Anwalt wegen Pfando?

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Brauchen Sie Beratung bei einer juristischen Auseinandersetzung mit dem Unternehmen Pfando?

Derzeit werben zwei Rechtsanwälte damit, dass ein Vorgehen für Kunden gegen die Firma Pfando’s cash & drive sinnvoll sei und man Geld und Auto zurückerhalten würde, obwohl mündige Bürger schriftliche Verträge mit Pfando geschlossen haben. Dass bei dem Wunsch der Rückabwicklung der Verträge das eigene (vertragliche) Wort gegenüber dem Geschäftspartner aufgrund einer juristischen Formalität gebrochen wird und die Frage, ob eine derartige Rückabwicklung moralisch in Ordnung ist, soll an dieser Stelle nicht erörtert werden.    

Vielmehr geht es um die Frage, ob der durch die zwei Anwälte erweckte Eindruck, die Verfahren gegen Pfando seien „Selbstläufer“ und man bekäme am Ende Geld und Auto wieder, der Gerichtsrealität entspricht oder ob die Anwälte die Rechtslage allzu rosig darstellen, da sie selbst monetäre Ziele verfolgen.

*Werbung* der Verfasser weist darauf hin, dass er Pfando in presserechtlichen Verfahren vertritt*


Was machen Pfandleiher und was macht Pfando?

Aber worum geht es in den Pfando-Fällen überhaupt? Ein Arbeitnehmer oder Kleinunternehmer, der sich in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten befindet, die vom ‚ranking‘ her so groß sind, dass er als absolut kreditunwürdig eingestuft wird, bleibt oft nur noch der ‚Gang zum Pfandleiher‘. Dort stellt er sich mit seinem meist letzten Vermögensgegenstand, häufig einem Kraftfahrzeug, vor und bittet um einen Kredit. Der Pfandleiher bewertet das Fahrzeug und bietet dem Kunden einen Kredit nach der PfandleiherVerordnung an.

Jedoch muss der Kunde das Fahrzeug beim Pfandleihhaus abstellen. Der Pfandleiher muss nämlich das Pfand in seinen Besitz nehmen und damit ein Faustpfand begründen, da dies in der PfandleiherVO so vorgeschrieben ist (vgl. § 5 der PfandlV). Ansonsten kann er am Fahrzeug kein Pfandrecht erwerben.

Bis zum Ende der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts vereinbarten viele Pfandleiher mit den Kunden daher Sicherungsübereignungen, was damals noch zulässig war. Auf Druck der Banken wurde jedoch das KreditwesenG geändert. Die gewerbliche Begründung von Sicherungsübereignungen ist seitdem ein verbotenes Geschäft nach § 3 KWG.


„sale-and-rent-back“ von Pfando

Durch die Besonderheiten der heutigen Zeit sind jedoch insbesondere viele Kleinunternehmer auf die Weiternutzung ihrer Fahrzeuge angewiesen.

Da der Gesetzgeber hierauf und auf notwendige gesellschaftliche Belange nicht reagierte, wurde unter Berücksichtigung der BGH-Entscheidung vom 14.05.2009 von der Fa. Pfando’s cash & drive das Vertragsmodell „sale-and-rent-back“ entwickelt, um auch Kunden, die von Banken und dem Staat keine Hilfe mehr bekommen, kurzfristige finanzielle Hilfe zukommen zu lassen. Natürlich muss Pfando mit diesem Angebot auch Geld verdienen und die hohen Ausfallrisiken, die Banken dazu veranlassen, diese Personen gar nicht mehr zu unterstützen, einpreisen.  Es ist jedoch für viele, gerade in der Corona Krise, eine echte letzte Chance, durch kurzfristige Liquidität das „Ruder nochmal rumzureißen“.


Was sagt die Rechtsprechung zu Pfando?

Die zwei zuvor angesprochenen Anwälte vermitteln den Eindruck, man müsse sich nur an sie wenden und bekäme Geld und Auto von Pfando zurück. Hier stellt sich nun die Frage, ob dies wirklich so eindeutig ist oder ob Sie durch ein Vorgehen gegen Pfando aufgrund dieser Rechtstipps möglicherweise nicht Auto und Geld zurückbekommen, sondern schlicht noch mehr Geld verlieren können.  

Richtig sind wie so häufig die bekannten Juristen-Sprichwörter: „Vor Gericht und auf hoher See sind Sie in Gottes Hand“ und „Es kommt darauf an!“. Denn das Vertragsmodell wird in der Rechtsprechung unterschiedlich bewertet.

Das Landgericht Erfurt und das Landgericht Dresden haben Bedenken gegen die Wirksamkeit des Vertragsmodells geäußert. Demgegenüber sprachen sich u.a. das Amtsgericht Frankfurt, das Amtsgericht Köln, das Landgericht Dortmund und das Landgericht Düsseldorf, das Landgericht Frankfurt, das Landgericht München I u.v.m. für die Zulässigkeit des Vertragsmodelles aus. Hinzu kommt, dass es selbst innerhalb eines Gerichtes mitunter zu unterschiedlichen Meinungen kommt. Während sich das Landgericht Frankfurt am Main für das Vertragsmodell ausgesprochen hat, wird es von einer Richterin der dortigen Berufungskammer aktuell abgelehnt. Dies trifft auch für das Amtsgericht Charlottenburg zu. Dort findet man unter der Richterschaft verschiedene Ansichten. So hat sich das einzige Kammergericht in Deutschland für das Vertragsmodell ausgesprochen. Auch die Experten der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht halten die Verträge für wirksam.

Damit ist zu sehen, dass bereits die Erfolgsaussichten als bestenfalls offen zu bezeichnen sind. Tatsächlich entscheidet die absolute Mehrzahl der Gerichte zugunsten von Pfando, sodass bereits dem Grunde nach nur geringe Erfolgsaussichten bestehen.


Was sagt die Einzelrichterin des OLG Frankfurt am Main?

In der angedeuteten Entscheidung des OLG Frankfurt am Main (nicht rechtskräftig), die nun gerne von den zwei Anwälten zitiert wird, hat dieses Gericht sich nun auch als eines von vielen zur Zulässigkeit des diskutierten Vertragsmodells geäußert. Auch hier ist jedoch zu sehen, dass das Ergebnis nicht derart eindeutig ist, wie es die zwei Anwälte gerne darstellen.

Das OLG Frankfurt am Main ist in seinem Urteil vom 05.06.2020 der Auffassung, dass nicht alle Rückkaufgeschäfte grundsätzlich wegen eines Verstoßes gegen § 34 Abs. 4 GewO nichtig seien, sondern nur dann,

„..., wenn die vom Mieter vertraglich zu erbringenden Leistungen über einen Nutzungsersatz für das Fahrzeug hinausgehen.“ OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 05.06.2020, Az.: 2 U 90/19, vgl. Leitsatz.

Es folgt insoweit der ‚Linie‘ des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs.

Demzufolge muss bei der Frage, ob die Einzelrichterin des OLG Frankfurt am Main die Unwirksamkeit der Pfando-Verträge annimmt, die Antwort lauten: Es kommt darauf an!

Es kommt nach Auffassung der Richterin nämlich darauf an, ob die Gegenleistung, also die verlangte Miete in einem angemessenen und zulässigen Bereich liegt. Dazu führt sie eine hypothetische Berechnung als Pfandleihgeschäft durch. Nach Auffassung der Einzelrichterin des OLG Frankfurt am Main kann durch einen Vergleich mit der Vergütung des Pfandleihers nach der PfandlV die Frage nach der Zulässigkeit beantwortet werden.

Somit kann als Zwischenergebnis festgestellt werden, dass selbst nach der Mindermeinung des OLG Frankfurt am Main die Verträge nicht grundsätzlich wegen eines Verstoßes gegen § 34 Abs. 4 GewO unwirksam sind, sondern im Einzelfall immer eine Vergleichsberechnung erfolgen muss. Nur wenn die Vergleichsberechnung negativ ausfällt, kann dies über § 134 BGB zu einer Unwirksamkeit der Verträge führen, wobei auch insoweit nochmals darauf hinzuweisen ist, dass die Mehrzahl der Gerichte selbst in diesem Fall keinen Verstoß annimmt.  


Was berechnen Gerichte, die im Einzelfall einen Verstoß angenommen haben?

Wie zuvor dargelegt, entscheidet die Mehrzahl der Gerichte zugunsten von Pfando und einige im Einzelfall dem Grunde nach zugunsten eines Kunden.

Dabei ist jedoch zu sehen, dass auch die Gerichte, die im vorgelegten Vertragswerk einen Verstoß angesehen haben, diesen nicht pauschal, sondern nur nach einer ausführlichen Prüfung im Einzelfall annahmen.


Eine solche Vergleichsberechnung könnte wie folgt aussehen:

Darlehensbetrag:                                                 3.000,00 €

1% hieraus gem. § 10 Abs.1 Nr. 1                             30,00 €

5,5 % hieraus gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2                      165,00 €

Standgebühren, kalendertäglich 3,00 €                  90,00 €

insgesamt                                                              285,00 €


Zur Frage der Angemessenheit der Gebühren nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 der PfandlVO müsste ggf. ein Sachverständigengutachten eingeholt werden, da die Vorschrift nur besagt, dass

(1) Der Pfandleiher darf für die Hingabe des Darlehens, für die Kosten seines Geschäftsbetriebs einschließlich der Aufbewahrung, der Versicherung und der Schätzung des Wertes des Pfandes sowie für die Kosten der Pfandverwertung höchstens fordern, vereinbaren oder sich gewähren lassen

1. für die Hingabe des Darlehens einen monatlichen Zins von eins vom Hundert des Darlehnsbetrags,

2. für die Kosten des Geschäftsbetriebs Vergütungen gemäß der Anlage zu dieser Verordnung,

3. die notwendigen Kosten der Verwertung.

Zwar enthält die Anlage zu § 10 Abs. 1 Nr. 2 eine Gebührentabelle, jedoch unterliegt bei einem Darlehen, das den Betrag von 300 Euro übersteigt, die monatliche Vergütung der freien Vereinbarung.

Das OLG Frankfurt am Main stellt zunächst auf die Gebühren nach § 10 PfandlV ab, rechnet zusätzlich die Nutzungsentschädigung auf der Grundlage des Verkehrswertes und der tatsächlich gefahrenen Kilometer des Fahrzeuges ab und rechnet diese zu den Gebühren nach der PfandlV hinzu, d.h., dass die Nutzungsentschädigung immer zu den Gebühren nach der PfandlV hinzuaddiert wird (vgl. OLG Frankfurt/M., a.a.O., RdNr. 34ff.).


Hierzu könnte die konkrete Berechnung wie folgt aussehen:

Ein Fahrzeug wurde z.B. am 01.11.2019 mit einem Kilometerstand von 124.488 km an die Fa. Pfando verkauft. Mit Kaufvertrag vom 30.04.2020 kauft der Kunde das Fahrzeug zurück. Der Kilometerstand beläuft sich zu diesem Zeitpunkt auf 145.632 km. Der Kunde wäre somit in dieser Zeit, also in 6 Monaten, 21.144 km gefahren. Dies entspricht einem monatlichen Durchschnitt von 5.190,67 km. Die Berufungskammer des LG Frankfurt am Main rechnet – ohne konkrete Angaben – mit einer monatlichen Laufleistung von 1.166 km (vgl. Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 08.06.2020, Az.: 2-01 S 165/19, Seite 10).

Das OLG Frankfurt am Main rechnet nun wie folgt (vgl. dortige RdNr. 36 und 37):

Fahrzeugwert (nicht Kaufpreis!) x   gefahrene Monatskilometer (Durchschnitt) geteilt durch:   erwartete Restlaufleistung (200.000 minus Kilometerstand bei Vertragsbeginn) also bei einem Fahrzeugwert von z.B. 6.500,00 €:

            6.500 x 5.190,67 ./. 75.512 =     466,81 €


Dieser Betrag ist dem nach der PfandlV berechneten Betrag hinzuzuaddieren.

Folglich stehen bei dem vorstehenden Beispiel folgende Beträge zur Addition an:


PfandlV                                                  285,00 €

Nutzungsentschädigung, monatl.     466,81 €

insgesamt                                               751,81 €


Dies ist der nach der Entscheidung des OLG Frankfurt am Main vom 05.06.2020 zulässige Nutzungsersatz, wobei die nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 PfandlV ebenfalls zu erstattenden Kosten der Verwertung noch nicht berücksichtigt wurden.

Dieser Betrag wäre nun in einem weiteren Schritt mit der von der Fa. Pfando’s cash & drive GmbH verlangten Miete zu vergleichen. Steht diese dem errechneten Nutzungsersatz des OLG Frankfurt am Main gleich oder darunter, liegt sie im zulässigen Bereich und Sie können keine Ansprüche gegen Pfando geltend machen.

Nur eine Überschreitung würde zu dem Sonderweg des OLG Frankfurt am Main führen, dass die abgeschlossenen Verträge wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot unwirksam sein könnten.

Dabei ist zu sehen, dass Pfando die Hinweise sehr ernst nimmt und die Verträge kontinuierlich anpasst. Sofern Sie keinen Alt-Vertrag haben, laufen Sie hier bereits Gefahr, dass Ihnen selbst nach Auffassung des Frankfurter Gerichts keine Ansprüche zustehen.

Haben Sie Ihren Vertrag nicht in Frankfurt geschlossen, hilft Ihnen die Entscheidung der Einzelrichterin des OLG Frankfurt am Main auch nicht viel,


OLG Karlsruhe: Pfando-Verträge wirksam

So führt beispielsweise nach Auffassung des OLG Karlsruhe ein Verstoß gegen § 10 PfandlV nicht zwingend zur Gesamtnichtigkeit des Darlehensvertrages.

vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.05.2006, Az.: 19 U 65/05.

„Gemäß § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nur dann nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. Dabei ist die Frage, ob verbotswidrige Rechtsgeschäfte gesamtnichtig sind, aus Sinn und Zweck der jeweiligen Verbotsvorschrift heraus zu beantworten. Entscheidend ist, ob das Gesetz sich gegen die privatrechtliche Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts und damit gegen seinen wirtschaftlichen Erfolg wendet, d.h. ob es Erfüllungsansprüche aus dem Rechtsgeschäft insgesamt verhindern will (BGHZ 88, 240; 89, 369; 118, 142). Richtet sich ein gesetzliches Verbot - wie vorliegend bei § 10 PfandlV nach seinem Wortlaut der Fall - allein gegen einen der Geschäftspartner, so ist im Regelfall nicht von einer Gesamtnichtigkeit auszugehen.


OLG Karlsruhe, a.a.O.

Nach allgemeiner Auffassung ist bei einem Verstoß gegen eine preisrechtliche Norm lediglich der über das zulässige Maß hinausgehende Teil der Preisvereinbarung nach § 134 BGB nichtig, im Übrigen bleibt der Vertrag - nach h.M. mit dem zulässigen, nicht lediglich mit dem marktüblichen – Preis bestehen (OLG Karlsruhe, a.a.O., mit weiteren Nachweisen).


Offene Rechtsfragen bei der Vergleichsberechnung

Die dargestellte Vergleichsberechnung des OLG Frankfurt am Main ist indes auf einige Fragen nicht eingegangen, die dazu führen, dass die Vergleichsberechnung künftig eher für eine Wirksamkeit spricht.

So ist ungeklärt, ob die Mehrwertsteuer zu berücksichtigen ist, da selbst bei einer mangelnden Vorsteuerabzugsberechtigung diese immer an den Fiskus abfließt.

Es spricht jedoch vieles dafür, dass der Mehrwertsteueranteil bei der Frage der Angemessenheit keine Berücksichtigung finden kann. § 34 Abs. 4 GewO zielt nämlich darauf ab, dass sich der gewerbliche Käufer keine übermäßigen Beträge zuwenden lässt, nicht darauf, was dessen Kunde aufwenden muss. Zuwenden lässt sich die Fa. Pfando jedoch nur den Nettomietbetrag, auf welchen sie Kraft gesetzlicher Verpflichtung die Mehrwertsteuer als Inkassostelle des Staates aufschlägt und unmittelbar weiterleitet. Dieser Anteil der Miete kann daher nicht als Zuwendung an den gewerblichen Käufer betrachtet werden, auch wenn der Kunde sie aufwenden muss.

Diese Betrachtung ist auch sachgerecht, da andernfalls die Berücksichtigung der Bruttomiete dazu führen würde, dass die Kontrolle über den Bestand des Vertrages der Disposition der Vertragsparteien entzogen wäre. Der Gesetzgeber allein hat es in der Hand, über die Höhe der Mehrwertsteuer jederzeit zu entscheiden, wie er es zuletzt im Zweiten Corona-Steuerhilfepaket auch getan hat.

Zusätzlich könnten die Kosten für die Anmietung eines vergleichbaren Fahrzeuges berücksichtigt werden, da der Kunde ein solches bei der klassischen Pfandleihe extra anmieten müsste, um mobil zu bleiben. Unabhängig vom Fahrzeugtyp wird derzeit von einem Autovermietungsunternehmen eine Langzeitmiete angeboten.

Mit dieser Langzeitmiete kann man einen Mietwagen einen Monat oder länger buchen. Der Gesamtpreis beläuft sich derzeit auf monatlich ab 429,00 € brutto inklusive 1.800 Freikilometer. Dieses Angebot bezieht sich jedoch nur auf einen einfachen Fahrzeugtyp. Ein VW Polo kostet ab 655,00 € brutto.      Stand: Juli 2020

Auch hat sich das OLG Frankfurt am Main zur Frage geäußert, ob die Fa. Pfando Fahrzeuge nach Vertragsbeendigung abholen könne. Das OLG Frankfurt am Main lehnte dies bei der bisher verwendeten Vertragsklausel ab. Pfando verwendet indes seit längerem überarbeitete Klauseln, die der vereinzelten Kritik bereits vor der Entscheidung des OLG Frankfurt am Main Rechnung trugen. Pfando überarbeitet seine Verträge kontinuierlich, sodass Sie sich vergewissern sollten, über welche Klauseln ein Gericht tatsächlich befunden hat.

Es ist auch zu berücksichtigen, dass sich andere Gerichte, gerade nach Veröffentlichung des strittigen Urteils des OLG Frankfurt am Main, dieser Auffassung nicht angeschlossen haben. So zum Beispiel hat das Landgericht Dortmund mit am 17.06.2020 verkündetem Urteil unter Ziffer II. 1. a) ausgesprochen, dass die ‚beiden streitgegenständlichen Verträge nicht gegen das gesetzliche Verbot des § 34 Abs. 4 GewO verstoßen und folglich nicht gemäß § 134 BGB nicht sind.

Landgericht Dortmund, Urteil vom 17.06.2020, Az.: 12 O 15/19.


Das Amtsgericht Charlottenburg verneint mit Urteil vom 29.06.2020 eine Anwendbarkeit des § 34 Abs. 4 GewO auf die Verträge der Fa. Pfando’s und bezieht sich insofern auf die Entscheidung des BGH vom 14.05.2009. Wörtlich heißt es in dem Urteil des AG Charlottenburg, dass sich dies „eindeutig“ aus dieser Entscheidung ergeben würde.

Amtsgericht Charlottenburg, Urteil vom 29.06.2020, Az.: 237 C 9/20.


Das Landgericht München I geht in seinem Beschluss vom 29.05.2020 noch einen Schritt weiter und verneint für den gewerblichen Bereich nicht nur einen Verstoß gegen § 34 Abs. 4 GewO, § 32 KWG oder § 138 BGB, sondern verneint auch eine verbotene Eigenmacht. Wörtlich führt das LG München I aus, dass die dortige Antragstellerin treuwidrig handeln würde, wenn sie sich auf possessorische Besitzansprüche berufen würde, da sie den PKW umgehend an die Fa. Pfando zurückgeben müsste (dolo-agit).

Landgericht München I, Beschluss vom 29.05.2020, Az.: 22 O 4085/20.


Ähnlich hatte auch das Landgericht Frankfurt am Main in seinem Urteil vom 09.08.2019 entschieden und ausgeführt, dass durch die von der Fa. Pfando

gewählte Vertragskonstruktion die durch § 34 Abs. 4 GewO ‚in den Blick genommene‘ Gefahrensituation für den Verkäufer gerade vermieden wird. Nach Auffassung des Gerichtes lag keine Umgehung des § 34 Abs. 4 GewO vor.

Landgericht Frankfurt, Urteil vom 09.08.2019, Az.: 2-30 O 256/18.

Soweit die zwei Rechtsanwälte in ihren Rechtstipps das OLG Frankfurt am Main zitieren, ist anzumerken, dass diese Zitate sowohl inhaltlich als auch zeilenmäßig falsch sind. Während die RdNr. 41 die Frage erörtert, ob ein Verstoß gegen § 34 Abs. 3 GewO zur Nichtigkeit des abgeschlossenen Vertrages führt, beschäftigt sich RdNr. 45 mit einem Anspruch aus § 812 Abs. 1 BGB.

Die Frage der Vergütung nach der PfandlV wird vom OLG Frankfurt am Main in RdNr. 39 erörtert. Hier aber bejaht das Gericht auch eine Vergütung nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 PfandlV.


FAZIT

Nach alledem steht es jedem Kunden natürlich frei, gegen Pfando juristisch vorzugehen und sich nicht an seine vertraglichen Zusicherungen zu halten.

Soweit zwei Anwälte jedoch suggerieren, dass Verfahren gegen Pfando „Selbstläufer“ seien, weil auf wenige Entscheidungen verwiesen wird, sollten Sie im Hinterkopf behalten, dass diese Anwälte eigene monetäre Ziele verfolgen (Sie als Mandanten zu gewinnen) und die aktuelle Rechtsprechung nicht objektiv wiedergeben.

Richtig ist: Der Großteil der Instanzgerichte erachtet die Pfando-Verträge als wirksam. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hält die Verträge ebenfalls für wirksam.

Sollte für Sie der Gerichtsbezirk Frankfurt am Main zuständig sein, bestehen nach aktueller Rechtslage Chancen für Kunden, wenn die Differenzberechnung den Vorgaben des OLG Frankfurt am Main entspricht, Sie einen Vertrag haben, der (noch) in den Anwendungsbereich des OLG Frankfurt am Main fällt (Stichwort: Anpassung der Verträge durch Pfando), die Entscheidung rechtskräftig wird und Amtsgerichte und Landgerichte die Mindermeinung des OLG Frankfurt am Main übernehmen. Sofern Sie etwa in Berlin Ihren Vertrag geschlossen haben, dürfte das Kammergericht eher bei seiner eigenen Rechtsauffassung bleiben und nicht die des OLG Frankfurt am Main übernehmen.

Pfando gibt mit seinem „sale-and-rent-back“-Angebot Menschen eine Chance, denen sonst kaum noch eine Bank finanziell helfen würde. Pfando möchte seinen Kunden keinen Schaden durch Prozesskosten zufügen, die sie gegebenenfalls im Vertrauen auf Versprechungen zweier schillernder Anwälte erleiden. Insoweit dient dieser Rechtstipp dazu, auf die prozessualen Risiken hinzuweisen. Personen, die auf die Hinweise der Anwälte vertrauen und Klage gegen Pfando einreichten, mussten mitunter Prozesskosten in fünfstelliger Höhe tragen.  


Foto(s): Pfando

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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