Audi-Abgasskandal: LG Kleve verurteilt die Audi AG zu Schadenersatzpflicht für Audi A6 Avant 3.0 TDI

  • 3 Minuten Lesezeit

Auch vor dem Landgericht Kleve hat die Audi AG wegen der Manipulationen an einem Audi A6 Avant 3.0 TDI eine Niederlage erlitten. Sie ist für den Einsatz illegaler Abschalteinrichtungen bei dem Sechszylinder-Diesel EA897 wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB schadenersatzpflichtig.

Die Audi AG erlebt derzeit für ihr Sechszylinder-Modell A6 3.0 TDI mit dem EA897 (Abgasnorm Euro 6) ein Debakel nach dem anderen. Jetzt hat das Landgericht Kleve (Az.: 3 O 6/21) die Audi AG verurteilt, an den geschädigten Halter eines Audi A6 Avant 3.0 TDI Schadenersatz in Höhe 58.381,35 Euro sowie weitere 1.954,46 Euro nebst jährlichen Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16. Februar 2021 zu zahlen. Ebenso muss die Audi AG 90 Prozent der Kosten des Rechtsstreits tragen.

Der Hintergrund: Der Kläger erwarb mit Rechnungsdatum vom 23. März 2017 den Audi A6 Avant 3.0 TDI zum Preis von brutto 63.500,01 Euro. Der Kläger wendete im Anschluss mit Rechnungen vom 6. April 2017 und vom 25. Oktober 2017 weitere 3.268,79 Euro unter anderem für die Nachrüstung einer Vorrichtung zur Erhöhung der Motorlautstärke, für Winterreifen und für Reparaturmaterial auf. Der Wagen wies bei Übergabe eine Laufleistung von 12.616 Kilometer und zum 17. Mai 2021 eine solche von 24.138 Kilometer auf. Für das Fahrzeug liegt eine verbindliche Anordnung zur Aktualisierung der Motorsteuerungs-Software des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) vor, nach dessen Auffassung in dem streitgegenständlichen Fahrzeugtyp eine unzulässige Abschalteinrichtung zum Einsatz kommt. Aufgrund dieser Anordnung erfolgte mit Schreiben vom Januar 2019 ein Rückruf des streitgegenständlichen Fahrzeugs durch die Beklagte zur Durchführung des Softwareupdates.

„In dem Fahrzeug ist ein von der Beklagten entwickelter Dieselmotor eingebaut. Die in dem Fahrzeug installierte Software erkennt, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befindet und aktiviert sodann eine Aufheizstrategie, die sogenannte Strategie A, bei der der SCR-Katalysator schneller aufgeheizt wird, um die für die Abgasreinigung erforderliche Temperatur zu erreichen und die Funktionsfähigkeit der Abgasreinigung sicherzustellen. Im realen Fahrbetrieb wird diese Funktion abgeschaltet, wodurch es zu einem höheren Schadstoffausstoß kommt“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (www.hartung-rechtsanwaelte.de). Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert. Dr. Gerrit W. Hartung gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde und hat das verbraucherfreundliche Urteil erstritten.

Dieselexperte Dr. Gerrit W. Hartung verweist auf die Argumentation des Gerichts: „Die Beklagte hat dem Kläger in einer die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zugefügt. Die Entscheidung der Beklagten, bei dem hier in Streit stehenden Fahrzeug die sogenannte Aufheizstrategie (Strategie A) zu verwenden und dieses sodann in Verkehr zu bringen, stellt eine sittenwidrige Handlung dar.“ Es sei weder vorgetragen noch ersichtlich, dass diese sog. Strategie A zum Schutz des Motors technisch notwendig sei. Als Beweggrund für das Inverkehrbringen komme vorliegend allein eine angestrebte Kostensenkung und Gewinnmaximierung durch hohe Absatzzahlen in Betracht. Denn es erscheine lebensfremd, dass die Beklagte das mit der Verwendung der Abschaltsoftware verbundene Risiko ohne wirtschaftlichen Vorteil eingegangen wäre.

Auch kritisiert das Gericht die Verteidigungsstrategie der Audi AG. Es sei keine ausreichende Darlegung der Beklagten erfolgt: „Das Vorbringen der Beklagten beschränkt sich darauf, jegliche Beteiligung, Billigung oder auch die Kenntnis eines ihrer Vorstandsmitglieder an der Entwicklung und dem Einsatz der in Rede stehenden Software pauschal zu bestreiten.“ Ihrer sekundären Darlegungslast habe die Audi AG nicht entsprochen. Das Gericht müsse deshalb davon ausgehen, dass die Entscheidung zum Einsatz der Steuerungssoftware vom Vorstand der Beklagten angeordnet oder jedenfalls doch abgesegnet worden sei. Im Rahmen der sekundären Darlegungslast muss der Autohersteller sich von den Vorwürfen aktiv und mit weitreichenden Erklärungen zur Funktionsweise der Technologien entlasten. Entspricht das Unternehmen dem nicht, kann es auch keine Entlastung von den Vorwürfen geben.

Foto(s): Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH


Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung

Beiträge zum Thema