgemäße Benachrichtigung von der Sachverhandlung. Wenn die Partei, gegen die eine ausländische Gerichtsentscheidung getroffen wurde, keine Möglichkeit hatte, an der Verhandlung teilzunehmen, weil sie nicht ordnungsgemäß und rechtzeitig über die Sachverhandlung informiert wurde;

So mit der oben erwähnten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 19. September 2018 wurde das Urteil des Landesgerichts Frankfurt am Main vom 25. November 2014 in Sache Nr. 2-18 О 351/12 über die Beitreibung vom Schuldner der Schuldbeträge laut dem Darlehensvertrag anerkannt und die Zwangsvollstreckung auf dem Territorium der Ukraine genehmigt.

Das Kassationsgericht hat das Urteil der Gerichte erster und zweiter Instanz (des Berufungsgerichtes) aufhoben, die die Anerkennung und Erteilung der Genehmigung für Zwangsvollstreckung ablehnten, weil der Schuldner keine Unterlagen vom deutschen Gericht, das den Streit verhandelte, erhalten hatte.

In diesem Fall hat der Oberste Gerichtshof festgestellt:

- Fragen im Zusammenhang mit der Zustellung gerichtlicher Urkunden (die Ausführung gerichtlicher Aufträge zur Leistung der Rechtshilfe) zwischen der Ukraine und der BRD richten sich nach den Bestimmungen des Übereinkommens über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen, das am 15. November 1965 in der Stadt Den Haag geschlossen wurde (nachstehend als Haager Übereinkommen bezeichnet);

- Das Landesgericht Frankfurt am Main hat alle zumutbaren Bemühungen gemacht, um die Zustellung von Gerichtsunterlagen dem Beklagten durch die zuständigen Behörden der Ukraine zu bestätigen. Die Anordnung für die Zustellung von Gerichtsunterlagen wurde jedoch an die zuständige Behörde des ersuchenden Staates zurückgeschickt, weil der Wohnort der Person, der die Gerichtsunterlagen zugestellt werden sollten, nicht festgestellt werden konnte;

- Unter Berücksichtigung der vorgenannten Umstände hat das Landesgericht Frankfurt am Main das Urteil vom 7. August 2014 getroffen, das eine öffentliche Bekanntmachung der Klageschrift und eine öffentliche Bekanntmachung des Beklagten mit der Klageschrift erlaubt hatte. Die Gerichtsverhandlung hat gemäß § 185 Nr. 1 der ZPO der BRD stattgefunden. Dies stimmt mit dem Inhalt von Artikel 15 Absatz 2 P. „c” des Haager Übereinkommens überein und zeugt von der ordnungsgemäßen Benachrichtigung des Beklagten über Termin und Ort der Sachverhandlung im Landesgericht Frankfurt am Main;

(3) Die Befolgung ausschließlicher Gerichtsbarkeit. Wenn die Entscheidung in einer Sache getroffen wurde, deren Verhandlung durch ein ukrainisches Gericht oder eine andere zuständige ukrainische Behörde zu erfolgen hat;

Gemäß Artikel 77 Absatz 1 des Gesetzes der Ukraine „Über internationales Privatrecht“ unterliegen die Sachen mit fremden Elemente ausschließlich der Gerichtsbarkeit der ukrainischen Gerichte, unter anderem für die Fälle:

  • einer Immobilie, die sich in der Ukraine befindet;
  • der Rechtsverhältnisse zwischen Kindern und Eltern, wenn beide Parteien einen Wohnsitz in der Ukraine haben;
  • eines Erbes, wenn der Erblasser Bürger der Ukraine war und in der Ukraine einen Wohnsitz hatte;
  • einer Ausfertigung des intellektuellen Eigentumsrechts, wenn es Registrierung oder Ausstellung eines Zeugnisses (Patents) in der Ukraine erfordert;
  • einer Registrierung oder Auflösung in der Ukraine ausländischer Juristischer Personen, unternehmerisch tätiger natürlicher Personen (Einzelunternehmen);
  • der Gültigkeit von Eintragungen in das staatliche Register bzw. Kataster der Ukraine;
  • einer Insolvenz, wenn der insolvente Schuldner nach der Gesetzgebung der Ukraine gegründet wurde;
  • einer Ausgabe oder Vernichtung von den in der Ukraine emittierten Wertpapieren;
  • einer Adoption, die auf dem Territorium der Ukraine durchgeführt wird oder wurde.

Deshalb hat das Berufungsgericht der Stadt Kyiv in der Sache Nr. 22-2488 mit seinem Urteil vom 23. Mai 2015 die Entscheidung vom erstinstanzlichen Gericht, die das Versäumnisurteil des Landesgerichtes Aschaffenburg der BRD über Beitreibung des Schuldbetrages vom Erbfolger anerkannte und seine Vollstreckung genehmigte, gemäß Artikel 77 Absatz 1 P.3 aufgehoben, weil der Erbfolger in der Ukraine wohnte.

(4) Fehlen von anderen Prozesse. Wenn die rechtskräftige Gerichtsentscheidung früher im Streit zwischen denselben Parteien mit demselben Gegenstand und auf demselben Grund in der Ukraine getroffen wurde oder es ein ukrainisches Gerichtsverfahren im Streit zwischen denselben Parteien mit demselben Gegenstand und auf demselben Grund gibt, das bis zum Zeitpunkt der Eröffnung des Verfahrens in einem ausländischen Gericht eröffnet wurde;

(5) Befolgung des Prinzips der „öffentlichen Ordnung“ („ordre public“). Wenn der Streitgegenstand keiner gerichtlichen Verhandlung nach ukrainischem Recht unterliegt und

(6) wenn die Vollstreckung der Entscheidung für die Interessen der Ukraine gefahrdrohend wäre;

(7) Fehlen von anderen Vollstreckungsverfahren. Wenn eine ausländische Gerichtsentscheidung im Streit zwischen denselben Parteien mit demselben Gegenstand und auf demselben Grund früher in der Ukraine anerkannt und für Vollstreckung genehmigt wurde und der beantragten Entscheidung analog ist;

(8) Wenn die Frist für die Vorlegung einer ausländischen Gerichtsentscheidung für Zwangsvollstreckung in der Ukraine abgelaufen ist, die vom internationalen Abkommen, deren Verbindlichkeit für die Ukraine von dem ukrainischen Parlament gebilligt ist, oder von der ZPO der Ukraine festgestellt wurde.

Deutsche Rechtsanwälte sollen darauf hinweisen, dass die ukrainischen Gerichte kein Recht haben, die Normen des ausländischen Rechtes bei der Verhandlung eines Antrages und Ausstellung einer Entscheidung anzuwenden. Es geht insbesondere bei der Bestimmung eines Schuldbetrages in Zinsen und bei der Berechnung solcher Zinsen nach den Normen des deutschen Gesetzes, das von einem deutschen Gericht bei der Verhandlung der Sache angewandt wurde.

Das ukrainische Gericht sowie die deutschen Gerichte prüfen bei der Anerkennung der ausländischen Gerichtsentscheidungen nur die Befolgung der oben angegebenen formalen Verfahren des Urteiltreffens.

Gemäß den Erklärungen in der Resolution der Vollversammlung des Obersten Gerichtshofs der Ukraine vom 24. Dezember 1999 Nr. 12 verhandelt das Gericht einen Antrag auf Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Gerichtsentscheidungen innerhalb der von ihnen angegebenen Grenzen und kann die sachliche (materielle) Richtigkeit der Entscheidungen nicht verhandeln und die Veränderungen zu ihnen nicht eintragen.

Daher war die Anwendung des ausländischen Rechts bei der Bestimmung der Zinssätze einer der Gründe für das Berufungsgericht Kyiv in der Rechtssache Nr. 22-ц/796/11211/2015 vom 24. Dezember 2015 für die Aufhebung der Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts, das mit dieser Entscheidung die Beitreibung der Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz genehmigt hat, der von der Deutschen Bundesbank festgelegt wird.

Um dies zu verhindern, muss der Kläger das Gericht in der BRD, das die Sache verhandelt und die Entscheidung hinsichtlich des Beklagten in der Ukraine treffen wird, um die Berechnung aller möglichen Zinsen bis zum Datum der Entscheidung selbst ersuchen. Die Zinsen sollen in Form eines festen Betrages angegeben werden und im Weiteren allgemeine Zinssätze haben, die an den Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank nicht festgebunden sein würden.

Die Anwendung des ausländischen Rechts bei der Zinsberechnung ist ab dem 01.01.2019 möglich, und zwar nur bei der Verhandlung des Antrags auf Erteilung der Genehmigung für Vollstreckung der Entscheidung internationales Schiedsspruches (Artikel 479 der ZPO).

Nach dem Ablauf der Widerrufsfrist oder dem Inkrafttreten der Entscheidung nach der Berufungs- und Kassationsverfahren erlässt das Gericht einen Vollstreckungstitel, das zur Vollstreckung vorzulegen ist. Um einen Vollstreckungstitel zu erhalten, ist kein Sondergerichtsverfahren erforderlich.



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Wadim Gertsev

Beiträge zum Thema