Audi AG im Dieselabgasskandal für Manipulationen am VW Touareg verurteilt

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Der Motortyp EA897 mit der Abgasnorm Euro 6 steht immer wieder im Fokus des Dieselabgasskandals. Jetzt hat das Landgericht Kiel einem geschädigten Verbraucher Schadenersatz für einen VW Touareg 3.0 TDI erhalten.

Gegen die Audi AG ergehen immer mehr Urteile im Dieselabgasskandal zum Motortyp EA897 mit der Abgasnorm Euro 6. Jetzt hat das Landgericht Kiel (Urteil vom 29.07.2021, Az.: 6 O 76/21) verurteilt, an den Kläger 21.666,17 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 2. Februar 2021 sowie weitere 1.211,50 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 2. Februar zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits und muss den VW Touareg 3.0 TDI zurücknehmen.

Der Kläger erwarb den Wagen mit Kaufvertrag vom 30. März 2017 zu einem Kaufpreis von 40.800 Euro. Es handelte sich um einen Gebrauchtwagen mit einem Kilometerstand von 24.105 km Das Fahrzeug wurde durch ein Darlehen finanziert. Der Kläger zahlte hierbei 20.000 Euro an und nahm eine Darlehenssumme von weiteren 21.908,16 Euro auf. Der Kläger hat sämtliche Darlehensraten in voller Höhe beglichen. Am 7. Juli 2021 betrug die Laufleistung 160.949 Kilometer. Die Beklagte ist die Herstellerin des im streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten Dieselmotors EA897 mit der Abgasnorm Euro 6.

„Das Kraftfahrt-Bundesamt ordnete als zuständige Behörde betreffend das streitgegenständliche Fahrzeug die Entfernung von unzulässigen Abschalteinrichtungen an. Zwei von insgesamt fünf festgestellten Strategien stufte das KBA dabei als unzulässige Abschalteinrichtungen ein“, erklärt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (www.hartung-rechtsanwaelte.de) mit Bezug zum Urteil. Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert. Dr. Gerrit W. Hartung gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde und hat das verbraucherfreundliche Urteil vor dem Landgericht Kiel erstritten.

Im Fokus steht unter anderem die sogenannte Strategie A. Die in dem Fahrzeug installierte Software erkennt, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befindet und aktiviert sodann die Aufheizstrategie (Strategie A), bei der der SCR-Katalysator schneller aufgeheizt wird, um die für die Abgasreinigung erforderliche Temperatur zu erreichen und die Funktionsfähigkeit der Abgasreinigung sicherzustellen. Im realen Fahrbetrieb wird diese Funktion abgeschaltet, wodurch es zu einem höheren Schadstoffausstoß kommt.

„Ebenso bezieht sich das Landgericht auf die Verwendung des SCR-Katalysators, der systembedingt mit Reagens betrieben werden müsse. Nach der Aussage von Audi wird bei diesen Fahrzeugen nach Aktivierung des Aufforderungssystems nicht über die gesamte Reichweite des Fahrzeugs gleich viel Reagens in den SCR-Katalysator eingedüst“, sagt Verbraucherschutzanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.

Daraus resultierte die Verurteilung der Audi AG wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB. Die Beklagte habe sich objektiv sittenwidrig verhalten, indem sie den in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten Motor mit einer gesetzeswidrigen Motorsteuerungssoftware in den Verkehr gebracht habe. Zugleich hat das Gericht die Verteidigungsstrategie der Audi AG kritisiert. „Im Rahmen der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast hat die Beklagte bezogen auf die Entwicklung und Implementierung der streitgegenständlichen manipulativen Motoren- beziehungsweise Emissionssteuerungssoftware ihre interne Organisationsstruktur einschließlich Genehmigungs-, Budget- und Compliance-Verantwortlichkeiten wiederum einschließlich zugehöriger Berichtspflichten und Berichtswege darzustellen. Dies hat sie nicht in hinreichendem Maße getan.“

Im Rahmen der sekundären Darlegungslast muss der Autohersteller sich von den Vorwürfen aktiv und mit weitreichenden Erklärungen zur Funktionsweise der Technologien entlasten. Entspricht das Unternehmen dem nicht, kann es auch keine Entlastung von den Vorwürfen geben.

Foto(s): Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH


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