Audi-Dieselskandal um A6 3.0 TDI: Auch Euro 5-Fahrzeuge im Fokus der Abgasmanipulationen

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Vor dem Landgericht Marburg ist die Audi AG im Dieselskandal für einen Audi A6 3.0 TDI mit der Abgasnorm Euro 5 (EA897) zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt worden. Dabei handelt es sich um eine der ersten positiven Entscheidungen bundesweit zu einem durch Audi hergestellten 3,0-Liter-Dieselmotor der Schadstoffklasse Euro 5.  

Im Dieselabgasskandal steht die Audi AG vor allem wegen der Vielzahl an manipulierten Fahrzeugen mit der Abgasnorm Euro 6 im Fokus. Nun hat das Landgericht Marburg (Urteil vom 29.10.2020, Az.: 2 O 67/20) entschieden, dass die Audi AG auch für einen Audi A6 3.0 TDI mit der Abgasnorm Euro 5 des Motorentyps EA897 schadensersatzpflichtig ist. Dabei handelt es sich um eine der ersten positiven Entscheidungen bundesweit zu einem durch Audi hergestellten 3,0-Liter-Dieselmotor der Schadstoffklasse Euro 5. Zudem hat die Audi AG bereits angekündigt, gegen die Entscheidung keine Rechtsmittel einzulegen, sodass das Urteil rechtskräftig ist. 

„Die haftungsbegründenden Tatsachen sind die gleichen wie bei den Euro 6-Modellen. Hier wie dort weist das Kraftfahrt-Bundesamt auf illegale Abschalteinrichtungen hin. Damit stehen für die betroffenen Kunden die notwendigen Tatsachen zur Verfügung, um Schadensersatzansprüche erfolgversprechend geltend zu machen“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (www.hartung-rechtsanwaelte.de). Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert. Dr. Gerrit W. Hartung gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde. „Die Entscheidung des Landgerichts Marburg zeigt also, dass auch Besitzer von Dieselfahrzeugen der Marken Audi, Porsche und VW mit Dreilitermotoren der Schadstoffklasse Euro 5 ihre Schadensersatzansprüche mit aller Konsequenz verfolgen und durchsetzen sollten. Die deutschen Gerichte urteilen im Dieselabgasskandal generell sehr verbraucherfreundlich. Daher sind alle Möglichkeiten, Schadensersatz für Manipulationen zu erhalten, genau zu prüfen.“ 

Der Hintergrund: Unter dem Code 23X6 hat das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) diverse Audi-Modelle mit V-TDI Motoren zurückgerufen. Grund dafür ist eine unzulässige Abschalteinrichtung beziehungsweise eine unzulässige Reduzierung des Emissionskontrollsystems. Audi muss diese Funktionen entfernen. Die in Frage stehenden Autos sind vom Diesel-Abgasskandal betroffen. Bisher hatte es unter dem Code 23X6 eine Rückrufaktion für die Audi A7 und A8 der Baujahre 2009 bis 2013 sowie für den A8 mit dem Achtzylinder-Dieselmotor Baujahr 2013 bis August 2017 gegeben. Damit scheint es, als seien wesentlich mehr Audi-Diesel betroffen, und zwar die Dreiliter-TDI über so gut wie alle alle Baureihen hinweg. Das wären damit Audi A4 (ab Baujahr 2009), Audi A5 (ab Baujahr 2011), Audi A6 (ab Baujahr 2011), Audi A7 (ab Baujahr 2011), Audi A8 (ab Baujahr 2010), Audi Q5 (ab Baujahr 2014), Audi SQ5 (ab Baujahr 2015) und Audi Q7 (ab Baujahr 2008). Im Mittelpunkt des Audi-Dieselskandals steht der Motor EA897. Die Baureihe umfasst V6-Dieselmotoren mit drei Litern Hubraum und wird seit 2010 in verschiedenen Fahrzeugen des Volkswagen-Konzerns eingesetzt, wobei er von der Volkswagen-Tochter Audi AG hergestellt und zugeliefert wird. Damit sind vor allem Dieselfahrzeuge der Oberklasse betroffen. 

Das Urteil reiht sich eine Vielzahl interessanter Urteile für Audibesitzer ein. Das Landgericht Ingolstadt hat die Audi AG kürzlich verurteilt, an einen geschädigten Verbraucher 13.794 Euro nebst Zinsen gegen Rücknahme eines Audi A4 Avant 2.0 TDI zu zahlen. Das Besondere: Der Kläger kaufte den Audi A4 Avant gebraucht im Januar 2016 und somit knapp vier Monate nach dem Bekanntwerden des Abgasskandals. „Das Landgericht unterscheidet in seiner Begründung nämlich zwischen den verschiedenen Marken des Volkswagen-Konzerns und vertritt die Auffassung, der Abgasskandal sei in der Phase des Erwerbs des Fahrzeugs eng mit der Volkswagen AG verbunden gewesen und nicht mit der Audi AG in Verbindung gebracht worden. Damit seien die Maßnahmen des Mutterkonzerns, also der Volkswagen AG, unter Hinweis auf die Betroffenheit zahlreicher weiterer Fahrzeuge des gesamten Konzerns nicht ausreichend gewesen, um auch für Audi das Verdikt der Sittenwidrigkeit entfallen zu lassen“, stellt Rechtsanwalt Dr. Hartung heraus. 

Das Landgericht Oldenburg beispielsweise hatte Mitte Mai 2020 bereits die Audi AG für einen Audi SQ5 3.0 TDI mit einem EA897-Motorwegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB (Az. 4 O 106/19) verurteilt, bei dem nach Ansicht des Gerichts mit einer Reihe von unzulässigen Abschalteinrichtungen das Abgaskontrollsystem manipuliert wurde. Das Gericht sah die vorsätzliche Schädigung als erwiesen an. Das Landgericht Offenburg (Urteil vom 07.05.2020, Az.: 4 O 106/19) wiederum hatte die Volkswagen AG für einen Audi SQ5 competition quattro 3.0 TDI mit dem EA897 verurteilt. Das streitgegenständliche Fahrzeug ist mit einem Dreiliter-Sechszylinder-Dieselmotor ausgerüstet, der eine Leistung von 326 PS erreicht. Die Begründung des Gerichts lautet unter anderem: „Mit dem Kaufvertragsschluss hat der Kläger ein mangelhaftes Fahrzeug mit einem manipulierten Motor erworben und somit ein für ihn wirtschaftlich nachteiliges Geschäft abgeschlossen. Der Kläger hat nicht das bekommen, was ihm aus dem Vertrag zustand, nämlich ein technisch einwandfreies, den gesetzlichen Bestimmungen entsprechendes Fahrzeug.“



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