Auch mit mehreren Arbeitsverhältnissen ist die zulässige Höchstarbeitszeit einzuhalten

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LAG Nürnberg, Urteil vom 19.05.2020 – 7 Sa 11/19

Ein Arbeitnehmer hatte einen Vollzeitjob mit 35 Wochenstunden in der Metall- und Elektroindustrie. Im Laufe der Jahre wurde die Arbeitszeit auf knapp 40 Wochenstunden. Zusätzlich hatte er einen Nebenjob bei einem kommunalen Wasserversorger. Die Arbeitszeit im Nebenjob betrug ca. 60 Stunden im Monat.

Nach mehreren Jahren kündigte der Wasserversorger das Arbeitsverhältnis. Er machte geltend, dass das Arbeitsverhältnis trotz der jahrelangen Laufzeit nichtig sei. Der Arbeitnehmer habe mit seinen beiden Arbeitsverträgen die zulässige Höchstarbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz überschritten.

Der Arbeitnehmer klagte gegen die Kündigung.

Das Landesarbeitsgericht Nürnberg gab dem Arbeitgeber Recht. Das Arbeitsverhältnis mit dem Wasserversorger sei nichtig, weil die zulässige Höchstarbeitszeit überschritten worden sei. Für die Berechnung der zulässigen Höchstarbeitszeit sind laut dem LAG die Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern zusammen zu rechnen. Mit der Vollzeitbeschäftigung von 40 Wochenstunden und der Nebenbeschäftigung mit knapp 14 Wochenstunden kam der Arbeitnehmer auf eine Wochenarbeitszeit von mehr als 53 Stunden. Das Arbeitszeitgesetz sieht aber nur eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden als zulässig an. Feiertage und Urlaubstage blieben bei dieser Berechnung unberücksichtigt. Die zulässige Höchstarbeitszeit sei damit dauerhaft überschritten. Die nach dem Arbeitszeitgesetz zulässigen Abweichungen von dieser Höchstarbeitszeit seien nicht anzuwenden, da es nicht – wie es das Gesetz fordert – zur Ausgleichung dieser Überschreitung komme.

Da es sich hier um zwei zusammen zu rechnende Arbeitsverträge handelte, sei der zeitlich zuletzt abgeschlossene Vertrag, also hier der Nebenjob, nichtig. Es sei zwar grundsätzlich möglich den Arbeitsvertrag nur als teilweise nichtig anzusehen, also mit einer verringerten Stundenzahl. Dies wäre aber nur dann möglich, wenn davon auszugehen ist, dass dies dem Willen beider Parteien entspräche, was vorliegend nicht der Fall gewesen sei.

Damit stellte das LAG fest, dass der zuletzt abgeschlossene Vertrag nichtig war und aus ihm keine Ansprüche gelten gemacht werden konnten. Auch Kündigungsschutz bestand daher nicht.

Für die Praxis bedeutet das einmal mehr, dass bei mehreren Jobs die Arbeitszeiten zusammen zu rechnen sind. Hierauf müssen nicht nur die Arbeitgeber, sondern auch die Arbeitnehmer selber achten. Dies ist ein Grund, warum dem Hauptarbeitgeber Nebenjobs anzuzeigen sind, da er diese Verpflichtung sonst nicht überprüfen und auch nicht einhalten kann. Die Konsequenz, dass das zuletzt aufgenommene Arbeitsverhältnis bei Überschreitung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit nichtig ist, zeigt, wie wichtig es ist, bei mehreren Jobs hinzugucken.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet Arbeitsrecht

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